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Niedlicher Plastikmüll?

09.09.2019 • Daniel Schneider • Aufrufe: 851
09.09.2019
Daniel Schneider
Aufrufe: 851

Zum ersten Mal fand das Wunstorfer Entenrennen auf der Südaue statt. Es war ein voller Erfolg, wurde jedoch von einer Debatte über Plastikvermeidung begleitet.

Entenrennen

Rennenten in Wunstorf | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds/fr). Seit einigen Jahren schon traditioneller Bestandteil des Wunstorfer Altstadtfestes, hatte es bislang stets auf einem künstlichen Wasserlauf stattgefunden: Das technische Hilfswerk bzw. die THW-Jugend hatte zwischen Rathaus und Stadttheater einen Parcours aufgebaut, auf dem die Rennenten losgelassen wurden.

In diesem Jahr waren die Gummitierchen zum ersten Mal auf einem echten Gewässer unterwegs: Auf der Südaue, kurz vor der Unterquerung der Südstraße, absolvierten sie am Sonnabendnachmittag in zwei Läufen eine abgesteckte Strecke entlang des Geländers zum Fußweg.

„Zeitungsente“

Dass das Wunstorfer Entenrennen auf die Südaue verlegt wurde, ist vor allem Hans-Heiner Giebel vom Stadtanzeiger zu verdanken. Er hatte nicht nur die Idee, das Rennen in authentischerer Umgebung stattfinden zu lassen, sondern kümmerte sich auch um die Umsetzung und begeisterte die Sponsoren von den Plänen. Sogar während des Entenrennens zeigte Giebel vollen Einsatz, indem er mit der Kamera und wasserdichter Hose ins Wasser stieg.

Wunstorfer Entenrennen 2019

Start des Teilnehmerfeldes | Foto: Friedlies Reschke

So schwammen dann zum Altstadtfestwochenende die Enten auf einem echten Wunstorfer Gewässer. Über 400 Plastikenten wurden ins Rennen geschickt, etwas mehr als in den Vorjahren. Viele Rennentenbesitzer hatten ihre Enten wieder aufwändig dekoriert und verziert.

Keine Ente geht verloren

Das THW hatte am Startpunkt eine Barriere errichtet, an der die Enten zu Wasser gelassen wurden. Am Zielpunkt an der Betonplattform war eine raffinierte Schleuse aufgebaut, die die Enten sammelte und einzeln durch ein Rohr leitete. So konnte die Reihenfolge der Gewinnerenten exakt bestimmt werden. Auch entwischen konnte dadurch keine der Enten, alle Teilnehmer wurden wieder aus der Aue gefischt.

Wunstorfer Entenrennen 2019

Dekorierte Rennenten 2019 | Foto: Friedlies Reschke

Die Strecke war vorher präpariert worden, um die Vegetation und Fauna im Uferbereich zu schützen; so wurden etwa Äste und Sträucher hochgebunden.

Vor- und Nachteile

In vielen Städten ist es selbstverständlich, dass Entenrennen auf natürlichen Gewässern stattfinden. In Neustadt etwa wird das dortige Entenrennen auf der Leine ausgetragen. In Hamburg schwimmen Gummienten in der Alster, in Berlin auf der Spree. Rennen auf künstlich angelegten Strecken wie zuletzt in Wunstorf sind eher die Ausnahme. Denn Entenrennen leben auch von der Einbeziehung vorhandener Strukturen, dem „Ausflug“ der domestizierten Plastikwesen in die freie Natur. Ausgerechnet in Wunstorf, eine der Städte mit der höchsten Wasserdichte in Deutschland und von zahlreichen Gewässern durchflossen, ein Entenrennen nicht auf einem Fluss stattfinden zu lassen, durfte fast schon als Frevel gelten.

Wunstorfer Entenrennen 2019

Zuschauer beim Entenrennen | Foto: Friedlies Reschke

Ganz nebenbei wurde damit auch die sonst eher als unattraktiv wahrgenommene Ecke an der Südstraße wiederbelebt – die Betoneinfassung am Rande der Südaue erfüllte seit langem wieder einmal einen echten Zweck. Nur ein Nachteil zeigte sich beim neuen Entenrennen: Die Zuschauer konnten nur von einer Seite dem Rennen folgen statt wie früher sich um die gesamte Bahn gruppieren zu können – der Platz war begrenzt. Auch „Zaungäste“ dürfte es wegen der weniger zentralen Lage nicht so viele gegeben haben. Doch diese Einschränkungen werden in Kauf genommen, zumal die Teilnehmerzahl gestiegen ist – auch im nächsten Jahr soll es wieder ein Entenrennen auf der Südaue geben.

Debatte über Plastikvermeidung

Im Vorfeld des Entenrennens war es zu einer Diskussion in den sozialen Netzwerken gekommen, ob Entenrennen angesichts der allgemeinen Bemühungen, den Einsatz von Kunststoffen zu reduzieren, noch zeitgemäß sind. Aktuell steht z. B. ein Verbot von Plastiktüten an. Ausgerechnet einen Tag zuvor war auch in der Neuen Kirche in Idensen über Plastikverzicht gesprochen worden. Die evangelischen Gemeinden hatten zum 3-wöchigen Plastikverzicht aufgerufen.

In der Tat darf der Einsatz von Plastikenten als nicht völlig unproblematisch gelten. Produziert werden diese Badeentchen normalerweise in China, ergab die Nachfrage bei einem deutschen Fachhändler. Mit Containerschiffen gelangen sie dann nach Europa – und wenn sie entsorgt werden, kann es durchaus passieren, dass sie erneut ins Ausland verschifft werden, denn Badeentchen gehören nicht in den gelben Sack, sondern sind Restmüll. Das Schwimmen auf der Südaue oder anderswo bei Entenrennen ist daher im Grunde nur eine kurze Zwischenstation auf einer langen Reise mit schlechter Ökobilanz.

Wunstorfer Entenrennen 2019

Zieleinlauf | Foto: Friedlies Reschke

Man solle die Kirche im Dorf lassen, war hingegen der Tenor der Debatte im Netz. Für die Wunstorfer Natur bestehe keine Gefahr, wenn die Enten nach dem Rennen wieder aus dem Wasser genommen würden, und außerdem landeten die Enten nach dem Ausflug auf die Südaue gar nicht im Müll, sondern würden zu Hause auf dem Badewannenrand geparkt. Zur Vermeidung von Plastikmüll gebe es geeignetere Ansatzpunkte. Diejenigen, die sich für einen völligen Verzicht aussprachen, blieben in der Minderheit.

Ortsbürgermeister Thomas Silbermann, der das Entenrennen auch moderierte, sieht es ähnlich: Man dürfe den Menschen den Spaß nicht nehmen. Selbstverständlich sammele auch er seine Rennenten. Die übrigen Teilnehmer dürften das wohl ebenso unterschreiben – alle waren begeistert vom ersten Entenrennen auf der Südaue. Allein die Dauer wäre noch ausbaufähig: schon nach 10 Minuten war auch die letzte der Enten wieder im Trockenen.

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Kommentare


  • Basti g. sagt:

    Plastikmüll :-) ! Jeder joghurtbecher, plastikflasche usw. Macht ja wohl mehr Müll als diese quitscheentchen diese möchtegern ökos sollten sich mal im eigenen Haushalt umschauen was die da so täglich an Plastik kaufen da bringt die ganze Aufregung an Tüten usw. Auch nix

  • Grit Decker sagt:

    *grübel grübel*:
    Gaaanz schwierig für mich hier eine klare Position zu beziehen, obwohl ich gestern und heute ziemlich viel über die Enten als „Ausgangsprodukt“ für die Rennen nachgedacht hatte.

    Ich bin mitnichten eine Freundin des in weiten Teilen überflüssigen (Plastik-) Mülls, genauso wenig wie von Importen, die die Müllberge „üppigst wachsen lassen“.
    Egal für mich, ob beispielsweise aus Osteuropa, dem asiatischen Raum kommen oder weiß der Hering woher.

    Andererseits:
    die alljährlichen „Entenrennen“ sind fast zu einer Institution geworden -zumeist aber zur in der weiten Bevölkerung liebgewordenen Tradition-.

    Und bei dieser Konflikt-Stellung geht „meine Eierei“ los.
    Natürlich ist es unabdingbar, dass wir alle uns in der Vermeidung -oder zumindest ‚Reduzierung‘- aller Arten des Mülls wenigstens in Änderungen im eigenen Verhalten einbringen.
    Doch aus dieser angebrachten Motivation heraus, anderen -und beim Entenrennen sind’s zumeist die Kinder- den Spaß verderben zu wollen?

    Mir persönlich geht das dann doch zu weit.

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