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Staatsminister hört sich Sorgen von Steinhuder Hotelbetreibern persönlich an

06.06.2021 • Achim Süß • Aufrufe: 1757

Merkels Mann geht an die Wurzel: Dr. Hendrik Hoppenstedt sah sich am Freitag bei Familie Lange in Steinhude um – die als frischgebackene Hotelbetreiber von staatlicher Corona-Unterstützung ausgeschlossen sind.

06.06.2021
Achim Süß
Aufrufe: 1757
Hoppenstedt besucht Kranenborgh
Staatsminister Hoppenstedt mit Michael, Laura und Tanja Lange (v. l.) | Foto: Achim Süß

Steinhude (as). Er kommt pünktlich. Groß und schlank. Wer ihn nicht kennt, hält ihn für einen Geschäftsmann, der sich in der Mittagspause einen Snack am Wasser gönnen möchte. Wer ihn kennt, wundert sich, dass einer der engsten Mitarbeiter von Angela Merkel in Berlin so unterwegs ist in Steinhude. Er schlendert in den Hof vom Hotel Kranenborgh – allein, ohne Mitarbeitertross. Keine Sicherheitsleute. Nur der Fahrer irgendwo. Er kommt, um ein Versprechen einzulösen und sich an der Wurzel mit einem Problem zu befassen: Hendrik Hoppenstedt (CDU), Staatsminister bei der Bundeskanzlerin, will von der Familie Lange wissen, wie ein junges Unternehmen durch die Krise kommt. Tanja Lange hatte ihm in einem Brief von ihren Sorgen und ihrem Unverständnis berichtet. Vor ein paar Tagen hat er sie angerufen.

Jetzt ist er dort, lässt sich von den Hotelbetreibern Haus und Biergarten zeigen. Die Langes haben seit 2019 viel Geld in die Hand genommen, um aus dem „Alten Winkel“, der in die Jahre gekommen war, ein kleines Hotel mit Außenbereich zu machen. Direkt am Wasser bieten sie dort Getränke, kleine Mahlzeiten und vor allem einen Blick aufs Meer, auf die „Undine“ und die Segler. Das Konzept hat sich vom ersten Tag an bewährt: Das Hotel war bestens gebucht, und der Biergarten ist zu einem neuen Anziehungspunkt im Ortskern geworden. Für Weihnachten und Silvester 2020 lagen feste Buchungen vor, das Haus war ausgelastet – alles storniert.

Fassungslosigkeit

Corona und diverse Sperren haben Tanja Lange und ihrem Team einen Strich durch die Rechnung gemacht. Im Juli 2020 eröffnet und unerwartet gut gestartet, kam im November die amtliche Schließung. Das neu gegründete Unternehmen hatte zwar die Auflagen zu erfüllen, konnte aber andererseits keines der Unterstützungsprogramme von Bund und Land nutzen. Start-ups waren und sind in den Förderrichtlinien nicht angemessen berücksichtigt. Die Langes waren „fassungslos“ und beschrieben Hoppenstedt im März ihre Situation und ihre Sorgen detailliert. Sie vermuten handwerkliche Fehler bei der Formulierung der Kriterien für Überbrückungshilfen und fühlen sich auch getäuscht: Ausschlussgründe für eine staatliche Hilfe seien in den Richtlinien nachgeschoben, aber nicht kommuniziert worden.

Junge Unternehmen würden aus dem Hilfsprogramm ausgeschlossen, kritisiert Tanja Lange. Obwohl das Kranenborgh als direkt betroffenes Unternehmen gelte. Das sei nicht fair und nicht verständlich. Ausgerechnet Neustarter würden gegenüber Wettbewerbern benachteiligt. Sie habe andere öffentliche Zusagen der Minister Altmeier und Scholz in Erinnerung. Die Familie führe das Hotel als „ordentliche Kaufleute“ und erwarte von der Politik die Einhaltung der Zusagen.

Missbrauchs- und Betrugsversuche sehr hoch

Ihr Brief hat offenbar Wirkung: Das Schreiben ist zwar an den Staatsminister gerichtet, aber nach Steinhude kommt der Bundestagsabgeodnete Hoppenstedt. Es ist sein Wahlkreis, und er will den Dingen nachgehen. Nach einem Termin in der Otto-Hahn-Schule, die sich auf eine neue Turnhalle freuen kann, möchte er das Unternehmen Kranenborgh in Augenschein nehmen und das lange Telefonat fortsetzen, das er schon mit der Hotelchefin geführt hat. Er ist angetan von dem, was er sieht und hört – und bittet um Verständnis: Die Richtlinien würden ununterbrochen angepasst und verbessert, im Wirtschaftsministerium arbeite eine ganze Abteilung nur daran und prüfe ständig Anpassungsmöglichkeiten und Verfeinerungen. Bei allem müsse behutsam agiert werden, die Zahl der Missbrauchs- und Betrugsversuche sei sehr hoch.

Hoppenstedt erklärt das alles in einer Atmosphäre gegenseitiger Entspanntheit. Der sonnige Platz am Wasser trägt dazu bei, das Wochenende zuhause in Burgwedel vor Augen tut ein Übriges. Die harten Fakten sind schon am Telefon ausgetauscht worden, und darüber schweigen beide. Den kleinen Imbiss möchte der freundliche Besucher aus dem Zentrum der Macht erst nicht annehmen, lässt sich schließlich aber überreden. Zwischen Aalhappen und Mineralwasser gibt Hoppenstedt zu erkennen, dass er die Situation der Langes erkannt hat. In seinem Büro häuften sich ähnliche Schreiben, und die Regierung werde entsprechend reagieren. Er fragt auch nach den Werdegängen der Kinder von Tanja und Michael Lange, die im Hotelbetrieb helfen, wo sie können.

Die Kanzlerin unterbricht

Die Unterhaltung lässt auch ganz kleine Einblicke in sein eigenes Leben zu. Hoppenstedt – Jurist und Neffe des früheren hannoverschen Landrats Carsten Hoppenstedt, Parteichef in der Region, Spitzenkandidat und zweifacher Familienvater – war einige Jahre Bürgermeister seines Heimatortes, kennt das Leben in kleinen Orten und die Sorgen der Menschen. Jetzt in Berlin ist er verantwortlich für die Koordination der Bund-Länder-Beziehungen und vertritt Helge Braun, den Chef des Kanzleramts: „Einer von uns beiden ist im Dienst.“

Hoppenstedt hinterlässt einen positiven Eindruck bei den Langes. Mehrfach danken sie ihm, dass er sich kümmert. Er freut sich über die Abwechslung vom Regierungsalltag. Der Mann sei offensichtlich am Boden geblieben, meint Michael Lange später. Das sei ja nicht bei allen der Fall, die wichtige Ämter haben. Wie sehr Hoppenstedt in Berlin Teil des engsten Kreises um die Kanzlerin ist, zeigt sich zweimal im Gespräch. Sein Handy klingelt. „Sorry“, sagt er, „die Chefin.“

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