Wie immer am Sonntag nach dem internationalen Frauentag am 8. März hatte Dorothea Diestelmeier, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wunstorf, zum Frauenempfang in die Abtei geladen. Und dabei auch die Ausstellung über „Frauen aus Wunstorf“ vorgestellt.
Eine davon ist Irmgard Ballauff. Geboren 1867 in Celle, besteht sie bereits mit 19 Jahren das Lehrerinnenseminar in Hannover. Danach geht sie als Erzieherin nach New York. Von dort aus bewirbt sie sich 1895 auf eine Stelle an der Wunstorfer Stadtschule. Wie sie davon wohl gehört hat? Ob es damals schon internationale Stellenanzeigen gab? Hat Wunstorf die Stelle in der New York Times ausgeschrieben? Vermutet wird allerdings, dass sie über ihren Vater davon erfuhr. Sie bekommt den Job und wird auf diese Weise die erste examinierte Lehrerin in Wunstorf.
Bereits ein Jahr später, also mit 29 Jahren, ist sie die Leiterin der gehobenen Abteilung. Was hieß es damals, Lehrerin zu sein? Sie musste ledig sein und bekam selbstverständlich weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen (das hat sich bis heute in einigen Branchen nicht geändert).
Lehrerin war oftmals der einzige Beruf, den Frauen ausüben durften. Erst ab 1908 hatten Frauen das Recht und die Möglichkeit, zu studieren. Allerdings nicht, damit Frauen sich selbst verwirklichten, sondern „der deutsche Mann nicht durch die geistige Kurzsichtigkeit und Engherzigkeit seiner Frau an dem häuslichen Herde gelangweilt“ werde. Frauen durften zu der Zeit auch nicht ohne männliche Begleitung ins Café oder Theater gehen. Schnell wurde ihnen nachgesagt, sie seien „liederliche Personen“, oder sogar Prostituierte.
Irmgard Ballauff empfand die Zurückweisungen als ungerecht und setzte sich stark für die Frauenrechte ein. Sie engagierte sich beim „Vaterländischen Frauenverein“ (Langform: Deutscher Frauenverein zur Pflege und Hilfe für Verwundete im Kriege), und später organisierte sie Informationsveranstaltungen zum Frauenwahlrecht. 1919 war sie die erste Frau im Wahlvorstand in Wunstorf.
1920, mit nur 53 Jahren, feiert Irmgard Ballauff ihr 25-jähriges Dienstjubiläum in Wunstorf. Sie wird für ihren „vorbildlichen Pflichteifer“ geehrt. 1931 ging sie als Konrektorin in den Ruhestand und engagierte sich im Tierschutz. Am 27. Januar 1952 verstarb die Kämpferin für die Rechte der Frau in Wunstorf.
Fragen kann ich Irmgard Ballauff leider nicht, wie sie Wunstorf buchstabieren würde – ich versuche es mal in ihrem Sinne …
W – Wahlheimat
U – Unterricht
N – Neues Bewusstsein
S – Stadtbürgerin mit Engagement
T – Tolle Frau
O – (dem) Ort verbunden
R – rechtschaffen und fleißig
F – Frauenwahlrecht
Schreibe einen Kommentar