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Wechselspiel der Lautstärken, aber nicht der Emotionen …

02.12.2018 • Redaktion • Aufrufe: 255
02.12.2018
Redaktion
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Miguels Kabinenpredigt

Hannover (mj). Der Wind stand günstig, um das Fußballerherz bereits am Maschpark höher schlagen zu lassen. Nachdem die Stimmgewalt der Hannoveraner Fans aus dem Stadion zum Rathaus getragen wurde, konnte die dabei aufkommende Vorfreude nach dem Heimsieg am vorvergangenen Spieltag leider wie so oft in dieser Saison nur wieder enttäuscht werden. Und dieses Mal vollkommen zu Recht.

Die Fans protestieren

Als man diesen Samstag, den 1. Dezember, seinen Platz im Stadion einnehmen wollte, war dieser zunächst mit einem Flyer versperrt. Die Fangruppierungen riefen mit diesem zu einem gemeinsamen Protest in der ersten Halbzeit auf – nicht gegen Martin Kind, sondern gegen die Ansetzung von Spielen an Montagabenden und die generelle Zerstückelung von Anstoßzeiten. Der Effekt dieses Protestes war vor allem mit dem Moment des Anpfiffes am deutlichsten zu spüren. Die Ultras beider Seiten skandierten ihre Gesänge gemischt mit den aufpeitschenden Songs aus den Lautsprechern. Als Schiedsrichter Dr. Felix Brych zu Beginn des Spiels in seine Pfeife blies, endete diese Klangkomposition abrupt, als ob der Tontechnikazubi aus Versehen auf den Ausschalter des Stadions gekommen sei.

„im Moment einfach nicht in der Lage, attraktiven Fußball zu spielen“

Was dem Spiel der Hannoveraner wahrscheinlich alles andere als gut tat, zeigte jedoch vor allem eines: die Stille in der ersten Hälfte des Spiels bewies die einheitliche Meinung aller Fanschichten gegen die starke Tendenz der Kommerzialisierung durch DFL und DFB.

Papierflieger gegen die Langeweile

Ob es die Ruhe auf den Rängen war, die die Spieler auf dem Platz irritierten oder beide Teams im Moment einfach nicht in der Lage sind, attraktiveren Fußball zu spielen sei dahingestellt. Das Spiel, das der neutrale oder auch der vereinszugeordnete Fan im Stadion zu sehen bekam, ließ an Unattraktivität wenig vermissen. Während Hertha BSC defensiv sehr geordnet und sicher stand, nach vorne hin aber lediglich drei bis vier kurze Aktionen in der ersten Spielhälfte zustande bekam, ließ Hannover 96 den Ball bei phasenweise mehrminütigem Ballbesitz zirkulieren. Leider hatten sie sich wohl die „Recken“ zu sehr zum Vorbild genommen und trauten sich nicht, den Ball – anstatt die ganze Zeit um – auch mal in den gegnerischen 16er zu schicken. In dieser Konstellation konnte man sich auf den Rängen am heutigen Tag geflissentlich um andere Dinge kümmern. Man lauschte in der Stille ohne Anstrengung den teils angeregten, teils sehr unterhaltsamen Gesprächen in seinem Block (bspw. vehemente Forderungen nach diversen roten Karten, um dem Spiel ein bisschen Pepp zu verleihen). Man beteiligte sich an den diversen Papierflieger-Wettkämpfen, die dank der Protest-Flyer zustandekommen konnten. Oder man jubelte in den kurzen Momenten, in denen der zwischenzeitliche Ausgleich von Bremen gegen Bayern und die Führung von Dortmund gegen Freiburg durchgesagt wurde.

Weltmeisterlich: Ballbesitz ohne Ertrag

Die Ballzirkulation Hannovers, die diesmal zumindest nicht so oft von Ballverlusten geprägt war, zeigte jedoch um so erschreckender, wie wenig Kreativität und auch – auf Grund der schwierigen Tabellensitutation – wie wenig Mut im Spiel der 96er herrscht. Noah-Joel Sarenren Bazee, Ihlas Bebou und zu Beginn auch Pirmin Schwegler wurden schmerzlich vermisst, um die Akzente in der Offensive setzen zu können. Niclas Füllkrug und Bobby Wood haben bei genauerem Hinsehen ein gar nicht so schlechtes Spiel gemacht, auch wenn ihnen kaum eine gefährliche Aktion gelungen war. Sie liefen die Herthaner bei gegnerischem Ballbesitz unnachgiebig an, machten eigene Bälle fest und verlängerten hohe Bälle in die Spitze. Sie wurden aber fast über die gesamte Spieldauer nicht mit entsprechenden Flanken oder kreativen Pässen bedient, sodass sich hätten aussichtsreichere Chance entwickeln können. Auch die Innenverteidigung spielte heute relativ solide mit einem deutlich aktiveren und selbstsichereren Kapitän Waldemar Anton. Hertha BSC genügte jedoch eine Ecke zwei Minuten vor der Halbzeit, um mit einem gut platzierten Kopfball durch Jordan Torunarigha in Führung zu gehen.

Hannover mit gestutzten Flügeln

Auch der brasilianische Nationalspieler Walace machte wieder ein sehr engagiertes und ballsicheres Spiel im defensiven Mittelfeld der 96er. Aber ihm fehlte wie den übrigen zehn Akteuren auf dem Platz die nötige Kreativität und der Mut, um für Berlin gefährliche Situationen in die Wege zu leiten. Gegenüber den bereits genannten Mannschaftsteilen zeigten sich zwei weitere, die am heutigen Tage jedoch als deutlich zu schwach, undurchsetzungsfähig und fehlerbehaftet agierten. Die Außenverteidiger und offensiven Flügelspieler. Julian Korb und Miiko Albornoz liefen viel, flankten ein bisschen und … das war’s eigentlich. Lediglich von Albornoz fand eine einzige Flanke im Spiel sein Ziel, sodass ein lockerer Kopfball von Füllkrug in die entspannten Arme von BSC-Torhüter Rune Jarstein tropfte. Die dribbelstarken „Flügelraketen“ Florent Muslija und Linton Maina waren zwar auf dem Platz zu sehen, aber „Präsenz“ bezeichnet einen anderen Zustand. Muslija sah man das Bemühen an, sich durch Dribblings in Szene zu setzen, doch dribbelte er häufiger zurück, als in Richtung des gegnerisches Tores. Maina hingegen scheint seit seinem Debüttreffer gegen Wolfsburg nicht mehr sicher, wie sein bislang „freches“, „unbefangenes“ Fußballspiel funktioniere – kaum ein Dribbling, Unsicherheiten im Passspiel, kaum Laufwege im Sprint in die Spitze.

Wechsel ohne Ertrag

In der zweiten Spielhälfte wurde es im Stadion nach schöner Choreografie der Nordkurve zwar wieder laut, aber bei weitem nicht schön. Das Spiel der 96er gestaltete sich nun zwar etwas offensiver, dabei aber kaum gefährlicher und in der Definsive logischerweise etwas offener. So erspielten sich die Herthaner eine um die andere Chance bis Großchance – jedoch meist nur im Ansatz, da auch Berlin ein alles andere als gutes Spiel zeigte. Aber auch ein schlechtes Spiel reicht zu einem Sieg, wenn der Gegner einen noch schlechteren Tag erwischt. Und dies traf voll und ganz auf Hannover 96 zu. Auch mit den Einwechslungen von Genki Haraguchi, Primin Schwegler und dem – jedes Mal wieder als Hoffnungsträger für die Wende in Sachen Toren angefeuerten – Hendrik Weydandt trat kaum Besserung auf. Letzterer hatte tatsächlich die größte Chance des Spiels auf dem Fuß, scheiterte jedoch alleinstehend vor Jarstein. Hertha BSC erzielte relativ simpel nach einer nach abgewährter Ecke unsortierten Hannoveraner Hintermannschaft den zweiten Treffer. Nach 94 Minuten erlöste Dr. Felix Brych die Fans im Stadion von einem auf beiden Seiten uninspirierten Auftritt, sodass sich die Fans den unerfüllten Wunsch nach einem attraktiven Spiel lautstark von der Seele pfeifen konnten. Als Nächstes geht es in der kommenden Woche nach Mainz – eine Reise für dringend benötigte drei Punkte, wobei man als Fan von Hannover schon mit einem Punkt glückselig wäre.

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