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Von Drogen und Sex beim Seniorenfrühstück

30.11.2019 • Redaktion • Aufrufe: 494
30.11.2019
Redaktion
Aufrufe: 494

Der Ziegenbändiger. Seniorenparty.

Freitag morgens um 10 Uhr ist Markttag in Wunstorfs Innenstadt, und damit gehört die Fußgängerzone der Ü65-Generation. In Scharen stehen sie Schlange vor Obst-, Fisch-, Wurst-, Spargel-, Blaubeer- oder Käseständen und belegen die italienischen Eiscafés bis zur letzten Ritze. Dann werden die ersten „Due Cappuccini“ und „Aperol Spritz“ bestellt, damit der Kreislauf überhaupt in Schwung kommt und Gespräche sich nicht nur um Krankheit und im Kreise drehen. Oft setze ich mich stillschweigend an einen Nachbartisch und nippe begierig vom firlefanzlosen Kaffee. Kein „zweifacher Latte Macchiato mit Hazelnut-Ingwer-Flavour doppio crema und mundgeblasenem Eselmilchschaum“. Einfach nur Kaffee, damit all die ungestümen Gedanken sich vollends in mir ausbreiten können, die der Schlaf noch zurückgehalten hat.

Entgegen landläufiger Meinung sind Gespräche am Morgen unter Senioren alles andere als langweilig und drehen sich nicht nur um Prostatabeschwerden und Todesanzeigen. Gepriesen sei der Drogenkonsum mit Koffein und Alkohol. Erst neulich vernahm ich ein Gespräch zweier älterer Damen, die sich über die sexuelle Inaktivität ihrer Gatten unterhielten. Wenn nämlich Dame Nr. 1 Lust habe, und das kommt wohl nicht zu selten vor, entziehe sich der Mann ihrem Begehren. „Immer passt es gerade nicht“, monierte sie, „das Auto muss gewaschen, betankt oder repariert werden; ein wichtiges Sportereignis im TV beglotzt oder befiebert werden; der Ischiasnerv klemmt mal wieder oder die Hose“. „Ach Schätzchen“, entgegnete Dame Nr. 2, „was man zuhause nicht bekommt, muss man sich halt woanders holen“.

Fast hätte Dame Nr. 1 ihren Asti Spumante (und ihr Gebiss) über den Tisch geprustet, so unerhört und fremd schien im ersten Moment der Gedanke. Doch dieser verflog so schnell, wie er aufgetaucht war, denn Dame Nr. 2 hatte eine nachvollziehbare Begründung parat. „Sex im Alter verändert sich, aber das Bedürfnis danach erlischt nicht. Und es gefährdet nunmal die Gesundheit, wenn es nicht erfüllt wird. Da ich jedoch bereits genug andere Gebrechen habe, bleibt mir nichts anderes, als anderweitige Befriedigung zu holen.“

„Was genau meinst du?“, wollte Dame Nr 1 wissen. „Wenn dein Kerl mehr an Autos und Fußball als an deinem Körper interessiert ist, solltest du handeln“, antwortete Dame Nr. 2, „ich bin zu diesem Erotikladen in Bad Nenndorf gefahren, ließ mich beraten und kaufte ein Spielzeug mit Garantie. Orgasmusgarantie.“ Sie lachte schelmisch vor Verzückung, während ich leise in mich hinein kicherte.

Matteo B.

Die Kolumne „Der Ziegenbändiger – Überleben in der Kleinstadt“ erscheint monatlich in der Auepost.

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