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„Internetkaufhaus“ Wunstorf: Thementische sollen Weg zum Digitalportal für den Einzelhandel ebnen

05.07.2022 • Achim Süß • Aufrufe: 1948

In einer Ideen- und Denkwerkstatt sollen Geschäftsinhaber am 12. Juli gemeinsam mit Experten der Stadtverwaltung und der Agentur „dreizehn+vier“ ein Pilotprojekt auf den Weg bringen: eine Internet-Präsentation der vielfältigen Einzelhandelsangebote, verknüpft mit Tipps zu touristischen und kulturellen Pluspunkten der Stadt. Der bisherige Gedankenaustausch mit der Werbegemeinschaft und weiteren Händlern zeigt: Das Ziel eines digitales Kaufhauses oder digitalen Marktplatzes, wie vom Rat im Februar beschlossen, ist nicht leicht zu erreichen.

05.07.2022
Achim Süß
Aufrufe: 1948
Drei Männer, ein Ziel: (von links) Jan Weber, Stefan Schmädeke und Uwe Schwamm | Foto: Achim Süß

Wunstorf (as). So wünschenswert und wichtig die Stärkung der Handelsstruktur der Innenstadt ist, so kompliziert ist offenbar die Verwirklichung. „Den einen Weg gibt es nicht!“, sagt Stefan Schmädeke, Geschäftsführer von „dreizehn+vier“ beim Pressegespräch und wiederholt: „Es gibt keinen Königsweg!“ Seine hannoversche Agentur denkt laut Internetauftritt „Kommunikation im Kontext der Digitalisierung“ und entwickelt „den Digital Mindset“ in Unternehmen. „dreizehn+vier“ arbeitet unter anderen für VW, Conti, Varta oder MTU und hat in Wunstorf den Wettbewerb gewonnen, den die Stadt ausgeschrieben hatte, um sich Expertenrat zu sichern.

Sehr gut bis unsichtbar

Schmädeke erläutert gemeinsam mit dem städtischen Wirtschaftsförderer Uwe Schwamm und Jan Weber von der Werbegemeinschaft die Ausgangssituation in der Stadt und den konzeptionellen Ansatz seines Unternehmens. In einer ersten Gesprächsrunde seien ausgewählte Händler befragt worden. Das Ergebnis sei eindeutig, so Schmädeke: Jeder Unternehmer habe andere Anforderungen und Vorstellungen. Jeder gehe seinen eigenen Weg. Bei Schwamm klingt das so: Die Internetpräsenz der Innenstadt-Händler reiche von „sehr gut bis nicht zu finden“. Als sehr aktiv und effektiv heben beide die Firmen Kolossa und H.O.M.E. hervor. Diese Händler erreichten schon jetzt „unglaublich viele Kunden“, zum Teil mit täglich aktualisierten, personalisierten Posts.

Infos statt tatsächlicher Shopping-Plattform

Schmädeke strebt an, bestehende Angebote zu nutzen, eventuell zu verbessern und mit neuen zusammenzubringen. Kein „Verkaufsportal“ soll das Ziel sein, sondern eine Informationsplattform, die – breit gefächert über den Handel hinaus – zeige, was es in Wunstorf gibt. Der Experte: „Wir wollen das Angebot sichten und attraktiver machen.“ Die Voraussetzungen betrachten Schwamm und Schmädeke als gut: Die Innenstadt-Händler berichteten von vielen Kunden aus der Region, auch Hannoveranern, die in Wunstorf die Ruhe und die Parkflächen finden, die sie in ihrer Stadt vermissen. Der Einkauf in Wunstorf sei „quasi ein Geheimtipp“. Für alle hiesigen Händler gelte außerdem, dass sie eine „unglaublich starke Bindung“ an die Stadt hätten. Sie betrachteten die Kommune „als ihr Wunstorf“. Ein großer Teil des Einkaufs, so Schwamm, „läuft über persönliche Kontakte“ zwischen Kunden und Händlern.

„quasi ein Geheimtipp“

Schmädeke über die Wunstorfer Einkaufsmöglichkeiten

Es sei keineswegs nostalgisch, vor Ort einzukaufen, ist Schmädeke sicher. Die Atmosphäre sei entspannt. Trotzdem sei es „total wichtig“, den stationären Verkauf zu stärken. Er will in den weiteren Gesprächen unter anderem „Themenshopping“ vorschlagen. Eine zentrale Rolle falle bei allem der Werbegemeinschaft zu. Nur gemeinsam und „im ganz engen Schulterschluss“ (Schwamm) seien die Pläne umzusetzen.

Schwierige Plattformfindung

Jan Weber vertritt in der Pressekonferenz die Gemeinschaft der Wunstorfer Händler. Als renommierter Buch- und Büroartikelhändler in bester Lage ist er für die praktische Note zuständig. Sachte relativiert er Erwartungen. Der „Kaufhaus-Gedanke“ sei sehr komplex, sagt Weber, neuerdings auch stellvertretender Vorsitzender der Werbegemeinschaft. Er arbeite mit 30 Lieferanten zusammen. Jeder operiere nach eigenen Vorgaben und Vorstellungen. Das sei kaum „unter einen Hut zu bringen“. Ihm sei es nicht gelungen, eine Plattform zu finden, die für sein Geschäft passe. So viele Artikel von so vielen Lieferfirmen wie bei ihm seien nur mit allergrößtem Aufwand zu verbinden. Einem riesigen Unternehmen wie Amazon mit großer Erfahrung und bedeutender Finanzkraft gelinge das. Vergleichbares für Wunstorf zu entwickeln, sei „unfassbar“ viel Arbeit und verlange zentrale Steuerung. Andernfalls gebe es eine „fürchterliche Bauchlandung“.

Um das zu verhindern, sollen viele Gespräche Klarheit schaffen – nicht „am grünen Tisch“. Schritt für Schritt soll das Pilotprojekt gemeinsam auf die Beine gestellt werden. Weber, Schwamm und Schmädeke hoffen auf große Resonanz, um bis zum Herbst Ergebnisse zu erzielen. Nächster wichtiger Termin: Beim großen Workshop am 12. Juli 2022 sollen von 16.30 Uhr drei Stunden lang Arbeitsgruppen an „Thementischen“ Ideen sammeln und Verlinkungen prüfen. Die Beratungen werden zum Teil von Wunstorfer Händlern vorbereitet: Für zwei Tische sind Kolossa und H.O.M.E. zuständig.

Die städtischen Gremien haben Anfang des Jahres eine Initiative der Wirtschaftsförderung auf den Weg gebracht, die unter dem Stichwort Digitales Innenstadt-Kaufhaus präsentiert worden ist. Zunächst auf die Innenstadt konzentriert, soll im ersten Schritt „der richtige Weg zwischen Online-Branchenbüchern und gestylten Hightechlösungen gefunden werden“. Das Ziel: Kundinnen und Kunden sollen sich „komfortabel informieren und Onlinekäufe in der Innenstadt“ erledigen können. So viele Handelsbetriebe wie möglich sollen mit ihren höchst unterschiedlichen Warenwirtschaftssystemen in das Angebot integriert werden. Informationen zu „Kultur, Gastronomie, Veranstaltungen, Markt und Begegnung“ sollen die ganze Bandbreite der Innenstadt abbilden. Die Beschlussvorlage aus dem Rathaus liefert auch eine Analyse: Die Innenstadt werde geprägt von einem „bislang guten Branchenmix aus inhabergeführten Einzelhandelsbetrieben und Filialunternehmen“. Der Trend zu Einkäufen über das Internet sei längst spürbar gewesen, habe sich aber wegen der Corona-Pandemie und der Lockdowns weiter verstärkt. Deutliche Umsatzrückgänge im Innenstadthandel seien die Folge. Um langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, muss die Digitalisierung des Warenangebotes in der Innenstadt nach Ansicht der Wirtschaftsförderer und der Stadtspitze vorangetrieben werden: „Auch kleine, stationäre Handelsbetriebe müssen ihr Online-Angebot erweitern.“ Die Bandbreite der Möglichkeiten reiche vom Aufbau einer lokalen Lösung über erprobte Formate wie Atalanda oder Locamo bis hin zu bekannten Onlineriesen, die mit Ebay-City oder Amazon Market Place auch den lokalen Handel stärker präsentieren wollen. Die Stadtverwaltung rechnet bisher mit Kosten von 30.000 Euro für Konzepterstellung, Beratung und Umsetzung.
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Kommentare


  • Lydia Bertani sagt:

    Mein erster Gedanke: Wenn man glaubt, diesen Weg gehen zu müssen, wird man sehr wahrscheinlich auch von Amazon gefressen.
    Wenn man zudem nur in Info investiert, wird es den „Brinkmann-Effekt“ haben: man informiert sich kostenlos, lässt sich beraten und gekauft wird dann bei Saturn…das hat damals Brinkmann umgebracht….
    Mehrheitlich informieren sich die Kunden doch heute schon im Internet über das Produkt. Welche Informationslücke gilt es daher zu schließen?

    Was m.E. wirklich die Menschen in die Geschäfte brächte: Gesponserte Eisbuden und Bratwurst-Stände in Kombination mit verfügbaren kostenlosen Parkmöglichkeiten und Event-Angebote für Alt & Jung…..dann kommen die Leute und entdecken dann auch die Geschäfte neu…aber wird das den „Grünen“ gefallen, wenn die Menschen mit dem Auto kommen und dann sogar eine Bratwurst essen? Wohl kaum, aber denen gilt es ja zu gehorchen. Man stelle sich die Menschenmassen vor, die zukünftig ungewaschen durch Wunstorf müffeln….

    • Anne Dalig sagt:

      Liebe Frau Bertani,
      tatsächlich wurde die Idee der Weiterentwicklung mit Online-Angeboten bereits vor etlichen Monaten mit der Werbegemeinschaft und den Grünen besprochen, wir begrüßen dieses Angebot der Wunstorfer Gewerbetreibenden ausdrücklich.
      Auf ihre Idee mit Angeboten zu locken, damit die Menschen dann in der Innenstadt kaufen, möchte ich mit den Worten unseres Wirtschaftsministers antworten:
      Und wenn jemand sagt, „ich helfe nur, wenn ich nochmal 50 Euro krieg“, würde ich sagen:“ Die kriegst du nicht, Alter“. – Robert Habeck (24. 06. 2022)
      Es kann doch nicht sein, dass es erst etwas geben muss, damit Menschen etwas tun. Für „Bratwurst und weitere kostenlose Angebote“ bedarf es auch immer Personal und Geld, um es anzubieten. Da macht die Werbegemeinschaft in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung sehr vieles, wie die vielen Feste in der Innenstadt übers Jahr verteilt zeigen.
      Also gern mal dem Neuen eine Chance geben und positiv gegenüberstehen. Ja, früher war vieles anders, aber war es auch besser?

      • Lydia Bertani sagt:

        Na, dann beglückwünsche ich die, die so ein Werbeportal kostenlos bereitgestellt & gepflegt bekommen.

        Anstatt Leuten Wunstorf attraktiv zu machen, nimmt man z.B. am Alten Markt eben Parkgebühren, die man dann in so ein Portal steckt, das die Leute final ins Internet abzieht…

        Das klingt nach einem Plan!

      • Lydia Bertani sagt:

        Ergänzend:
        Das Personal für die Bratwurst wie das Eis ist bereits in Form der aktuellen Anbieter vorhanden. Man muss nur trivial etwas subventionieren, um es attraktiver zu machen. Wenn sich herumspricht, dass man in Wunstorf für bspw. €1,50 eine Bartwurst essen gehen kann, kommen die Leute von ganz alleine.
        Stattdessen werden aber Parkplatzgebühren und hohe Marktstand-Gebühren eingestrichen, was die Markt-Produkte selbst zwingend preislich unattraktiver macht. Auch ein Magnet, den man so schwächt.
        In meinen Augen ein klassischer Zielerreichungskonflikt, da man den Zuspruch der Innenstadt fördern will, mit dem Abgreifen von Gebühren dieses Ziel aber selbst nicht unwesentlich torpediert.
        Wenn man dann auch noch die potentiellen Kunden ins Internet lockt, muss man sich nicht wundern, dass sie dort auch gleich bleiben….
        Aber vielleicht ist das Ganze ja auch eine Art Lockdown-Vorbereitung für den kommenden Herbst. Das werden viele Geschäfte aber nicht mehr überleben, da ja auch kein Verkauf über dieses kostenlose, sich selbst pflegende Portal angemacht ist.

  • Lydia Bertani sagt:

    Ergänzend:
    Wer die Zielgruppe „Wunstorfer Einzelhandel“ erst einmal ins Internet lockt, ist sie dann auch los, denn einem dort spontan folgendem Preisvergleich werden die meisten Händler, die eine Kombination aus Verfügbarkeit, Beratung und Service anbieten, die deren leicht höheren Preis rechtfertigen, kaum standhalten.
    Der Internet-Kunde bestellt dann dort, wo er kein Porto bezahlt, 14tägiges, bedingungsloses Rückgaberecht und einen Preisvorteil von u.U. nur einem Euro hat.
    Aber vielleicht ist das ja das wirkliche Ziel der Aktion? Wer weiss das schon?

    Aber: Wo ist eigentlich die City-Managerin geblieben? Ist die nur für Kosmetik zuständig? Mich wundert, dass die hier nicht involviert ist. Wenn doch alle wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen eitel Alleingänge machen, sehe ich die Effizienz stark gefährdet.
    https://www.auepost.de/politik-wirtschaft/wirtschaft/wunstorfs-citymanagerin-hat-die-arbeit-aufgenommen-59145/

  • Anonymous sagt:

    Wer von den Geschäftsleuten hat unter der Woche um 16.30 Uhr dafür drei Stunden Zeit?

    Unglaublich, dass davon ausgegangen wird, dass anscheinend das Personal unbegrenzt verfügbar ist derzeit.

    Es ist der falsche Weg, Wunstorf mehr ins Internet zu bringe. Daran verdienen wieder nur diese Agentur Geld und die Stadt kann sich auf die Schulter klopfen lassen.

    Die Händler haben die Arbeit, müssen dafür bezahlen und es bringt vermutlich wieder nichts.

    Vielleicht eher die Parkplätze wieder kostenlos machen oder mit besseren Aktionen in die Stadt locken, das wäre viel sinnvoller!

    Ein hybrider Weg ist sicherlich nicht schlecht, aber nicht auf diese Art und Weise. Kleine Händler können das in dieser Zeit weder finanzieren, noch haben sie das Personal dazu.

    Der Wettbewerb untereinander ist derzeit viel zu groß und die Händler sollten lieber lernen sich erst einmal selbst gegenseitig das Leben nicht mehr so schwer zu machen und lieber gemeinsame Aktionen ins Leben zu rufen, als die Kunden noch mehr ins Internet locken.

    • Lydia Bertani sagt:

      Meine Meinung:
      Wer Laufkundschaft durch Parkgebühren fern hält, durch Standgebühren und fehlende Auflagen das Preisniveau des Marktes nach oben treibt, gleichzeitig die noch in die Innenstadt kommenden Menschen mit diesem abgepresstem Geld final ins Internet lockt, der ist entweder absolut naiv, hat sich keinerlei Gedanken über die Konsequenz gemacht, oder ist schlicht abgrundtief böse. Wenn dann auch noch so getan wird, als sei so ein Portal kostenlos und Falle vom Himmel, wird es umso klarer. Die Arbeitsleistung der Beteiligten, besser Betroffenen hat den Wert von annähernd Null, wie indirekt von „Groupies“ behauptet wird (unter €50). Für Waffen haben die „Grünen“ Milliarden, für Sinnvolles keine €50. Ist aber nicht nur auf diese WEF-Handpuppe beschränkt.
      Ein Phänomen, dass sich in sehr vielen Bereichen wiederfindet.

    • Lydia Bertani sagt:

      Noch aussagekräftiger:

      Wer das Problem mit der Ursache bekämpfen will, der würde auch schmerzfrei Feuer mit Benzin bekämpfen, um das mit „Also gern mal dem Neuen eine Chance geben und positiv gegenüberstehen“ verargumentiert.

      Das ist so prickelnd wie die Idee, auch mal im Sommer Schlittschuh laufen zu wollen, wenn kein Eis vorhanden ist.

  • Dieter Bückmann sagt:

    Politiker sind dazu da, um Probleme zu lösen, die es ohne Politiker gar nicht gäbe.

    • Lydia Bertani sagt:

      Das trifft den Nagel auf den Kopf!

      Demokratie ist, wenn man sich großzügig aussuchen darf, wer einen hinter die Fichte führt.

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