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Grüne lassen bisherige Koalition platzen: Mehrheitsgruppe wird nicht fortgesetzt

23.10.2021 • Redaktion • Aufrufe: 5900

Die Grünen haben einer weiteren Zusammenarbeit mit der SPD im Stadtrat eine Absage erteilt. Die Mehrheitsgruppe wird keine Fortsetzung in der neuen Wahlperiode finden. Die SPD braucht nun neue Mehrheiten.

23.10.2021
Redaktion
Aufrufe: 5900
Abstimmung im Stadtrat
Abstimmung im Stadtrat (Archivbild)

Wunstorf (red). Paukenschlag für die Mehrheiten im kommenden Wunstorfer Stadtrat: Wenn sich der neugewählte Rat am 10. November konstituiert, werden Grüne, SPD und FDP keine Koalition mehr bilden. Das haben die Grünen am Freitagabend publik gemacht.

Nach zögerlicher Aufnahme von Gesprächen zwischen den bisherigen Partnern im Stadtrat, den Grünen und der SPD, die gemeinsam mit der FDP die Mehrheitsgruppe gebildet hatten, hatte es mittlerweile drei Sondierungsgespräche zwischen Grün und Rot gegeben. Eine Zukunftsperspektive für diese Zusammenarbeit werde aber nicht mehr gesehen, teilten die Grünen mit. „Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, doch wir sehen bedauerlicherweise keine Alternative. Die SPD hier vor Ort ist nicht bereit, dem Klimaschutz die nötige Priorität zu geben, die wir für zwingend erforderlich halten“, sagte Sarah Sheikh-Rezai. „Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe und umfasst alle Bereiche der Verwaltung und des öffentlichen Lebens. Wir Grünen sind der Ansicht, dass wir ohne eine gemeinsame Gruppe mit der SPD dem wichtigen Thema Klimaschutz mehr Gewicht verleihen können“, führte die Vorsitzende aus.

Sarah Sheikh-Rezai
Grünen-Vorsitzende Sarah Sheikh-Rezai | Foto: Achim Süß

Co-Vorsitzender der Wunstorfer Grünen, Dustin Meschenmoser, ergänzte: „Bereits in der vergangenen Legislaturperiode konnten wir uns oft nur gegen großen Widerstand auf den kleinsten gemeinsamen Kompromiss einigen. Wunstorf muss deutlich mehr in Sachen Klimaschutz tun. Wir dachten, dass die verheerende Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands und der aktuelle Bericht des Weltklimarates ein Weckruf für alle demokratischen Parteien ist. Leider sehen wir da wenig Bewegung. Aus diesen Gründen stehen wir für ein Weiter-so nicht zur Verfügung.“

SPD sieht mangelnde Kompromissfähigkeit der Grünen

Die Wunstorfer SPD indessen sieht sich nicht als Auslöser für die Absage der weiteren Zusammenarbeit durch die Grünen. „Persönlich bedauere ich die Entscheidung der Grünen. Als SPD respektieren wir sie. Die Begründung können wir jedoch nicht nachvollziehen. Es gab keinen inhaltlichen Dissens bei Klimaschutzfragen. Die SPD wird lokale Klimaschutzpolitik in Wunstorf voranbringen. Diese Argumentation erstaunt uns deshalb doch sehr“, kommentierte SPD-Ortsvereinsvorsitzender Torben Klant die Entwicklung.

Nur einen formalen Konflikt habe es in der Frage der Behandlung von Fragen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung gegeben. Martin Ehlerding, SPD-Ratsfraktionsvorsitzender, berichtet: „Die Grünen fordern einen eigenständigen Klimaschutzausschuss. Bei der Frage nach der Abgrenzung der Zuständigkeiten, insbesondere zum Bau- und Umweltausschuss, konnten die Grünen aber keine plausible Formulierung vorlegen. Man kann aber Bauleitpläne und Klimaschutz nicht trennen. Im Hochbau sind auch die anderen Fachausschüsse zuständig und eine Trennung von einzelnen Maßnahmen in der Beratung führt nicht zu einem besseren Ergebnis. Am Ende muss die Ratsarbeit, die jetzt schon zeitaufwendig ist, für ehrenamtliche Ratsleute in ihrer Freizeit noch machbar sein.“

Martin Ehlerding
SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Ehlerding | Foto: privat

Ehlerding stellte klar, dass die SPD-Ratsfraktion die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung verstärkt in dieser Wahlperiode angehen werde: „Wir werden in Fortsetzung unserer bisherigen Arbeit für eine deutlichere Erkennbarkeit und damit für eine Stärkung in den Beratungen sorgen. Auch wird personell die Klimaschutzmanagerin gestärkt. Wir werden dafür sorgen, dass sie künftig an den Sitzungen des Bau- und Umweltausschusses als dauerhafte Vertretung der Verwaltung teilnimmt.“

Mehrheiten zum Gestalten gesucht

Die SPD habe Vorschläge gemacht, wie die Themen Klimaschutz und -anpassung ein stärkeres Gewicht bekommen könnten, so Ehlerding. „Wenn man keine absolute Mehrheit hat, muss man in der Politik Kompromisse eingehen, um zum Ziel zu kommen. Und die Kompromisslinie war deutlich. Wir, die SPD, wollen unsere Stadt gestalten. Unser Ziel bleibt deshalb eine stabile Mehrheit im Rat der Stadt und die Umsetzung inhaltlich guter Politik für Wunstorf. Hierfür werden wir weiter Sondierungsgespräche mit den Parteien führen, die unseren Gestaltungswillen teilen.“

Mehrheiten
Mögliche Mehrheiten im Wunstorfer Stadtrat: Nur „Jamaika“ und Rot-Schwarz würden die absolute Mehrheit (graue Kästchen) erreichen.

Für die SPD bedeutet dies nun eine komplett veränderte Situation: Grün und Rot hätten nach den Zuwächsen der Grünen eigentlich gemeinsam eine sogenannte komfortable Mehrheit gehabt im künftigen Stadtrat. Ohne Unterstützung der übrigen Parteien bleibt die SPD jedoch unterhalb der absoluten Mehrheit: Sie verfügt im neuen Stadtrat über 16 Sitze, die CDU über 13. Die CDU könnte mit FDP und AfD (jeweils 2 Sitze) die SPD bereits überstimmen, wenn sich die Grünen bei Abstimmungen enthielten. Auch ein gemeinsames Abstimmungsverhalten von Grünen und CDU könnte zu einem Patt führen.

Es würde daher in Wunstorf letztlich auf eine „große Koalition“ hinauslaufen, um eine stabile Mehrheit zu erreichen. Andernfalls müsste sich die SPD als stärkste Fraktion für ihre Projekte jeweils stets neue Mehrheiten suchen. Auch die Bildung einer „Minderheitsgruppe“ mit der FDP ist denkbar.

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Kommentare


  • Nickel sagt:

    Gottseidank ,die Grünen hätten das Volk noch mehr in den Ruin gebracht, dann sollen die SPD die AFD dazu nehmen

  • Stefan sagt:

    Nur zu verständlich, dass die Grünen nicht länger den Mehrheitsbeschaffer spielen wollen. Zu oft und zu groß war intern der Ärger.

    Das Prinzip der SPD in Wunstorf ist es die Ideen der anderen Parteien, selbst wenn sie gut sein sollten, entweder rigoros abzulehnen (das ewige Schicksal der CDU) oder aber als eigene Idee auszugeben (das Dilemma der Grünen). Wer möchte mit so einem Partner zusammenarbeiten?

    Bleibt zu hoffen, dass die CDU nun nicht den Lückenbüßer spielt und sich sonst gar nichts ändert.

    Im Sinne eines ehrlichen Wettbewerbs, bei dem nicht Taktik und Kalkül, sondern die besten Ideen gewinnenen sollten, wünsche ich mir für die nâchsten fünf Jahre, jede Fraktion möge für sich bleiben.

  • Homberti sagt:

    Wenn man sich Aussagen und Forderungen der „Grünen“ ansieht muss einem als Steuerzahler schon Angst und Bange werden. In was für einer Blase leben die eigentlich? Oder sind deren Hirne ideologisch so verbrannt daß nichts vernünftiges mehr rauskommen KANN?? Frage für einen Freund!

  • Dieter Bückmann sagt:

    Na ja, in Berlin haben manche Wahlbezirke schon mal eine Wahlbeteiligung von 150% und hier scheint das nicht zu funktionieren. Das ärgert natürlich und dann fängt man im Postengeschacher schon gern an, den „großen“ Partner zu erpressen. Weil, egal was kommt, am ende werden alle „Kröten“ geschluckt und man sieht nur noch grinsende hochalimentierte Politikfuzzy`s durch die Gegend fliegen.Das „tumbe Stimmvieh“ hat Rad zu fahren, die Strassen frei zu machen, damit diese durch verdummten Politruks schnell zum nächsten Flughafen – mit Porsche, Mercedes, BMW, Audi – kommen um durch die Welt zu jetten.

    Welcher normal denkende Unternehmer würde diese Leute in Führungspositionen einsetzen?

    Ach die GRÜNEN, viel Ahnung haben sie keine, aber keine Ahnung haben sie viel.

  • Steinhuder sagt:

    Vielen Dank an die Grünen, dass sie durch ihre Verweigerung den Weg für eine vernünftige Politik für Wunstorf frei gemacht haben.

  • Hans H. Hanebuth sagt:

    Wer das Programm der Grünen gelesen hat, braucht sich nicht über die Enrscheidung zu wundern. Viele, wenn nicht die meisten Wunstorfer sind wie die Mehrheit der Bundesbürger für Klima- und Umweltpolitik nach dem Grundsatz „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Man stelle sich nur die Reaktion vor, die eine Überlegung wie „Tempo 30 im gesamten Stadtgebiet“ auslösen würde. Kritik an der Nordumgehung, dem Stolz der Ratsmehrheit und des scheidenen Bürgermeisters, Sakrileg. Noch mehr Gewerbeflächen für Logistik, unsere Nachbargemeinden machen es, da müssen wir mithalten. Nun gut, wir radeln und Wunstorf ist fahrradfreundlich (steht am Rathaus), aber das wissen die meisten Autofahrer nicht. Genug, ich hoffe, dass die Grünen auch aus der Opposition gute Politik machen werden.
    Von einigen „Vorrednern/-schreibern“ hätte ich eine etwas sachlichere Kritik erwartet. Gut, das können sie mir vielleicht auch vorwerfen.

  • Steinhuder sagt:

    Wenn die Grünen etwas weniger hochmütig daher kommen würden, würden sie viele Ziele wesentlich leichter erreichen können.

    Denn der normale Hausverstand, den die meisten Menschen im Rahmen ihrer Sozialisation mitnehmen, sagt einem, dass Menschen, die man mitnehmen will, nicht belehrt werden möchten.

    Und nicht jeder kann es sich leisten, sein Tagwerk mit dem Lastenfahrrad zu erledigen.

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