Hat der Wahlleiter die Stichwahl zum Regionspräsidenten unzulässigerweise beeinflusst, indem er unmittelbar vor der Wahl eine Kampagne startete, die eigentlich nur die Wahlbeteiligung erhöhen sollte? Diese Frage hat gestern das Verwaltungsgericht mit einem Ja beantwortet. Es stellte in seiner Entscheidung fest, dass die durch den Wahlleiter Axel Priebs (SPD) verantwortete Werbekampagne, die die Wahlbeteiligung erhöhen sollte, rechtswidrig war. Priebs hätte in dieser Phase der Wahl keine Kampagnen mehr starten dürfen, nur den Kandidaten selbst hätte dies zugestanden.
Die Kläger von der CDU hatten geltend gemacht, dass der Wahlleiter nicht das Gebot der Neutralität und Objektivität beachtet und gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verstoßen habe, da die Wahlinformationskampagne nur in Teilen des Wahlgebietes durchgeführt worden bzw. unterschiedlich wirksam geworden sei. Zwischen dem ersten Wahlgang und der drei Wochen später angesetzten Stichwahl hatte der Wahlleiter Maßnahmen zur Information der Öffentlichkeit veranlasst. Neben einer Pressemitteilung und Anzeigen in Wochenblättern wurden auch im Internet und über den Kurznachrichtendienst Twitter Informationen insbesondere über den Termin der Stichwahl und darüber verbreitet, dass eine Teilnahme auch ohne die nur vor dem ersten Wahlgang übersandte Wahlbenachrichtigungskarte möglich sei.
Ein Geschmäckle bekam die Sache jedoch erst durch die Umsetzung der Werbemaßnahmen. Denn die Kampagne sei unausgewogen gewesen, weil sie nicht im gesamten Wahlgebiet gleichermaßen Wirkungsmöglichkeiten entfaltet habe, wie das Gericht ebenfalls feststellte. In Langenhagen, Neustadt, Wedemark und Wunstorf erschienen keine Zeitungsanzeigen des Wahlleiters, dafür ab Freitag vor der Stichwahl auf den Laufschriftanzeigen der Stadtbahnhaltestellen in Hannover, Garbsen, Langenhagen, Isernhagen, Laatzen und Ronnenberg der Text „Achtung! Sonntag Stichwahl zum Regionspräsidenten – Personalausweis reicht“. Vergleichbare Informationen erfolgten bereits ab dem Dienstag vor der Wahl im Fahrgastfernsehen der Stadtbahnen und über die Großbildschirme der unterirdischen Stadtbahnstationen. Über diese Maßnahme hinaus wurden 250 Plakate in regionsweit verkehrenden Bussen angebracht. 300 weitere Plakate wurden von einer beauftragten Werbefirma an Litfaßsäulen angebracht, davon über 250 in Hannover und der Rest in Wunstorf, Burgdorf, Hemmingen und Burgwedel. Nochmals 60 Plakate wurden an die 20 Umlandkommunen verteilt. Zudem wurden Wahlaufruf-Postkarten – 20.000 in Hannover und Langenhagen in Gastronomiebetrieben sowie 1.000 im Umland in Bürgerämtern oder anderen öffentlichen Stellen – verteilt bzw. ausgelegt. Die Werbung dominierte somit im traditionell SPD-starken Hannover.
Die Wahl war denkbar knapp: der amtierende Präsident Hauke Jagau (SPD) gewann die Stichwahl knapp mit 50,9 % gegenüber dem Wunstorfer Axel Brockmann (CDU) mit 49,1 %. Die Wahl zum Regionspräsidenten der Region Hannover muss dennoch nicht wiederholt werden. Denn der Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit habe das Wahlergebnis letztlich nur unwesentlich beeinflusst. Es ist nicht nachzuweisen, dass die ungleich verteilte Werbung tatsächlich die Wahl konkret beeinflusst hat.
Das Verwaltungsgericht Hannover entschied in der Sache somit zugunsten der klagenden CDU-Mitglieder, die Früchte erntet jedoch der damalige Wahlsieger und jetzige Regionspräsident Jagau. Die Revision vor dem Oberverwaltungsgericht wurde zugelassen, die CDU-Mitglieder werden den weiteren Rechtsweg jedoch nicht bestreiten.
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