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Der Kampf gegen die Schließung des Schulzentrums Steinhude

27.11.2015 • Daniel Schneider • Aufrufe: 522
27.11.2015
Daniel Schneider
Aufrufe: 522

Es ist das Dümmste, was einer Familie mit Kindern passieren kann: Man wohnt in einer idyllischen Gegend mit großem Erholungs- und Freizeitwert sowie ansonsten ausgezeichneter Infrastruktur – und dann machen ausgerechnet die weiterführenden Schulen direkt vor der eigenen Haustür dicht, obwohl man den Wohnort einst vielleicht sogar wegen der guten Schulsituation gewählt hat.

Das steht nun den Lehrern, Eltern und Schülern des Schulzentrums Steinhude bevor, das Realschule (Graf-Wilhelm-Schule) sowie Gymnasium (Gymnasium Steinhude) vereint. Die beiden Schulzweige sollen nach Willen der Stadt Wunstorf am Standort Ortsteil Steinhude in den nächsten Jahren abgewickelt und das Gymnasium zur Außenstelle des Hölty-Gymnasiums werden – befristet bis 2019.

Gründe sind die rückläufige Schülerzahl in Steinhude sowie der renovierungsbedürftige Zustand des Schulzentrums. Die Investitionen von etwa 10 Millionen Euro, die für den Weiterbetrieb alsbald notwendig würden, will die Stadt nicht mehr stemmen. Neue Realschüler werden schon jetzt, ab dem Schuljahr 2015/2016, nicht mehr am Schulzentrum aufgenommen, der Schulzweig läuft aus. Nur für die bereits in die 6. Klasse und höher gehenden Realschüler besteht noch Vertrauensschutz, so dass sie noch ihren mittleren Schulabschluss in Steinhude machen können. Noch bis 2019 sollen Schüler am Schulzentrum unterrichtet werden, Schüler, die ab 2016 neu die Schule besuchen, wird ein Verbleib in der dortigen Sekundarstufe 2 jedoch nicht mehr garantiert. Im Klartext: Im Jahr 2020 soll definitiv Schluss sein mit dem Schulstandort Steinhude. Nur die Grundschule bliebe dann noch vor Ort.


Verwaltung auf Schließungskurs

Bereits 2013 sprach sich die Mehrheitsfraktion von SPD und Grünen im Rat für die Aufgabe des Standortes in Steinhude aus. Im Januar 2015 wurden endgültig die Weichen dafür gestellt. Der Ortsrat Steinhude sowie der Stadtelternrat lehnten die Planungen der Verwaltung erwartungsgemäß ab, der Schulelternausschuss von Wunstorf stimmte den Vorschlägen jedoch zu. Es wurde als sinnvoller erachtet, die Otto-Hahn-Schule künftig mit 3 parallelen Klassen auszubauen, statt demnächst eine Schule in Steinhude zu haben, die nur noch einzügig ist – und eine weiterhin nur zweizügige Realschule in Wunstorf.

Mit deutlicher Mehrheit von 7 zu 4 Stimmten votierte der Schulausschuss für das Ende der Schulen in Steinhude. Auch der Verwaltungsausschuss war mit 9 zu 2 Stimmen für die Schließung. Schließlich stimmte der Wunstorfer Stadtrat mit 29 zu 8 Stimmen für die Abwicklung. Die niedersächsische Landesschulbehörde genehmigte das Vorhaben.


Bürgerinitiative und Bürgerbegehren

Die betroffenen Steinhuder Eltern gingen und gehen mit zahlreichen Mitteln gegen die Entscheidung zur Schließung „ihres“ Schulzentrums vor und haben sich in einer Bürgerinitiative organisiert. Es kam zu Demonstrationen, der Rechtsweg wurde mit Verwaltungsklagen beschritten und 2014 wurde die Eröffnung des Wunstorfer Weihnachtsmarktes als Plattform für einen Flashmob genutzt.

Die Steinhuder Bürgerinitiative „Pro Steinhuder Schulen“ setzt sich mit viel Kreativität und Engagement für den Erhalt des Schulstandortes ein. Herzstück des Protestes ist das Bürgerbegehren nach § 32 der Niedersächsischen Kommunalverfassung, das zu einem Bürgerentscheid führen sollte. Über 6000 Unterschriften – weit mehr als erforderlich – kamen zusammen. Die Stadtverwaltung, die über die Zulässigkeit des Begehrens zu befinden hatte, vertrat jedoch die Rechtsauffassung, dass ein Bürgerbegehren in diesem Falle nicht zulässig sei, da die Entscheidung über die Gestaltung von Schulen nicht allein Sache der Kommunen ist, sondern von der Landesschulbehörde mitbestimmt wird – und stufte das Begehren dementsprechend als unzulässig ein. Der Weg zum Bürgerentscheid war unterbrochen.


Kein einstweiliger Rechtsschutz

Parallel dazu begehrte die Elternratsvorsitzende der Realschule, deren Sohn die Realschule bereits besucht und deren Tochter die demnächst besuchen soll, vor dem Verwaltungsgericht Hannover einstweiligen Rechtsschutz. Auch dieser Antrag wurde letztlich vom Gericht jedoch bereits aus formalen Gründen abgewiesen, da die Elternratsvorsitzende nicht unmittelbar von der geplanten Schließung betroffen ist – denn ihr Sohn kann problemlos die Schule in Steinhude beenden und die Tochter besucht noch eine Zeit lang die Grundschule, ist akut also ebenfalls nicht betroffen. Die akute Betroffenheit ist jedoch die Voraussetzung für den einstweiligen Rechtsschutz; anders ausgedrückt: bei einem Erfolg des Antrages hätte sich für Mutter, Sohn und Tochter erst einmal nichts weiter verändert, es beträfe nur die nähere Zukunft. Eine geschlossene Schule könne theoretisch auch wieder geöffnet werden.

Aber auch wenn ein unmittelbar Betroffener den Antrag gestellt hätte, hätte das Gericht im Ergbnis nicht anders entschieden, der Antrag wäre auch materiellrechtlich vom Gericht abgelehnt worden. Das macht das Gericht in der Beschlussbegründung ebenfalls deutlich, denn es sieht keine Planungsfehler im Beschluss des Stadtrates und hält die geplante Schließung der Steinhuder Realschule für begründet. Vergleichbaren Anträgen tatsächlich betroffener Eltern vor dem Verwaltungsgericht ist damit gleichermaßen der Wind aus den Segeln genommen.

Die Argumente der Stadt Wunstorf sind wohl unschön, aber stichhaltig. Die Aufrechterhaltung der Qualität der Schulen bei abnehmender Schülerzahl scheint langfristig nur möglich, indem man sich auf weniger Schulstandorte konzentriert, das nimmt auch die Rechtsprechung zur Kenntnis. Bleibt der Beschluss zur mittelfristigen Schließung des Schulzentrums Steinhude bestehen, entstehen zwar Nachteile für Eltern und Schüler, diese haben jedoch im Rahmen einer Gesamtbewertung zurückzutreten, wie etwa die langen Fahrzeiten auf dem Schulweg, die jedoch noch in Einklang stehen mit den geltenden Richtlinien.

Zuletzt wurden Hoffnungen auf die möglicherweise wieder steigende Schülerzahl in Anbetracht der aufzunehmenden Flüchtlinge in Wunstorf geäußert. Doch werden zwar auch in Steinhude Wohnungen an Flüchtlinge vergeben, der Großteil der Flüchtlinge kommt jedoch in anderen Ortsteilen von Wunstorf unter, sodass es wohl kaum zu einer stark steigenden Anzahl von Schülern ausgerechnet in Steinhude kommen wird.


Wie geht es weiter?

Die Schließung des Schulzentrums hat mit diesem Schuljahr schleichend begonnen, es gibt keine 5. Klasse mehr im Realschulzweig. Das Gymnasium besteht vorerst weiter, wird im kommenden Jahr jedoch zur Außenstelle des Hölty-Gymnasiums – und langfristig wohl ebenso aufgelöst. Den Eltern, die ihre Kinder auch weiterhin auf eine Realschule in Steinhude schicken möchten, bleibt nun vor allem noch die Klage gegen die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens. Angesichts des Umstandes, dass das Verwaltungsgericht bereits jetzt keine Planungsfehler aufseiten der Stadt gesehen hat und die Rechtslage zur generellen Zulässigkeit juristisch durchaus strittig ist, ein risikoreiches Unterfangen. Denn damit wäre – bei hohem Kostenrisiko – im Erfolgsfalle der Weg zum Bürgerentscheid zwar wieder frei, der Fortbestand des Schulzentrums in Steinhude aber auch dann noch nicht entschieden.

Nichtsdestoweniger geben sich die Steinhuder noch nicht geschlagen und weiterhin kämpferisch. Auf den Internetseiten der Bürgerinitiative wird weiterhin zu Spenden aufgerufen, um die gerichtliche Auseinandersetzung fortführen zu können. Ein Erfolg der Initiative wäre dabei auch ein Erfolg der direkten Demokratie, denn mit der genommenen Hürde der Zulässigkeit könnten alle Wunstorfer entscheiden, ob Steinhude seine Schulen behalten soll.

Weiterführendes

Beschluss zur Schließung des Schulzentrums

Bürgerbegehren in Wunstorf unzulässig

Bürgerinitiative für mee(h)r Bildung in Wunstorf

Die Stadt Wunstorf erklärt sich

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