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Infoabend zum Flüchtlingsheim in der Barne

24.03.2016 • Daniel Schneider • Aufrufe: 432
24.03.2016
Daniel Schneider
Aufrufe: 432

Das Flüchtlingsheim an der Rudolf-Harbig-Straße kommt. Nachdem es Wunstorf bislang gelungen war, Flüchtlinge dezentral unterzubringen, ist dies nach dem starken Ansteigen der Flüchtlingszahlen nun nicht mehr möglich. Daher werden im gesamtem Stadtgebiet neue Flüchtlingsunterkünfte errichtet.

Der Standort an der Rudolf-Harbig-Straße in der Barne, direkt zwischen Schulzentrum und Hallenbad gelegen, war schon länger im Gespräch. Nun werden die Pläne konkret. Der auserkorene Bauplatz, ein Parkplatz, ist bisher unter der Woche kaum genutzt worden und lediglich bei Sportveranstaltungen stark frequentiert. Bodenarbeiten wurden bereits ausgeführt, der Baubeginn soll ab Juli 2016 sein.

Das Flüchtlingsheim wird am südlichen Ende der Barnestraße, am Wendekreis hinter den Bushaltestellen, und neben dem Lebenshilfe-Kindergarten liegen. Zwei Drittel des Parkplatzes im nördlichen Bereich werden dazu bebaut, ein knappes Drittel, der Rudolf-Harbig-Straße zugewandt, bleibt als Parkplatz erhalten. Wer den Standort betreibt, ist noch nicht entschieden.


Infoabend vor Ort

Wie üblich wurden nun auch die Anwohner auf einer Infoveranstaltung mit den Einzelheiten vertraut gemacht. Veranstaltungen dieser Art suggerieren Bürgerbeteiligung, jedoch werden die Anrainer wie überall letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt. Anwohner, die gehofft hätten, dass sie den Bau noch beeinflussen können, wären enttäuscht worden. Knapp 40 Interessierte sowie die Lokalpresse waren in die Aula der Otto-Hahn-Schule gekommen, um sich einen Eindruck vom geplanten Bau vermitteln zu lassen.

Diese Aufgabe übernahmen der Erste Stadtrat Carsten Piellusch, Baudezernent Robert Lehmann, Maren Matthies (Sozialdienst) und Ortsbürgermeister Thomas Silbermann (Kernstadt), die sich auf dem Podium den Fragen der Anwohnerschaft stellten.

Sie informierten sachlich, stellten den geplanten Bau aber auch in bestem Licht dar. Von möglichen Problemen war nicht die Rede, im Gegenteil würden die Erfahrungen mit dem Flüchtlingsheim in der Innenstadt (ehemaliges Vion-Gebäude) zeigen, dass es zu keinen Schwierigkeiten käme und eine gute Nachbarschaft herrsche. Gleiches erhofft man sich nun für die Barne. Geduldig werden die Hintergründe vermittelt, auch wird an das ehrenamtliche Engagement der Anwohner appelliert.

Carsten Piellusch bemüht sich zudem, die Alternativlosigkeit des Vorhabens zu vermitteln. Für die Stadt kommen als Behausung für Menschen keine Hallen oder reine Gewerbebauten in Frage, großstädtische Zustände, wo Menschen in ehemaligen Baumärkten schlafen müssen, will man um jeden Preis vermeiden. Auch sollen finanziell schwache Wunstorfer und Flüchtlinge keinesfalls gegeneinander ausgespielt werden, so dass die Anmietung von Wohnungen zur Flüchtlingsunterbringung Grenzen hat. Billiger Wohnraum soll auch für Nicht-Flüchtlinge verfügbar sein.


Besorgte Anwohner

Neben einzelnen konkreten Fragen zum Bauprojekt selbst glitt die sich anschließende Fragerunde schnell ins Politische ab. Von Invasion ist gar die Rede, oder von Befürchtungen, dass eine Integration alleinstehender Jugendlicher nicht gelingen würde, wenn diese nicht schnell eine Beschäftigung erhielten. Sozialneid macht sich bemerkbar: Ob die Flüchtlinge eine Klimaanlage bekämen, ob sie bekocht würden, ob dort Putzfrauen sauber machen würden und wer das alles überhaupt bezahle, wird etwa gefragt.

Während sich bereits Kopfschütteln im Raum ausbreitet, können Lehmann und Piellusch derartige Sorgen schnell und mit einem Anflug von Sarkasmus zerstreuen. Von einer Hotelunterbringung könne keine Rede sein, es gäbe kein Catering – und wer (etwa beim Tag der offenen Tür) goldene Wasserhähne fände, dürfe sie behalten. Außerdem kämen als Flüchtlinge vor allem Familien mit Kindern nach Wunstorf.

Die Flüchtlinge werden sich selbst versorgen, müssen mit dem Geld zurechtkommen, das sie als Unterstützung erhalten, kochen selbst und müssen auch selbst den Besen schwingen. Die unmittelbaren Baukosten von ca. 1,8 Millionen Euro übernimmt zunächst die Region Hannover – letztlich der Steuerzahler.

Auch die Sicherheitsbedenken der Anwohner werden im Keim erstickt. Auch wenn die gefühlte Sicherheit womöglich sinken wird, wird die objektive Sicherheit sogar steigen. Denn die Polizeipräsenz wird zunehmen, die wegen des Schulstandortes sowieso schon regelmäßig Streife fährt. Außerdem wird es einen dauerhaften Sicherheitsdienst im Wohnheim geben. Die südliche Barne wird daher künftig zu den bestbewachten Ecken in der Kernstadt gehören.

Dennoch soll jeder Eindruck eines „Gefängnisses“ vermieden werden. Der Zaun, der obgleich das Gelände dezent umsäumen wird, dient dabei wohlgemerkt nicht dem Schutz der Anwohner vor Flüchtlingen, sondern dem Schutz des Gebäudes und seiner Bewohner vor Außenstehenden. Nur so kann die Bewachung des Objektes gewährleistet werden.


Refugees welcome

Betrachtet man die Fakten, ist der Standort für ein Flüchtlingsheim fast ideal: zwar liegt das Gelände nicht in der Stadtmitte, was als Ideal für eine integrationsfördernde Umgebung gilt, doch ist die Infrastruktur verglichen mit anderen Wunstorfer Ortsteilen, an denen Flüchtlingsbauten entstehen, perfekt. Supermarkt und andere Geschäfte noch gut zu Fuß erreichbar, die Bushaltestelle liegt vor der Haustür, die Schulen und das Schwimmbad sind nebenan und zahlreiche Sportvereine haben hier ebenso ihr Domizil aufgeschlagen.

Anders als etwa in Mesmerode, wo als Erstes ein Entfernen der Containerbehausungen geplant ist, wenn sich die Flüchtlingssituation entspannt, wird die Barne wohl zum nachhaltigen Flüchtlingsheimstandort. Zumindest für die nächsten 15 Jahre, denn so lange sollen die neuen Behausungen, die in Leichtbauweise entstehen und robuster sind als Containerdörfer, mindestens standhalten. Das wird deutlich, als auf Nachfrage zum Thema einer möglichen Nachnutzung der Gebäude ausweichend geantwortet wird.

Für die Barne könnte es bei aller Rhetorik durchaus eine Chance sein. Für das Viertel bedeutet es einen nicht zu unterschätzenden Einwohnerzuwachs – und neu entstehende Arbeitsplätze: Neben der Heimleitung werden am Standort Barne Sozialpädagogen, ein Hausmeister und Sicherheitskräfte arbeiten. Die Gewerbetreibenden vor Ort werden profitieren. Auch der Barneplatz, der schon totgesagt wurde, könnte wieder lebendig werden.

Der Schlussbeitrag eines Anwohners rettet die Ehre der Barne: Die Barne, geprägt von Dutzenden von Nationen, hätte sicherlich kein Problem mit den Flüchtlingen, die Bewohner werden sich offen zeigen gegenüber den Neuankömmlingen. Der Saal klatscht Beifall.

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