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Ortsrat einig: Mit Stolpersteinen Erinnerung an NS-Opfer wachhalten

03.02.2023 • Achim Süß • Aufrufe: 939

Einstimmig hat der Ortsrat Wunstorf am Mittwochabend für die Verlegung von Stolpersteinen votiert. Damit hat die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung die erste Hürde genommen. Bis zu zehn Gedenktafeln sollen bis Ende des Jahres, spätestens 2024, im Pflaster platziert werden und an Wunstorfer Opfer des Nationalsozialismus erinnern.

03.02.2023
Achim Süß
Aufrufe: 939
Ortsrat Wunstorf spricht sich für Stolpersteine aus | Foto: Achim Süß

Wunstorf (as). Die Aussprache zur detaillierten Drucksache aus dem Rathaus war kurz, das Ergebnis eindeutig. Wie vorgeschlagen, sollen zunächst in der Innenstadt zwei Stolpersteine im Bereich vor der Stadtsparkasse und in der Langen Straße verlegt werden. Weitere sollen folgen. Das grundsätzliche Für und Wider der kleinen Gedenktafeln wurde am Mittwoch nicht erneut im Ortsrat diskutiert, anders als bei der ersten Beratung im vergangenen Jahr. Auch ein langes Protestschreiben der Münchner Fotografin Gabriella Meros vom Verein Respect & Remember an alle wichtigen Kommunalpolitiker der Stadt und an die Bürgermeister war kein Thema.

Falsche Art des Gedenkens?

Meros hat einen Bericht der Auepost zum Anlass genommen, sich in einer E-Mail mit einem siebenseitigen Positionspapier und diversen Anlagen gegen Stolpersteine zu wenden. Die jüdische Künstlerin appelliert an die Wunstorfer Entscheidungsträger, der Vorlage nicht zuzustimmen. Unter anderem schreibt sie in einer nahezu identischen E-Mail an die Redaktion der Auepost über die vielfach verlegten Metallplatten: „Sie befinden sich am Boden, dort wo gegangen, gefahren, verschüttet, mitunter gepinkelt und gespuckt oder Zigarettenkippen liegen und Kaugummis kleben. Für manche ist es zugleich der Ort, wo ihre Angehörigen gedemütigt, geprügelt oder totgetreten worden sind. Darum ist es für sie der falsche Ort, um zu gedenken.“

wo (…) Zigarettenkippen liegen und Kaugummis kleben

Für die SPD bekräftigte Sören Thoms Äußerungen von 2022: Die Stolpersteine sollten „nur der Anfang“ und nicht „das Einzige sein“. Die Erinnerung müsse in ganz Wunstorf an vielen Stellen wachgehalten werden. Seine Fraktionskollegin Kirsten Riedel wünscht sich vom Arbeitskreis Erinnerungskultur, Nachforschungen anzustellen, um außer jüdischen Opfern des Nationalsozialismus auch andere Gruppen ins Blickfeld zu rücken. Riedel: „In Wunstorf fehlen Erkenntnisse.“

Gedenktafeln dort, wo Opfer auch gelebt haben

Klaus-Jürgen Maurer von der FDP erinnerte an seinen Initiativantrag von 2022, in dem seine Fraktion mit der CDU die Beteiligung der weiterführenden Schulen an der Erinnerungsarbeit gefordert hatte. Maurer: „Wir müssen mehr tun in Richtung der jungen Menschen.“ CDU-Sprecherin Ulrike Hansing formulierte ihre Hoffnung, dass das Projekt von den Hauseigentümern ausreichend unterstützt werde, vor deren Grundstück die Stolpersteine platziert werden sollen. Lob für den Arbeitskreis Erinnerungskultur und dessen beharrlichen Einsatz sprachen Anne Dalig von der Grünen und Ortsbürgermeister Thomas Silbermann (SPD) aus. Dessen Eintreten für Gedenktafeln dort, wo Opfer „in der Gemeinschaft“ gelebt haben, sei richtig und wichtig.

Silbermann hatte die Ortsratssitzung in der Mensa der Gesamtschule mit einem kurzen Gedenken für den vor wenigen Tagen getöteten 14-jährigen Schüler eingeleitet. Nach dem vertraulichen Teil der Sitzung hatten die Ortsratsmitglieder die Möglichkeit, im Andachtsraum der Schule die Bilder, Briefe und Kärtchen zu betrachten, mit denen viele Dutzend Schülerinnen und Schüler Trauer und Bestürzung ausdrücken.

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Kommentare


  • Basti g. sagt:

    Haltet doch mal das Geld zusammen ! Fördert die Ausbildung von Erzieher/in das wäre wichtiger

    • Powerfrau sagt:

      Ja, ich habe gehört, dass in dem Kindergarten in der Barne mehr als eine Handvoll Mitarbeiter gegangen sind?
      Was ist da los?

  • G. Taro sagt:

    Beim Lesen des Artikels, möchte man der SPD-Frau Riedel erwidern: Nein, es fehlen in Wunstorf nicht die Erkenntnisse, es fehlt am politischen Willen, den Erkenntnissen Taten folgen zu lassen.

    Die Auseinandersetzung mit der wunstorfer NS-Vergangenheit scheint auch 90 Jahre nach der Machtergreifung der Nazis und nach beinahe 78 Jahre nach Kriegsende ein Thema zu sein, dem sich die Personen, die heute politisch Verantwortung tragen, nur ungern annehmen wollen.

    Noch bevor der erste Stolperstein in das Pflaster der „schönsten Innenstadt der Region“ verlegt ist, drückt man sich um eine klare, eindeutige Haltung. Und das schon seit wie vielen Jahren und wie vielen abgeschmetterten Anträgen?

    Wenn die Zeit des Nationalsozialismus (auch und insbesondere in Wunstorf) Teil des Unterrichts an den Schulen würde, wäre das zu begrüßen. Es kann aber nicht Aufgabe des Rates sein, hier Arbeitsaufträge an junge Menschen bzw. deren Schulen zu vergeben (welch’ Hybris, hier Einfluss auf Lehrpläne nehmen zu wollen). Die Bürgerschaft ist hier gefragt, und der Rat der Stadt sollte Initiativen, die sich um das Gedenken – sichtbar und an den Orten, wo jüdische Mitbürger unter uns gelebt haben – nicht behindern.

    Die Beschlussvorlage (Vorlage 40.2023/0003) der Verwaltung öffnet den Gegnern der Initiative Stolperstein eine Hintertür. Sie gibt vor, dass als grundsätzliche Voraussetzung für die Verlegung von Stolpersteinen in Wunstorf „die Zustimmung der betroffenen Haus und Grundstückseigentümer, vor deren Objekt Stolpersteine verlegt werden sollen“ vorliegen muss. Faktisch ein Vetorecht, das die Nutzung öffentlicher Fläche (!) einschränken will. Diese Restriktion darf nicht hingenommen werden. Wem gehört die Stadt?

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