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Eklat im Wunstorfer Stadtrat: Anspielung auf Kosten des nun fraktionslosen FDP-Ratsherren

24.02.2023 • Redaktion • Aufrufe: 1803

Gerade erst ohne eigenes Zutun fraktionslos geworden, bekommt FDP-Ratsherr Klaus-Jürgen Maurer das aus der SPD unter die Nase gerieben. Die Grünen werfen dem SPD-Fraktionschef daraufhin ein Treten unter die Gürtellinie vor.

24.02.2023
Redaktion
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Altes Wahlplakat für Klaus-Jürgen Maurer (Archiv)

Wunstorf (red). Die FDP-Fraktion im Wunstorfer Stadtrat gibt es nicht mehr: Kerstin Obladen hatte mit ihrem Parteiaustritt vergangene Woche das Ende der Fraktion herbeigeführt. Mit dem Vorwurf mangelnder Unterstützung war aufseiten von Rats- und ehemaligem Parteikollegen Klaus-Jürgen Maurer damit das Vertrauen zerstört, eine Fortsetzung der Zusammenarbeit als Fraktion unmöglich geworden. Die FDP-Fraktion im Stadtrat hatte nur aus zwei Mitgliedern bestanden, dem Fraktionsminimum auf Kommunalebene. Als Einzelperson kann kein Fraktionsstatus erlangt werden.

Maurer dankt Ratskollegen

Auf der Ratssitzung am vergangenen Mittwoch saß Maurer damit nur noch als einfacher Ratsherr, ohne Fraktionsstatus. Besonders schmerzlich: In derselben Sitzung wurden auch sogleich die Ausschusssitze neu verteilt, die Maurer nun nicht mehr wahrnehmen kann.

Denn mit dem verlorenen Fraktionsstatus entgeht der FDP nicht nur finanzielle Zuwendung, sondern sie verliert auch das sogenannte Grundmandat: Das Recht, auch ohne entsprechende Stimmenanteile in wichtigen Ausschüssen vertreten zu sein, entfällt. Maurer kann nun nur noch einem Ausschuss angehören – und entschied sich für den Bauausschuss. Zuvor war die FDP zusätzlich auch im Verwaltungsausschuss, im Sozial- sowie im Finanz- und Wirtschaftsausschuss vertreten gewesen.

Normalerweise werden Politiker zu Fraktionslosen, wenn sie ihre Parteien verlassen. Bei Klaus-Jürgen Maurer im Wunstorfer Stadtrat ist das nun umgekehrt: Weil seine einzige Fraktionskollegin Partei und Fraktion verlassen hat und einen Nachrücker blockiert, ist nun auch der FDP-Kommunalpolitiker auf einmal fraktionslos.

Zugleich bedankte Maurer sich bei den Ratskollegen, im Verwaltungsausschuss nett aufgenommen worden zu sein. „Ich fand das sehr schön, schade, dass ich es nicht weiter kann“, sagte Maurer in Bezug auf das jetzt erzwungene Ausscheiden.

Entrüstung im Saal

Der Verlust des Fraktionsstatus wirkte sich schon am Mittwochabend auf die Ratsarbeit aus, allerdings auf unerwartete Weise: Als Maurer beim Tagesordnungspunkt Balkonsolaranlagen eine Änderung der Förderrichtlinien vorschlug und dazu einen neuen Antrag präsentierte, war das Erste, was er von SPD-Fraktionschef Martin Ehlerding zu hören bekam, keine inhaltliche Erwiderung. Stattdessen gab es die einleitende Bemerkung, dass die FDP zuletzt ja vor allem mit personellen Angelegenheiten auf sich aufmerksam gemacht habe.

Der Auslöser: Der FDP-Antrag im Stadtrat | Foto; Daniel Schneider

Es schien als flapsig-scherzhafte Bemerkung gemeint zu sein, verfehlte in der Situation jedoch jeglichen humoristischen Effekt. Was im politischen Schlagabtausch sonst wohl als Stichelei durchgegangen wäre, wirkte hier plötzlich wie ein Nachtreten in Richtung des Schwächeren. Die Gesichter vieler Ratsmitglieder erstarrten. Unter den Zuhörern herrschte Ungläubigkeit, ob Ehlerding das in diesem Moment wirklich so gesagt hatte. Entrüstung machte sich breit im Raum, die man so im Wunstorfer Stadtrat normalerweise nicht kennt.

unter der Gürtellinie

Anne Dalig (Grüne)

Maurers Anliegen war dabei alles andere als ein Versuch, neue Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: Maurer hatte deutlich Arbeit in den Antrag gesteckt und seine Linie bereits in zurückliegenden Sitzungen zum Thema vertreten. Der FDP-Ratsherr reagierte entsprechend abwehrend mit erhobenem Zeigefinger, und aus den Reihen der Grünen wurde Protest laut. Anne Dalig (Grüne) meldete sich zu Wort und forderte Ehlerding auf, dass er seine Worte besser überdenken solle. Im Rat solle es „kein Treten unter der Gürtellinie“ geben.

Als Änderungsantrag ging Maurers Vorhaben letztlich nicht durch, da es sich nicht auf die aktuelle Vorlage am Mittwoch, sondern auf künftige Fördermaßnahmen bezog. Bei der anschließenden Abstimmung über die Minisolaranlagenförderung war Maurers Hand die einzige, die sich dagegen erhob. Der übrige Rat stimmte für die Förderung in ihrer jetzigen Fassung.

Obladen bleibt beim Vorwurf mangelnder FDP-Unterstützung

Kerstin Obladen (parteilos) hält unterdessen an ihren Plänen fest, ihre Mandate im Ortsrat Steinhude und im Stadtrat Wunstorf nicht zurückzugeben. Die FDP kann somit keine Nachrücker vorschlagen – und somit keine neue Fraktion bilden. Obladen begründet das folgendermaßen: „Da mir die politische Arbeit Spaß macht und ich durch die erhaltenen persönlichen Stimmen einen Auftrag sehe, werde ich diesen Weg auch bis zum Ende gehen.“ Sie wolle und werde sich weiterhin kritisch mit den nachstehenden Themen auseinandersetzen, „leider fehlte mir innerhalb der Partei meines Erachtens die erforderliche Unterstützung.“ Einen Eintritt in eine andere Partei hält sich die Steinhuderin weiterhin offen, will zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keine Entscheidung treffen.

Als Nachrücker für aus dem Rat ausgeschiedene Mandatsträger können Parteien die bei der zurückliegenden Wahl gewählten Personen benennen, die es wegen zu geringem Stimmenanteil nicht in den Stadtrat geschafft haben. Das soll die Funktionsfähigkeit des Stadtrates sicherstellen, ohne dass Neuwahlen erforderlich werden. Nach Klaus-Jürgen Maurer und Kerstin Obladen die meisten Stimmen aufseiten der FDP hatte Jelger Tosch erhalten.

Weitere Kritik an Obladen

Kein Verständnis dafür hat nicht nur die FDP, die Obladen zur Rückgabe ihrer Mandate aufgefordert hat, auch aus anderen Parteien gibt es deutliche Kritik, beispielsweise unter den Sozialdemokraten: Daniela Helbsing (SPD), wie Obladen erst seit der aktuellen Ratsperiode im Stadtrat vertreten und damit wie diese neu in der Kommunalpolitik, kann das Vorgehen ihrer Ratskollegin nicht nachvollziehen: Die Arbeit der FDP nun derart zu blockieren, empfindet Helbsing als „unmöglich“: Natürlich erfordere die Mandatsausübung Zeit, und als „Newcomer“ sei es mitunter schwierig, sich im Politikbetrieb zurechtzufinden – doch statt die Ratsarbeit zu beeinträchtigen, sollte man in so einem Fall dann auch so konsequent sein, die Mandate zurückzugeben, wenn die Zeit fehle, so Helbsing im Gespräch mit der Auepost. Obladen selbst nahm am Mittwoch aus persönlichen Gründen nicht an der Ratssitzung teil.

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Kommentare


  • Wolfgang Stemme sagt:

    Vielen Dank! Der Ampel gehen langsam die Lichter aus.

  • Wunni sagt:

    Ist ja wie im Schmierentheater. Diesmal: Egoismus pur und Tritte unter die Gürtellinie.

  • Elke sagt:

    Frau Obladen sagt: „Da mir die politische Arbeit Spaß macht und ich durch die erhaltenen persönlichen Stimmen einen Auftrag sehe, werde ich diesen Weg auch bis zum Ende gehen.“
    Sie hat doch aber erst vor kurzem gesagt, dass sie gar keine Zeit hat und erstmal studieren wird?
    Will sie nun dem Rat angehören, weiterhin eine finanzielle Entschädigung dafür erhalten oder hat sie keine Zeit und absolviert erstmal ein Studium?

    • Kerstin Obladen sagt:

      Liebe Elke, ich werde mich für die nächsten 5 Monate nicht nur aufgrund meines Studiums zurückziehen , sondern aufgrund Personalmangels in meinem Büro werde ich mich erst neu orientieren müssen. Ich habe auch eine Verantwortung in meinem Beruf und das war im vorletzten Jahr nicht absehbar.

      Nehmen Ratskollegen an Sitzungen nicht teil, werden keine Entschädigungen gezahlt.

      Zur Info: Der Druck, der intern auf mich ausgeübt wurde, war nur der letzte Tropfen auf dem heißen Stein.

      • Joachim Begerow sagt:

        Mit großer Verwunderung, sehr geehrte Frau Obladen, lese ich von Ihnen folgenden Satz:
        „Nehmen Ratskollegen an Sitzungen nicht teil, werden keine Entschädigungen gezahlt.“
        Ich empfehle dazu einen Blick in die auch Ihnen zugängliche und wohl auch durchaus bekannte „Satzung über die Entschädigung der Rats-, Ortsrats- und Ausschussmitglieder“ der Stadt Wunstorf, und zwar in die §§ 2 Absatz 3 Satz 1 und 8 Abs. 1 Satz 1. Dort finden Sie die Regelungen, dass Ihnen in Ihren Funktionen als Rats- bzw. Ortsratsmitglied pauschal 105 € (Rat) und 35 € (Ortsrat) monatlich zustehen, und zwar völlig unabhängig davon, ob Sie an Sitzungen der jeweiligen Gremien teilnehmen oder nicht. Lediglich die Zahlungen der Sitzungsgelder – wohlgemerkt „on top“! – werden nur bei Teilnahme an den jeweiligen Sitzungen gezahlt und entfallen somit im Falle des Fernbleibens.
        Aber wahrscheinlich handelt es sich für Sie bei 105 € bzw. 35 € monatlich um derartige „Peanuts“-Beträge, dass Sie deren Gutschrift auf Ihrem Konto gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen…
        Glauben Sie im Übrigen wirklich, dass diejenigen Wählerinnen und Wähler, die Ihnen ihre Stimmen bei der Kommunalwahl gegeben haben, Ihnen diese jetzt auch noch zukommen lassen würden angesichts Ihrer Priorisierungen? Die Gründe für Letzteres mögen a durchaus nachvollziehbar und berechtigt sein – allein: Dann wäre aber auch der Mandatsverzicht die einzig richtige Entscheidung im Sinne dieser Wählerinnen und Wähler, meine ich. Mit Verlaub: Ihre Argumentation erscheint mir scheinheilig!

        • Kerstin Obladen sagt:

          Sehr geehrter Herr Begerow, ich werde für den Zeitraum auf die Beträge der Stadtverwaltung verzichten. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche.

  • Birgit N. sagt:

    „Aber wahrscheinlich handelt es sich für Sie bei 105 € bzw. 35 € monatlich um derartige „Peanuts“-Beträge, dass Sie deren Gutschrift auf Ihrem Konto gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen“
    Wenn ich diese Zeilen lese, packt mich eine innerlihe Wut. Sieht man Beträge dieser Art zwecks „Beteiligung“ im Rat oder sonstwo in Relation mit den Summen, die heute Bedürftigen zur Verfügung stehen und die Notwendigkeit dieser Menschen, sich Essen zu beschaffen, oft ohne Hoffnung auf eine Möglichkeit zum bezahlbaren Wohnen, zieht die Frage nach demokratisch geprägter Gerichtigkeit wohl keine Leuchtstreifen in der Nacht nach sich. Und vom Prinzip Hoffnung wohl auch weit entfernt, egal ob Fraktion, Ratsherrlichkeit, Partei oder Ideologie der kommunal Herrschenden.

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