Wunstorf/Edirne (ds). Nachdem er es dank einheimischer Hilfe über die Berge nach Bulgariens Hauptstadt Sofia geschafft hatte, brach Ralf Völkers vergangene Woche wieder auf und fuhr weiter Richtung Türkei. Vor ihm lag nun die Oberthrakische Tiefebene, also endlich wieder schönstes Radfahrer-Flachland. Doch zunächst musste noch einmal das Balkan-Gebirge überwunden werden, das Sofia umschließt. An Erfahrung reicher, kaufte sich der Wunstorfer jedoch dieses Mal gleich ein Bahnticket – bis nach Plowdiw zu Beginn des Flachlandes.
Die letzte Etappe durch Bulgarien begann jedoch unschön: denn er wurde im Zug abgezockt. Beim Verladen seines Fahrrades half ihm jemand vom Zug und checkte dabei auch gleich seinen Fahrschein – gab ihm den Fahrschein aber nicht wieder, sondern behielt ihn. Als im Abteil dann die eigentliche Fahrkartenkontrolle kam, waren Helfer und Ticket verschwunden – Völkers durfte die Fahrkarte noch einmal bezahlen.
„Verdammt noch mal, wie kommste jetzt von diesem Scheiß-Bahnsteig runter?“Ralf Völkers im Bahnhof Plowdiw
Immerhin seine Sorge, mit dem Fahrrad im Plowdiwer Bahnhof nicht mehr vom Bahnsteig herunterzukommen, war unberechtigt: Einen topmodernen Aufzug gab es am Gleis, schöner und sauberer als alles, was er etwa aus Wunstorf oder Hannover kannte.
Ab Plowdiw ging es dann endlich wieder gebirgslos auf die Strecke, und Völkers war sichtlich froh, endlich wieder im Flachland zu radeln. Doch auch hier gab es den ein oder anderen Hügel – und die Straßenqualität schwankte sehr. Selbst wenn es mal schön bergab ging, konnte Völkers nicht schnell fahren – die Schlaglöcher verhinderten das. Das Thermometer zeigte 35 Grad. „Heiß und stressig“, fasst er diese Etappe zusammen.
„Um mich herum seh‘ ich nur Tiefebene … und ich fahr nur Hügel.“Ralf Völkers in Ostbulgarien
Auch musste Ralf Völkers nun notgedrungen wieder zelten, obwohl er gerne ein Zimmer genommen hätte – denn es gab schlicht keine an der Strecke. Kilometerweit fuhr er durch die Einöde, ohne auf eine Stadt zu stoßen. Kein Vergleich mit der dichten Besiedlung in Deutschland. Stattdessen sah er Kuriositäten wie z. B. auf die Fenster gemalte Gardinen in heruntergekommenen Dörfern. Sein Zelt baute er mal am Wegesrand, mal auf einem brachliegenden Industriegelände auf.
Glücklich und etwas gerührt war Völkers, als er irgendwann das erste Straßenschild sah, auf dem „Istanbul“ stand. Am Freitag, den 8 Juni, erreichte er dann die Türkei – und freute sich klammheimlich, dass all die LKWs, die ihn auf seiner Fahrt zum Grenzübergang mit einem Affentempo überholt hatten, nun in einer Riesenschlange schon 3 Kilometer vor der Grenze auf ihre Abfertigung warten mussten.
In der Türkei steht Völkers dann allerdings schon wieder vor demselben Problem wie an der serbisch-bulgarischen Grenze: Er kann zwar Geld tauschen, aber dann gibt es erst einmal weit und breit keine Geschäfte. Erst im 40 Kilometer weiter liegenden Edirne. Dort erwartet ihn auch endlich wieder ein schönes Hostel. Tags darauf erkundet er die Stadt – und besucht mehrere eindrucksvolle Moscheen. Und er trifft auf einen anderen Reiseradler aus England, der jedoch nach China will. Dafür steht Völkers nun vor ganz neuen Schwierigkeiten: Es ist noch Ramadan – und die örtlichen Lokale haben gar nicht erst geöffnet.
„Zu essen gibt es wieder nix. Überall, wo es was zu essen gibt, isses leer … weil Ramadan ist.“Ralf Völkers zur Mittagszeit in der Türkei
Am Sonntag, den 10. Juli, bricht er bei 37 ° wieder auf – und will zunächst einen kleinen Abstecher an die griechische Grenze machen, wenn er schon mal in der Nähe ist. Einfach nur mal so kurz rüber auf die griechische Seite, bevor es weitergeht nach Istanbul.
Griechenland lag ursprünglich gar nicht auf der Reiseroute, doch nun, da er auf griechischem Boden steht, gefällt es Völkers dort so gut, dass er sich spontan entschließt, weiter durch Griechenland zu fahren. Die guten Straßen, die Menschen, die Häuser haben es ihm angetan. Und er findet auch wieder Restaurants, die mittags geöffnet haben.
„Wie gebügelt“Ralf Völkers über die griechischen Straßen
Die Tour durch Griechenland bedeutet einen Umweg von 105 Kilometern, doch es war die richtige Entscheidung: ein Dorf schöner als das andere, findet Völkers. Griechenland hat einen neuen Fan. Doch der Umweg dauert nicht lange. Am Montag, den 11., geht es schon wieder zurück in die Türkei. Es ist das erste Mal auf seiner Reise, dass er gleich zweimal in dasselbe Land einreist. Gleichzeitig ist es das 3. Mal, dass er die EU verlässt. Diesmal endgültig auf dieser Reise.
Und damit gilt nun endgültig auch wieder eine neue Zeitzone, die allerdings im Moment ohne Auswirkungen für Völkers bleibt: Wäre er im Winter unterwegs, betrüge der Unterschied zu Deutschland nun 2 Stunden. Da in Deutschland aktuell jedoch Sommerzeit gilt, die Türkei die Zeitumstellung vor zwei Jahren aber abgeschafft hat, haben Wunstorf und Istanbul aktuell nur eine Stunde Zeitdifferenz. So bleibt Ralf Völkers ein erneuter Mini-Jetlag wie neulich beim Erreichen von Bulgarien erspart.
Mittlerweile ist Völkers nun schon 3.000 Kilometer geradelt und fährt nun am Meer entlang. Spätestens am 18. Juni will er in Istanbul sein.
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