Wunstorf (as). In der vielfältigen Kulturszene der Stadt ist der 1950 gegründete Kulturring eine feste Größe, bei Veranstaltern und Theaterleuten im ganzen Land eine renommierte Adresse. 40 Jahre lang ist der Verein von Siegfried Kröning geprägt worden. Kasten ist erst der vierte Mann an der Spitze.
Er wurde 1956 in Hannover geboren und charakterisiert sich selbst als „niedersächsisches Landei“. Seit 2010 lebt er in Wunstorf. Er hat in Göttingen studiert und startete seine Laufbahn als Agraringenieur im Landwirtschaftsministerium in Hannover. Im Gefolge von Dietrich Hoppenstedt, der das Haus als Staatssekretär leitete und dann ins Finanzwesen wechselte, kam er zum Sparkassen- und Giroverband und ging 2000 zur VGH-Gruppe. Von 2012 bis 2020 war er Vorstandschef, engagierte sich mehrere Jahre lang im Verband öffentlicher Versicherer, darunter drei Jahre als Präsident.
Kasten war auch in den vergangenen vier Jahren in der Führung des Kulturrings aktiv – als Stellvertreter von Wiese. Dem attestiert er hervorragende und unermüdliche Arbeit, beeindruckendes Wissen und außergewöhnliche Kontakte. Er selbst, so Kasten im Gespräch mit der Auepost, habe „nicht besonders viel Theaterwissen“, aber er kenne sich mit Organisationsstrukturen, deren Fundamenten und Finanzen aus.
Was Wiese noch geleistet habe – mit großem persönlichen Einsatz trotz „vieler Widrigkeiten – ein gutes Programm auf die Bühne zu bringen, das werde der Verein allein und nur mit Ehrenamtlichen künftig nicht mehr schaffen. Heike Leitner, Kastens Vorstandskollegin im alten wie im neuen Vorstand, nennt Stichworte dieser „schwierigen Zeiten“: viele Terminabsagen wegen der Pandemie und ständig geänderte Voraussetzungen, die Schließung des Stadttheaters wegen der Neugestaltung. Dennoch sei dem Kulturring ein gutes Programm gelungen.
Über die neue Besetzung des Führungsgremiums sei lange beraten worden, berichtet Leitner. Allerdings sei bald klar geworden, dass Hermann Kasten der Richtige sei, den Verein in die Zukunft zu führen. Kasten selbst stellt das Kollektiv in den Vordergrund: „Das ist ein tolles Team“, sagt er. Das habe ihm die Entscheidung sehr erleichtert, den Vorsitz zu übernehmen. Als großer Reformer möchte er sich nicht sehen, Behutsamkeit ist eher seine Sache. Der Kulturring habe einen festen Platz in der Stadtgesellschaft und großes Renommee. Die Weichen für die Zukunft seien längst gestellt – auch mit seinem Zutun.
Die Probleme der jüngsten Vergangenheit sieht Kasten nicht auf Wunstorf beschränkt, nicht hausgemacht. Er will den eingeschlagenen „richtigen Weg“ konsequent fortsetzen: Das Programm müsse weiter „geöffnet werden“ – mehr musikalische Veranstaltungen und gezielte Angebote für junges Publikum. Der Vorstand sei dafür mit drei Lehrkräften in seinen Reihen gut gerüstet. Aber das Tempo müsse beschleunigt werden. Kasten will auch das digitale Marketing verstärken: „Da müssen wir deutlich mehr machen!“
Das gelte auch für die Abstimmung mit anderen Veranstaltern: Brodowy und Helge Schneider an einem Abend, außerdem Luther Schützenfest und Wischmeyer – diese Konkurrenz sei kontraproduktiv. Der Vorstand sei aber mit anderen Anbietern im Gespräch. Die Koordination müsse intensiviert, Überschneidungen vermieden werden, „und das ist kein Hexenwerk“.
Kasten hält Terminplanung und Absprache gerade wegen der Erfahrungen aus der Corona-Zeit für besonders wichtig: Theaterabende und andere Veranstaltungen seien ausgefallen, das Kundenverhalten habe sich verändert, und ob Abonnentenzahlen von 300 noch zu erreichen seien, halte er für zweifelhaft. Umso mehr komme es darauf an, die Angebote zeitlich mit anderen Initiatoren abzustimmen.
Auch 20 oder 23 Veranstaltungen wie gewohnt pro Jahr sieht Kasten für die Zukunft nicht als sicher an. Sein Vorgänger habe sich in einem Maß für den Kulturring und damit für die Stadt engagiert, das von anderen Ehrenamtlichen nicht auf Dauer geleistet werden könne. Die Stadtgesellschaft erwarte Qualität. Also müsse es „professionelle Unterstützung“ für den Kulturring geben, fordert Kasten.
Die Einstellung eines hauptamtlichen Kulturmanagers, wie es Wiese ins Gespräch gebracht hat, wird zur Zeit in den städtischen Gremien diskutiert. Neben positiven Stimmen sind viele kritische zu hören. Kasten glaubt, dass der Vorstoß auf einem guten Weg sei. Er sagt aber auch, wenn die Stadt das Amt schaffe, bedeute das im Gegenzug für den Kulturring, „sichtbar etwas zu leisten“. Der Vorstand arbeite bereits intensiv daran, dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Es gehe um die Frage, ob Wunstorf „permanent ein gutes Kulturangebot haben will oder nicht“. Wenn die professionelle Unterstützung ausbleibe, werde der Kulturring nicht aufhören. „Aber dann gibt es vielleicht nur noch sechs Termine pro Saison“, sagt Kasten.
Sein Stellvertreter im Vorstand ist Sebastian Horstmann. Der promovierte Gymnasiallehrer ist Koordinator der Oberstufe in der Hölty-Schule. Ohne definierten Aufgabenbereich gehören dem neuen Vorstand Wiebke Nickel, die Erste Stadträtin in der Wunstorfer Verwaltung, jetzt als Nachfolgerin von Bürgermeister Carsten Piellusch, sowie Sabine Tönsing, Marcel Lorenz, Heike Leitner und Ludger Wiese an.
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