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Bürgermeister hält Haushaltsrede

28.09.2016 • Daniel Schneider • Aufrufe: 511
28.09.2016
Daniel Schneider
Aufrufe: 511

Am 21. September hielt Bürgermeister Rolf-Axel Eberhardt seine Haushaltsrede für 2017. Die Stärkung der Demokratie und die Bewahrung der finanziellen Möglichkeiten Wunstorfs waren die Leitsätze des Vortrags – denn die kommenden Jahre werden keine üppigen für Wunstorf sein.

Wehende Wunstorfer Flagge vor dem Rathaus | Bild: Daniel Schneider

Wehende Wunstorfer Flagge vor dem Rathaus | Bild: Daniel Schneider

Eberhardt griff unmittelbar die zurückliegenden Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin auf, in deren Resultaten sich eine tiefe Verunsicherung der Bevölkerung zeige. Bei der Kommunalwahl in Wunstorf sei das Ergebnis nicht ganz so gravierend ausgefallen, doch die Ränder von links und rechts seien auch hier weiter gestärkt worden.

Der Bürgermeister, der CDU und SPD mittlerweile selbst als ehemalige Volksparteien bezeichnete, appellierte daran, trotz deren eingebüßtem Zuspruch keine allgemeine Ausgrenzung vorzunehmen. Es solle mit allen gewählten Parteien konstruktiv zusammengearbeitet werden. Er appellierte gleichwohl daran, dass sich alle Ratsmitglieder zur demokratischen Kultur bekennen und gemeinwohlorientiert und sachlich mitarbeiten sollten.

AfD und Flüchtlingsfrage

Den Erfolg der AfD führt Eberhardt auf die Protestwählerschaft zurück. So würden rund 75 Prozent der AfD-Wähler die Partei nur aus Unzufriedenheit wählen und von dieser gar keine Lösungen erwarten, die den Staat voranbringen. Die Diskussion um die Flüchtlingssituation kritisierte er als völlig irreal, der jetzige Zuzug stünde in keinem Verhältnis zu dem, was Deutschland etwa nach dem zweiten Weltkrieg bewältigt hätte. Es gebe keinerlei Indizien dafür, dass Deutschland aus den Fugen gerät.

„… kein Indiz (…), dass unser Staat aus den Fugen gerät.“

Neben Bundeskanzlerin Merkel, die zu Unrecht für Ihre Flüchtlingspolitik angegangen werde, aber auch Griechenland, Italien und die Türkei nahm Eberhardt in Schutz: Gerade die Türkei hätte Vorbildliches geleistet und die Länder dürften mit dem Flüchtlingsstrom nicht alleingelassen werden. In Wunstorf habe man die Probleme unaufgeregt bewältigt. Eberhardt dankte bei dieser Gelegenheit auch noch einmal allen Helfern, die sich ehrenamtlich engagiert haben.

Deutlich mahnende Worte richtete Eberhardt trotz des Neutralitätsgebots als Bürgermeister und Gemeindewahlleiter jedoch an die Parteien. Keine Partei habe die finanzielle Lage Wunstorfs in ihren Wahlprogrammen zum Thema gemacht, nur eine habe die Finanzsituation in einem Rundschreiben eher beiläufig erwähnt. Hierin sieht der Bürgermeister eine Vernachlässigung der Kernkompetenzen. Bevor Wahlversprechen gegeben würden, müsste geklärt werden, ob entsprechende Ausgaben überhaupt möglich seien.

„Wer ein Mehr fordert, muss auch sagen, wie er dieses an Einnahmen generiert, oder welche freiwilligen Leistungen er streichen möchte.“

Die Verschuldung von Wunstorf würde in den nächsten Jahren eine Dimension erreichen, die seit seinem Amtsantritt 1999 nicht im Ansatz zu erahnen war. Die Verschuldung könne in den nächsten 4 Jahren auf über 62 Millionen Euro steigen, was einen inakzeptablen Wert darstelle. Grund dafür sei das Wegbrechen eines wichtigen Gewerbesteuerzahlers. Das Verhängen einer Haushaltssperre war deswegen bereits angedacht gewesen. Das Ausgabeverhalten dürfe auch in der neuen Wahlperiode nicht aus den Fugen geraten. Auch in diesem Punkt kritisierte Eberhardt die AfD für das Fehlen von Lösungen, ohne die Partei jedoch direkt zu nennen.

Drohende Konsolidierungsphase

Den Bürgern nahm Eberhardt jegliche Illusionen: Es müsse deutlich gesagt werden, dass Versprechungen, die im Wahlkampf gemacht wurden, lediglich wünschenswert, aber zum größten Teil nicht zu erfüllen seien. Weitere Ausgaben, während ohnehin schon neue Schulden aufgenommen werden müssten, wären nicht zu stemmen.

Bürgermeister Eberhardt, hier auf dem Wunstorfer Schützenfest | Foto: Daniel Schneider

Bürgermeister Eberhardt, hier auf dem Wunstorfer Schützenfest | Foto: Daniel Schneider

Entsprechend mahnende Worte fand der Bürgermeister für die anwesenden Ratsleute: Sollten sich die Parteien dennoch für gemachte Wahlversprechen einsetzen, würde die Kommunalaufsicht den Haushalt irgendwann einfach nicht mehr genehmigen, eine Konsolidierungsphase drohe, die kommunale Selbstbestimmung würde aufgegeben. Vorrangiges Ziel bleibe daher die Senkung der Verschuldung in den nächsten Jahren.

Mehr Gewerbe nötig

Wie das erreicht werden könne, auch das skizzierte Eberhardt konkreter: Bei den Personalkosten könne kaum gespart werden. Da bis 2020 40 Mitarbeiter in den Ruhestand gingen, müsse auch weiter ausgebildet werden, um keine Lücken entstehen zu lassen. Zudem mussten – wegen der Flüchtlingspolitik – mehrere Sozialarbeiter eingestellt werden. Man habe bereits in der Vergangenheit hier viel eingespart, weitere Einsparungen beim Personal der Stadt wären aber nicht mehr möglich.

Auch bei Ausstattung und Gebäudeerhaltung sieht Eberhardt keinerlei Einsparpotential. Auch der Betrieb von Krippen und Kindertagesstätten belaste einen großen Teil des Haushaltes, knapp 10 Prozent flössen in diesen Bereich. Ein Drittel der Kosten solle weiterhin von den Wunstorfer Eltern getragen werden, es sei jedoch mittlerweile eine Größenordnung erreicht, die zu weiteren Diskussionen führen werde, ist sich der Bürgermeister sicher.

Die Lösung könne nur in der Ansiedlung von neuen Gewerbebetrieben liegen. Die Steuereinnahmen daraus würden sich dann wieder auf einem niedrigen NIveau einpendeln, was bedeuten würde, dass auch weiterhin kein finanzieller Spielraum für neue Projekte bliebe.

Anstehende Bauvorhaben

Konkrete Zahlen nannte der Bürgermeister für die anstehenden Bauprojekte: Die Fertigstellung der IGS Wunstorf wird noch einmal 4,2 Millionen Euro kosten, für den Umbau der Klein Heidorner Schule sind ca. 540.000 Euro eingeplant. Für die lange versprochene Sanierung der Albert-Schweitzer-Grundschule stehe eine Million Euro zur Verfügung. In die Erhaltung der Infrastruktur, hier insbesondere der Straßenbau, werden viele kleinere Beträge fließen.

Posse um die Klosterstraße

Mit Blick auf die Sanierung der Klosterstraße drohte Eberhardt gar indirekt den Ortsräten: Sollten die Ortsräte die gemeinsame Politik in Zukunft nicht mittragen und zugunsten Interessen Einzelner Bauprojekte erneut torpedieren, würde die Stadt sich künftig auf die allernotwendigsten Reparaturen beschränken – was dazu führen würde, dass bei weiter verfallender Infrastruktur die Kosten zu einem späteren Zeitpunkt erst recht explodieren würden. Der Bürgermeister appellierte auch hier an die Ortspolitiker, konstruktiv mit der Verwaltung zusammenzuarbeiten, die Verwaltung wäre nicht dazu da, etwas gegen die Interessen der Bürger vor Ort durchzusetzen.

Nordumgehung und neue Bahnstrecke

Auch die geplante Ortsumgehung, die nach Jahrzehnten endlich an Fahrt gewinnen soll, kam noch einmal zur Sprache. Auch hier kam es zu dem eindringlichen Appell von Rolf-Axel-Eberhardt: Mögliche Klagewillige sollten den Willen der großen Mehrheit akzeptieren, die sich für den Bau der Straße ausgesprochen habe.

„Bei aller Liebe zum Naturschutz, die ich durchaus teile, sind auch die Menschen vor Lärm zu schützen.“

Das Gleiche gelte für den Lärmschutz an der Bahnstrecke. Mit einem Planfeststellungsbeschluss rechnet Eberhardt noch in diesem Jahr. Bezüglich der geplanten neuen Bahnstrecke, die gemäß dem Bundesverkehrswegeplan 2030 auch durch Wunstorfer Gebiet führen wird, sei eine aktive Bürgerbeteiligung anzustreben, um eine mehrheitsfähige Lösung zu finden und nicht nach einer Generation vor einem vollendeten Desaster zu stehen.

Wohnungsbau

Mit Blick auf das Thema Wohnungsbau und Bauland, das im Wahlkampf dominierte, prophezeite der Bürgermeister den Investoren der Neubauwohnungen, die in nächster Zeit in Wunstorf errichtet werden, dass sie auf ihren schicken, neuen Wohnungen sitzenbleiben werden, da es Wohnungen im hohen Preissegment seien, die für die meisten Menschen in Wunstorf unbezahlbar wären.

Gesucht würden vor allem auch Einfamilienhäuser, auch in den Ortsteilen. Hier würden die Menschen aktuell nach Hagenburg oder Bad Nenndorf weiterziehen, da es in Wunstorf nicht genügend Angebote gäbe. Einem sozialen Wohnungsbau erteilte Eberhardt hingegen eine klare Absage, dies könne die Stadt nicht leisten. Die Situation für bezahlbaren Wohnraum mit Quadratmeterpreisen zwischen 4,50 und 5,50 Euro sei durch den Bauverein gut, es gäbe auch keine großen Wartelisten. Die Stadt Wunstorf selbst habe aktuell einen Bestand von 418 Sozialwohungseinheiten, der ausreichend sei. HIer gäbe es überhaupt keine Bewerbungsfristen.

Bevor er seinen Mitarbeitern dankte, warnte Eberhardt abschließend noch davor, Zuwendungen für Minderheiten zu streichen, um Mittel für andere Projekte einsetzen zu können – dies würde Probleme nur verlagern und neue schaffen.

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