Wunstorfer Auepost
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Matthias Schwieger im Interview

14.03.2019 • Daniel Schneider • Aufrufe: 1477
14.03.2019
Daniel Schneider
Aufrufe: 1477

Das Video zu „Stau in Wunstorf“ verbreitete sich in den letzten Wochen rasant. Eigentlich nur Teil eines größeren Kindermusicals, hat es auch einen Nerv bei den Erwachsenen getroffen: Wir haben den Schöpfer der neuen inoffiziellen Wunstorf-Hymne zu den Entstehungsgründen befragt …

Mattthias Schwieger

Chorleiter und Schöpfer des „Wunstorf-Musicals“, Matthias Schwieger | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (red). Städte sind gerne Gegenstand musikalischer Interpretation. Und es muss nicht gleich „New York, New York“ sein. Viele Künstler haben ihren Heimatstädten humorvoll-ironische Lieder gewidmet. Die „Missfits“ sangen einst über Oberhausen, die Wise Guys rappten „Ich bin aus Hürth“. Nun hat auch Wunstorf seinen ohrwurmverdächtigen Song: „Stau in Wunstorf“ fand erst vor kurzer Zeit seinen Weg in eine breitere Öffentlichkeit – darf aber schon jetzt als die heimliche Stadt-Hymne gelten. Dabei ist das Stück eigentlich nur ein kleiner Teil eines großen Kindermusicals, das im kommenden Mai in Wunstorf uraufgeführt wird. Kritik am Straßenverkehr waren dabei nicht die Gründe für seine Entstehung, die Absicht war vielmehr, ein spaßbringendes Lied für Kinder zu schaffen. Unbestritten hat das Stück aber auch bei Erwachsenen einen Nerv getroffen: Viele summen es an der nächsten roten Ampel bereits automatisch vor sich hin. Wir sprachen mit dem Komponisten, Chorleiter Matthias Schwieger, über die Hintergründe zu „Stau in Wunstorf“ …

Wunstorfer Auepost: Woher kommt „Stau in Wunstorf“, wie kam es dazu?

Matthias Schwieger: Im Mai 2019 werde ich das Kindermusical „Die drei Chöre und das Gespenst im Rathaus“ aufführen. Um Kosten wie GEMA- und Urheberrechtsgebühren zu sparen, schreibe ich das komplette Musical selbst. Thematisch ist es in Wunstorf angesiedelt, kann aber mit wenigen Änderungen auf jede andere Stadt übertragen werden. Im Musical bringt das Gespenst Verkehrsschilder, die noch aufzustellen sind, aus Versehen durcheinander. Dadurch entsteht ein gewaltiger Stau, und die Autofahrer kommen in das Büro der Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, Frau Achtung-Vorfahrt, und singen dann „Stau in Wunstorf“.

Also ist „Stau in Wunstorf“ zunächst eigentlich gar keine Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern bildet nur die fiktive Handlung ab? Oder ist das durch das Gespenst verursachte Chaos gar ein augenzwinkernder Erklärungsversuch für die Wunstorfer Straßenverhältnisse?

„Stau in Wunstorf“ beschreibt natürlich die aktuelle Situation, wobei die Ursache dieser Situation in meinem Musical fiktiv ist – Ken Follett hat z. B. in seinem Roman „Die Nadel“ gezeigt, wie es geht: Zwei fiktive Personen machen dort den realen D-Day erst möglich. Es gab ja nun 2018 tatsächlich einen ganzen Tag lang die Situation, dass die Klein Heidorner Straße und die Neustädter Straße zeitgleich gesperrt waren und dabei die Umleitungsschilder eben von der einen in die andere Baustelle geführt haben. In meinem Kindermusical hat dann eben das Gespenst im Rathaus die noch aufzustellenden Schilder aus Versehen vertauscht. Im weiteren Verlauf im Musical wird übrigens der Bau der Umgehungsstraße in Angriff genommen. Die Ursache dafür verrate ich aber noch nicht. Ist aber ein sehr lustiger Grund. …

Haben Sie damit einfach auch die Stimmung in der Stadt aufgegriffen oder machen Sie selbst leidvolle Erfahrungen mit dem Straßenverkehr?

Stau in Wunstorf

Stau in Wunstorf | Graphik: Auepost

Ich selber fahre mehrmals wöchentlich von Luthe über den Frachtweg nach Großenheidorn. Somit habe ich selber ein großes Interesse an einer Umgehungsstraße sowie an den Baustellen der letzten Jahre. Wichtig ist mir dabei, zu sagen: Ich schreibe ein Kindermusical. Das Ziel ist, dass die Kinder dabei Spaß haben! Und: Ich möchte die kleinen Sängerinnen und Sänger auch nicht instrumentalisieren für irgendeinen Ärger meinerseits.

Wie kamen Sie dann überhaupt auf die Idee zu einem „Wunstorfer“ Musical, gab es eine Inspiration?

Normalerweise mache ich mit jedem meiner Grundschulchöre ein Musical am Ende des Schuljahres. Diesmal wollte ich aber ein gemeinsames Stück für alle drei Chöre aufführen. Da mein Verein (Verein zur Förderung der Musik in Wunstorf und Umgebung e. V., Anm. der Red.) nur einen sehr kleinen Jahresumsatz hat, habe ich das Stück selber geschrieben. Auf diese Art spare ich Aufführungs- und GEMA-Gebühren. Um auf die nötigen Ideen zu kommen, bin ich drei Tage durch den Harz gewandert. Immer wenn dann eine Idee ankam, habe ich mich auf einen Baumstamm gesetzt und sie schnell notiert. Die Keimzelle zu dem Musical ist sein Titel, „Die drei Chöre und das Gespenst im Rathaus“. Als 50-Jähriger kann ich die ersten zwanzig „Die drei Fragezeichen“-Kassetten natürlich noch komplett auswendig. Und so ähnelt auch der Musical-Titel einer dieser Folgen.

Wie viele Kinder werden insgesamt am Musical beteiligt sein?

An dem Musical werden ca. 80 Kinder beteiligt sein, die „Barnebees“, die „Groheidos“ und der „Kolenfelder Kinderchor“.

Sind die „Gespenster im Rathaus“ das erste Mal, dass Sie lokales Geschehen mit einer fiktiven Geschichte zu einem Muscialstoff verweben?

Im letzten großen aufgeführten Musical, „Schneewittchen“, mit der Kinder- und Jugendkantorei Großenheidorn und dem ChoroFun aus Harenberg, gab es schon mal eine kleine Anspielung auf die damalige Schulsituation: damals hatte die niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt immer wieder gesagt, wie ausgezeichnet die Versorgung der Schulen mit Lehrerstellen sei. Nur gab es in der Praxis eben viele Unterrichtsausfälle. Und so musste „meine“ Frauke Heiligenstadt in einem Musical vor dem Schlosstor bleiben.

Können Sie etwas Näheres zum Lied „Stau in Wunstorf“ und dem Video sagen?

Das Lied ist sehr fröhlich angelegt, es handelt sich um eine Polka in As-Dur mit Akkordeon-Solo, der Melodieumfang und die Wortwahl sind kindgerecht. Aufgenommen habe ich es mit dem Kolenfelder Kinderchor. Die Bilder habe ich selber gemacht und z. T. von der Redaktion der Leinezeitung bekommen. Text und Musik stammen von mir. Die Musik habe ich an einem Keyboard mit Steinberg-Interface und der Software Cubase eingespielt.

Haben Sie mit dieser großen Resonanz auf das Video gerechnet?

Nein, überhaupt nicht. Das war nicht abzusehen. In der ersten Woche waren es schon 2.000 Aufrufe.

Wurde „Stau in Wunstorf“ außer im Video schon einmal live irgendwo dargeboten?

Das Lied habe ich schon einmal zur Weihnachtsfeier des Wunstorfer Bauvereins aufgeführt und im Januar bei den entsprechenden Konzerten der Grundschulchöre. Die eigentliche Premiere wird aber am 9. Mai 2019 im Stadttheater sein.

Wie war die Reaktion der Konzertbesucher?

Die Reaktion der Teilnehmer war immer sehr positiv, sehr erheitert. In Kolenfeld hat sogar der ganze Saal den Refrain mitgesungen.

Kann man davon ausgehen, dass Sie auch in Zukunft Wunstorf-Bezüge in Ihre Werke einbauen werden?

Ja, ich denke da gerade etwas an. Allerdings muss ich dafür wohl noch mal ein paar Tage durch den Harz wandern, damit ich genug Ideen bekomme. Es gibt übrigens noch einen weiteren Song, den ich vorab aufgenommen und bei Youtube hochgeladen habe. Er heißt „Leben in Wunstorf“. Ein sehr schöner, positiver Song, mit Bildern und kleinen Filmen aus Wunstorf versehen.

Die Fragen stellte Daniel Schneider. Die Premiere des Kindermusicals „Die drei Chöre und das Gespenst im Rathaus“ findet am 9.5. um 18 Uhr im Stadttheater Wunstorf statt.

INFO: Songtext „Stau in Wunstorf

Kommst du von der Arbeit, willst einfach nur nach Haus‘,
läuft es noch bis Wunstorf gut, doch dann ist es aus.
Schon weit vorm Ortsschild beginnt der Super-Gau,
Wunstorf hat in der Region den allerschönsten Stau.

Stau in Wunstorf, das hat Tradition,
Stau in Wunstorf, seit vielen Jahren schon.
Ampeln, viele Baustellen, alles bremst dich aus,
du bist zwar in Wunstorf, aber lange nicht zuhaus‘.

Rechts geht ganz entspannt eine Frau grüßend vorbei,
links ein Herr mit dem Rollator ohne Hetzerei.
Auf dem Autodach baut ein Vogel schon sein Nest,
weil es warm und ruhig ist, das Auto steht schön fest.

Stau in Wunstorf, das hat Tradition,
Stau in Wunstorf, seit vielen Jahren schon.
Ampeln, viele Baustellen, alles bremst dich aus,
du bist zwar in Wunstorf, aber lange nicht zuhaus‘.

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Kommentare


  • Grit Decker sagt:

    Nach dem Lesen des Artikels erst mal fix das Video angeschaut:
    „geil“ gemacht *Daumen hoch*- und die jungen Sänger*innen haben sichtlich Spaß.

    Klar: nicht als politischer Song gedacht und konzipiert, doch die (versteckte) Kritik ist nicht zu überhören.
    Gefällt auch mir ausgesprochen gut.

    Dem Kinder-Chor und dem Macher wünsche ich vollen Erfolg für die Aufführungen des Musicals!

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