Das Haus in Bahnhofnähe in Wunstorf sieht gepflegt-unscheinbar aus. Weißer Anstrich, grün eingefasste Fenster und Hauskanten. Blumenkästen in den Fenstern der Stirnseite. Briefkästen neben der weißen, gestrebten Eingangstür. Der Anbau hinter dem Haupthaus ist grau verputzt. Es könnte auch ein normales Wohnhaus für mehrere Parteien, eine Praxis oder ein Geschäftshaus sein.
Doch das Schild über dem Eingang verrät, dass hier die türkisch-islamische Gemeinde zu Hause ist: es ist die Aksa-Moschee – „Aksa Camii“ – der deutsch-türkischen Gemeinde. Wie eine Hinterhofmoschee wirkt dieses Haus Allahs nicht, aber es fehlt auch jeder äußerliche Schmuck oder Aufbau, der auf eine Moschee hindeuten könnte. Das Gebäude ist äußerlich zweckmäßig, funktional. Neben dem Eingang steht schon auf einem frisch gepflasterten Areal ein Gerüst für den Zeltaufbau – hier wird Mitte Juni das Fastenbrechen gemeinsam gefeiert.
Hinter der Tür geht es durch einen engen Flur zum Treppenhaus und zum Anbau. Auf der einen Seite des Flures liegt die Küche der Moschee, auf der anderen befindet sich u. a. ein Nassraum für die rituellen Waschungen.
Gleich im Flur hängt auch eine Tafel, die mit roten LED-Anzeigen die Gebetszeiten mitteilt – genauer gesagt den Beginn der unterschiedlichen Tageszeiten markiert, an denen oder zwischen denen gebetet werden soll. Wer die Moschee betritt, dessen Blick fällt unweigerlich auf sie. Die Einhaltung der Gebetszeiten ist im Islam wichtig, daher hängen überall Uhren, auch in den Gebetsräumen.
Das Erdgeschoss des Anbaus dient als Treffpunkt. Von hier geht es auch zum Hof, in dem eine Überdachung ebenfalls ein gemütliches Zusammensein gestattet.
„Reinlichkeit ist sehr wichtig“
Eine schmale Treppe führt in zwei weitere Stockwerke. Im ersten Stock heißt es dann Schuhe ausziehen, denn den Gebetsbereich betritt man nicht mit Schuhen. Hier markiert eine Teppichkante die Grenze zwischen Noch-Eingangsbereich und eigentlicher Moschee. Beim Ausziehen der Schuhe ist darauf zu achten, dass man mit dem Fuß sofort auf den Teppich und nicht etwa wieder neben die Schuhe ins Unreine tritt. Das ist für einen Ungeübten schwieriger, als es sich anhört, doch die Gläubigen schaffen es ohne Verrenkungen. Am einfachsten ist es, wenn man sich nach links gewandt parallel zur Teppichkante stellt – denn auch Muslime betreten den Gebetsraum zuerst mit dem rechten Fuß. Die Schuhe werden dann ordentlich in vorhandene Regalfächer gestellt.
Dann teilt sich der Weg für die Gläubigen. Die Frauen gehen nach links, die Männer nach rechts in jeweils getrennte Räume. Die Trennung der Geschlechter hat in einer Moschee dabei ganz pragmatische Gründe: beim Beten kommen sich die Gläubigen räumlich sehr nahe, sitzen und knien in Reihen, verbeugen sich, und nichts soll beim Gebet ablenken.
Beide Räume sind mit Teppichen ausgelegt, die quasi die Gebetsposition vorgeben. Ihre Muster, die viele kleine Plätze vorformen, zeigen spitz in südöstliche Richtung – nach Mekka. So befindet sich auch im Gebetsraum der Männer an der östlichen Wandseite die Gebetsnische. Die Nische ist der eigentliche Richtungsweiser für die Gebetsposition. Dort ist gleichzeitig auch der Platz des Imams während der Gebete. Er betet wie alle anderen gen Südosten, nicht etwa zur Gemeinde gewandt.
Da die Hauswand jedoch nicht genau nach Mekka ausgerichtet ist, wurde der Teppichboden leicht schräg verlegt. Auch die Holzkonstruktion der Gebetsnische gleicht diesen Umstand aus – sie ist ebenfalls schräg in die Ecke gebaut. Alte Holzpfeiler stützen die Decke, der Raum ist ringsum kniehoch mit Holz vertäfelt. Die Wände sind hell und freundlich. Runde und quadratische Schrifttafeln mit arabischen Kalligraphien sind an den Wänden befestigt. Auf ihnen sind die Namen Allahs, der Name des Propheten Mohammed oder das Glaubensbekenntnis zu lesen.
Neben der in Edelholz gefassten Nische befinden sich noch zwei weitere auffällige Holzkonstruktionen im Raum. Einerseits eine ebenfalls an der Ostwand stehende hölzerne Empore, die traditionell einem Imam für den Gebetsruf dient – in heutigen Zeiten kommen auch Lautsprecher zum Einsatz. Die Freitagspredigt hält der Imam jedoch von der Kanzel, die rechts von der Gebetsnische an der Wand steht und ebenfalls genau nach Mekka weist. Die Kanzel, die sogenannte Minbar, besteht aus einer Pforte, die mit einem grünen Vorhang versehen ist, einer Treppe und am Ende der Treppe wiederum einer Empore in der Ausführung eines Turmes. Die Höhe des Türmchens wird von der Decke des Raumes begrenzt.
Für einen sitzenden oder gar stehenden Imam wirkt das Türmchen viel zu klein – und für den Imam ist der oberste Bereich der Minbar auch gar nicht gedacht. Dieser ist symbolisch allein dem Propheten Mohammed vorbehalten; ein Imam betritt diesen Bereich nicht und hält seine Predigt von der Treppe aus.
Der Frauengebetsraum ist deutlich schmuckloser. Weniger Holzvertäfelungen, keine Kronleuchter an der Decke. Dafür befinden sich, grün umrandet in der Farbe des Islams, arabische Suren aus dem Koran an den Wänden. Der Teppich mit seinem aufwändigen Muster ist derselbe wie bei den Männern; auch er ist schräg verlegt, so dass er die Gebetsposition nach Mekka korrekt vorgibt.
Unter dem Dach befindet sich noch ein weiterer Raum, hier wird z. B. gemeinsam im Koran gelesen. Da der Koran nicht auf dem Boden liegen darf, wird ein extra dazu gedachter kleiner Schemel vor sich hingestellt, auf dem die heilige Schrift dann abgelegt wird.
Geleitet wird die Wunstorfer Moschee von einem Imam aus der Türkei. Er steht der Gemeinde vor. Die „Amtszeit“ eines Imams dauert etwa fünf Jahre. So lange bleibt er in der Gemeinde, danach kehrt er in der Regel wieder in die Türkei zurück – und sein entsandter Nachfolger übernimmt die Gemeinde. Die Gemeindemitglieder sprechen ihn mit „Hoca“ (= Hodscha) an, dem Titel eines islamischen Religionsgelehrten.
Bezüge zur Türkei sind in der Moschee allgegenwärtig. Im Gebetsraum der Männer hängt an der Wand gen Mekka als Bild die türkische Flagge, auch im Flur hinter dem Eingang begrüßt sie den Besucher. Über einer Tür im Versammlungsraum hängt das Porträt von Staatsgründer Atatürk. Die Gebetszeiten werden auf Türkisch genannt, die Sprache ist Türkisch. Das Freitagsgebet gibt es aber auch auf Deutsch. Hier wird die Predigt des Imams dann übersetzt.
Die Gläubigen, die keinen türkischen Hintergrund haben, aber auch die türkische Moschee besuchen, finden das nicht immer optimal. Der Begleiter, der uns an diesem Tag durch die Wunstorfer Moschee führt, hat zufälligerweise keine türkischen Wurzeln. Der Islam an sich kenne eigentlich keine Grenzen oder Staaten, sagt er. Zum Glauben kam er jedoch durch einen Türkeibesuch und beherrscht inzwischen auch Türkisch – zusätzlich zu Arabisch, um den Koran im Original lesen zu können. So ist die Verständigung innerhalb der türkischen Community kein Hindernis mehr.
Denn die Moschee dient nicht allein dem Gebet, sondern ist auch Begegnungsstätte, Ort zum Lernen und kulturelles Zentrum. Das zeigt sich besonders auch an Tagen wie dem Frühlingsfest, wenn sich der Parkplatz hinter der Moschee beim Gemeindefest in eine kleine türkische Welt verwandelt, in der man stolz ist auf seine türkische Herkunft, seine Traditionen und Lebensart – im Einklang mit dem Glauben.
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