Ein Passant merkte sarkastisch an: „Wollten die nicht die Stadtkirche beleuchten?“ – während die Beleuchtung schon eingeschaltet war. Es war der Beweis dafür, was schon in den vergangenen Tagen die Runde gemacht hatte: Wenn es noch nicht wirklich dunkel ist am Abend, dann ist die neue Stadtkirchenbeleuchtung nicht wirklich zu sehen, der Effekt ist vernachlässigbar. Einschalten außerhalb der späten Abendstunden ergibt keinen Sinn.
Kurz nach 21 Uhr am Mittwochabend, als die Beleuchtung zum ersten Mal in Betrieb ging, blieb der Wow-Effekt daher zunächst aus. Der Kirchturm wirkte genauso aufregend wie bei Tage ohne künstliche Beleuchtung. Die regulären Straßenlaternen bieten im Grunde eine bessere Akzentbeleuchtung, solange noch Tageslicht vorhanden ist. Ein Betrachter fasste es trotz Wolkenbruch mit einem trockenen Wort treffend zusammen: „Joaaah …“
Dass Beleuchtungstermine „ins Wasser fallen“, scheint sich zu einer Wunstorfer Tradition zu entwickeln. Es war aber auch nicht die offizielle Einweihung der Beleuchtung, sondern im Grunde nur ein Arbeitstermin der Firma Rode, die die Elektroinstallationen für die Stadtkirchenbeleuchtung vorgenommen hatte. Zuvor hatte bereits die Firma Piegsa die Steinarbeiten im Marktplatzpflaster und rund um die Stadtkirche ausgeführt. Der Ortsrat war kurzfristig dazu eingeladen worden, um sich einen ersten persönlichen Eindruck von der neuen Beleuchtung verschaffen zu können.
Aus den Reihen des Ortsrates hatten allerdings nur zwei Vertreter den Termin im strömenden Regen wahrgenommen: Ortsbürgermeister Silbermann (SPD) und Andreas Niepel (AfD) informierten sich letztlich gemeinsam mit Bürgermeister Carsten Piellusch, weiteren Verwaltungsmitarbeitern und Pressevertretern über die gerade neu installierte Beleuchtungsanlage. Alexander Voigt vom Forum Stadtkirche war als Zaungast ebenfalls aufmerksam geworden und verfolgte die Arbeiten. Die Stadt ließ niemanden im Regen stehen – die Verwaltung verteilte noch kurzerhand Leihregenschirme in den Stadtfarben.
Für eine Überraschung sorgte Dieter Kohser: Der in seiner Rolle als Nachtwächter aufgehende Stadtführer tauchte plötzlich aus dem Gewölbe des Rathauses auf – verkleidet in voller Montur, mit schwarzem Filzmantel, Hellebarde und Laterne. Pünktlich um 21 Uhr rief er den Anbruch der Nacht aus.
Das war nicht abgesprochen gewesen mit Stadt und Ortsrat – es war ein PR-Coup des „Nachtwächters“, der sich damit nun unter anderem in die Top-News eines bekannten Wunstorfer Nachrichtenmagazins schummelte. Andererseits: Mit dem Nachtwächter bei Beginn der Nacht hätte man rechnen können. „Hast du nichts zu tun heute?“, musste sich Kohser von einem der Wartenden anhören, doch die übrigen mussten grinsen.
Seit Anfang dieses Jahres schlüpft Stadtführer Dieter Kohser in die Rolle des historisch verbürgten Wunstorfer Nachtwächters und interpretiert ihn neu. Die Idee war, auch in der dunklen Jahreszeit Stadtführungen anzubieten – die Nachtwächterführungen waren geboren. Bei Touristen und Einheimischen löste er damit eine ungeahnte Begeisterung für die Wunstorfer Stadtgeschichte aus. Seine Touren waren sofort ausgebucht. Im Herbst wird Kohser erneut entsprechende Stadtführungen anbieten.
Publikum hatte Kohser sonst keines – eine echte Stadtführung hätte er bei diesem Wetter abgesagt. Trotz neuem Lichtspiel in der Altstadt wird der Nachtwächter künftig aber nicht auf das Mitführen seiner Laterne verzichten, als „dunkler Geselle“ legt er ohnehin wenig Wert auf optimale Ausleuchtung.
Die Führung übernahm nun stattdessen Bürgermeister Piellusch, der nach erstem Meinungsaustausch zur neuen Beleuchtung zum Rundgang um die Stadtkirche einlud. Und dann zeigte sich tatsächlich das Potenzial der Beleuchtung – als der Blickwinkel wechselte und es noch ein wenig dunkler geworden war: Vor allem die Lichtakzente am Kirchenschiff wirkten unerwartet eindrucksvoll, kaltweißes Licht tauchte das Wunstorfer Wahrzeichen in eine Atmosphäre, die als Kulisse für ein geheimnisvoll-zauberhaftes Märchen hätte dienen können.
Ein halbes Dutzend Leuchten sind in den Boden rund um die Stadtkirche eingelassen, dazu kommen weitere Strahler auf Masten rund um die Kirche. Auf Kaltweiß wird künftig jedoch wahrscheinlich verzichtet werden. Die im Boden eingelassenen Strahler geben nur warmweißes Licht ab, während die Hochleistungs-LEDs auf den Masten wahlweise auch kaltweiß strahlen und das RGB-Farbspektrum beherrschen – also jede denkbare Farbe herbeizaubern können, genau wie die bekannten Lichtleisten von zu Hause. Eine Mischung von kaltem und warmweißem Licht sei aber wenig schön, gab Ortsbürgermeister Silbermann zu bedenken. Wenn die Beleuchtung komplett sein soll, dürfte der kleinste gemeinsame Nenner für dezente Beleuchtung daher warmweißes Licht sein.
Auf eine Beleuchtung direkt an der Kirche, etwa im Kirchturm, wurde verzichtet, es handelt sich um eine bloße Anstrahlung von außen. Hintergrund sind versicherungsrechtliche Aspekte: Die Beleuchtung ist eine reine Angelegenheit der Stadt, die Kirchengemeinde hat damit nichts zu tun – wären jedoch Kabel am Gotteshaus selbst verlegt werden, hätte die Stadt für ein Gebäude haften müssen, das ihr nicht gehört. Das wäre rechtlich kompliziert geworden, die Stadt hätte z. B. bei einem Kurzschluss selbst in der Verantwortung gestanden, ohne eine Versicherung dafür abschließen zu können. Eine Beleuchtung aus der Kirchturmspitze heraus gibt es deswegen nicht.
Ein netter Aspekt am Rande: Wie bei den Lichtleisten für den Hausgebrauch soll auch die Stadtkirchenbeleuchtung noch eine Fernbedienung bekommen – derzeit muss für einen Lichtwechsel der Schaltschrank aufgesucht werden. Theoretisch könnte der Bürgermeister also in Zukunft von seinem Amtszimmer aus im Rathaus gegenüber ganz nach Tageslaune die Beleuchtung mit einem Knopfdruck in der App einstellen. De facto dürfte es in den Wintermonaten jedoch bei einer dezenten Beleuchtung bleiben, nur bei besonderen Anlässen wird die Stadtkirche auch in auffällige Farbtöne getaucht werden. Eine angemessene Beleuchtung eines Gotteshauses war der Politik wichtig.
Am Mittwochabend wurde aber schon einmal ausprobiert, wie sich die Stadtfarben Gold und Blau auf dem Gemäuer machen. Ziemlich gut, muss gesagt werden.
Einwände, dass es nicht in die Zeit passe, neue Beleuchtung anzuschaffen, statt Energie zu sparen, hält man etwa aus der Verwaltung entgegen, dass der Strombedarf für die LED-Strahler nicht besonders hoch sei – und es würde letztlich nur innerhalb eines geringen Zeitraumes im Jahr beleuchtet werden. Der Nutzen für die Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Stadt sei vorhanden, und man könne nicht auf alles verzichten. Außerdem waren das Fördergeld und die Spenden zur Anschaffung der Stadtkirchenbeleuchtung zweckgebunden. Das Geld durfte nur für die Installation der Beleuchtung genutzt werden.
Für die Anschaffung der Illumination war mit insgesamt 50.000 Euro kalkuliert worden. Finanziert wird sie über das Förderprogramm Perspektive Innenstadt und private Spenden. Der Strom für die Beleuchtung wird jährlich etwa 150 Euro kosten. Ursprünglich war nur weißes Licht geplant, erst spät schwenkte die Politik auf Anraten der Verwaltung zu ergänzender bunter Beleuchtung um.
Eine Nebenwirkung war jedoch zu beobachten, die auch bereits nach der neuen Beleuchtung des Kuhbrunnens aufgefallen war: Die Strahler beleuchten nicht nur das anzustrahlende Objekt, sondern blenden auch die darauf zulaufenden Passanten, so dass je nach Blickrichtung der Eindruck eines unangenehmen Lichteinfalls entsteht. Die Strahler werfen dabei harte Schatten.
Blendschutz soll es an den Strahlern, die wie 6 unterschiedliche Leuchtmittel in der Fassung wirken, aber lediglich aus einer LED hinter wabenartigem Glas bestehen, allerdings nicht geben. Die Vorbeigehenden müssen in Kauf nehmen, an dunkeln Tagen beim Passieren der Stadtkirche künftig von den neuen Strahlern geblendet zu werden. Das ist der Preis für die Akzentbeleuchtung auf Masten. Andreas Niepel erkundigte sich zudem unter anderem nach schädlichen Auswirkungen der Strahler für Insekten – dies soll kein Problem darstellen, hieß es.
Die Fachfirma plante, die Arbeiten an der Stadtkirchenbeleuchtung noch am Mittwochabend abzuschließen. Die Wunstorferinnen und Wunstorfer samt ihren Gästen dürften die Beleuchtung jedoch frühestens im Spätherbst zu Gesicht bekommen, wenn die Tage wieder kürzer werden. Dann soll die neue Akzentbeleuchtung der Kirche standard- und regelmäßig am Abend eingeschaltet werden. Weitere Tests vorab sind bislang nicht geplant, die Feinabstimmung bis zum regulären Einsatz ließe sich auch am Computer simulieren, hieß es aus der Bauverwaltung.
Ich empfehle Ihnen, um Ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, auf die Nutzung von IT und Internet zu verzichten.
Wirkt sonst zu bigott.
Ich bin immer wieder begeistert, wenn wasserdichte Lampen für den Aussenbereich sich anschließend überraschend als wasserdicht erweisen.
Zu der Bildunterschrift „Der Nachtwächter schaut mal eben nach dem Rechten“ merke ich an, dass er nicht nur nach mir gesehen hat, sondern auch nach den anwesenden „Linken“.
;-D
Energieverschwendung was soll sowas