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Der Sternenangler

23.08.2020 • Daniel Schneider • Aufrufe: 1300

Bei Minusgraden nachts in der Pampa sitzen – als Hobby. Das machen nicht viele, doch Andreas „Andy“ David tut genau das. Er zieht im Winter abends gegen 21 Uhr los und bleibt schon mal bis morgens um 6 Uhr draußen. Bewaffnet nur mit einer Thermoskanne Kaffee … und einer Kamera. Denn Andy ist Astrofotograf.

23.08.2020
Daniel Schneider
Aufrufe: 1300

Bei Minusgraden nachts in der Pampa sitzen – als Hobby. Das machen nicht viele, doch Andreas „Andy“ David tut genau das. Er zieht im Winter abends gegen 21 Uhr los und bleibt schon mal bis morgens um 6 Uhr draußen. Bewaffnet nur mit einer Thermoskanne Kaffee … und einer Kamera. Denn Andy ist Astrofotograf.

Andy David

Planet Wunstorf: Andy David als Tiny-Bild | Foto: Andy David

In den Wunstorfer Facebookgruppen fällt er öfters mit seinen eindrucksvollen Fotografien von Galaxien und weiten Landschaften unterm Sternenhimmel auf. Dort ist er unter seiner Marke „Anmada Photography“ bekannt. Das klingt bereits spacig und nach fernen Welten, doch es ist eigentlich nur ein Akronym, es sind die Anfangsbuchstaben seines vollen Namens: Andreas Max David.

Mit dem Rauchen aufgehört, mit dem Fotografieren angefangen

Der gebürtige Wunstorfer kam durch einen Kollegen zum professionellen Fotografieren: Der war begeistert von seinen Handyfotos und dem guten Auge für Motive. „Kauf dir doch endlich mal ’ne Kamera“, sagte der, und das war der Anfang vor nunmehr sieben Jahren. Als Nebeneffekt hörte Andy dann auch noch mit dem Rauchen auf, um Geld zu sparen. Seine erste Spiegelreflexkamera war die Canon EOS 1100D, inzwischen fotografiert er auch ausstattungsmäßig ein paar Klassen höher. Was seine Ausrüstung gekostet hat, will er gar nicht sagen, die Summe liegt im deutlich vierstelligen Bereich. Allein das neueste Objektiv hat 1.000 Euro gekostet, die Kamera 2.000 Euro. Er benötigt lichtstarke Objektive.

Aber es bleibt trotzdem ein Hobby, abgesehen von gelegentlichen Auftragsarbeiten. Sein Geld verdient der 48-Jährige als Sachbearbeiter für Außenhandel und Zoll in Laatzen. Berühmt ist er trotzdem. Eines seiner Bilder war schon auf der Titelseite der HAZ, und auch eine Zeitung in den USA hat ihn gebucht. Inzwischen lebt Andy fast direkt am Deister, in Barsinghausen. Er ist der Liebe wegen hingezogen. Doch seine Eltern leben weiter in der Auestadt, und hierher kommt er auch weiterhin zum Fotografieren. Wunstorf, Barsinghausen, Auetal, Calenberger Land. „Landschaft ist mein Ding“, habe er schnell gemerkt, und darüber kam er auch sehr rasch zur Astrofotografie. Viele wüssten gar nicht, was es in ihrer Region alles zu sehen gebe. Diese Schönheit den Menschen zu zeigen, das Teilen der Freude, ist sein Antrieb. Aber auch Feedback ist ihm wichtig. Einige Tausend Astrofotos fertigt er pro Jahr, zwischen 50 und 100 davon präsentiert er der Öffentlichkeit. Bislang jedoch nur online, eine Vernissage konnte er noch nicht ausrichten. Das wäre ein Traum, sagt er. Er ist aber auch Perfektionist und löscht regelmäßig Fotos, die ihm nicht mehr gefallen.

Wenn die Leute sagen, das ist ein supergeiles Bild, dann tut das gut Andy

Neben Astrofotografie macht er gerne Panoramen, Landschaften. Ein Faible sind dabei „Tiny Worlds“, auf eine Globusform geschrumpfte 360-Grad-Panoramen. Diese entstehen aus vielen Einzelbildern, die mit Stativ aufgenommen wurden und dann mit Spezialsoftware zusammengesetzt werden. An einer einzelnen Tiny Wold arbeitet er schon einmal ein paar Stunden. An seinen Sternenfotografien ist hingegen nichts getrickst, aber auch sie werden natürlich mit Photoshop nachbearbeitet. Als Fachmann würde er sich nicht bezeichnen, aber er hat großes Wissen angehäuft über Sternenbilder und Tierkreiszeichen. Er lernt sie auswendig, indem er sie selbst am Rechner nachzeichnet. Denn im Einsatz ist es dann hilfreich, wenn man weiß, in welchem Sternbild gerade welcher astronomische Nebel zu fotografieren ist.

Fotos von 2,5 Millionen Lichtjahre entfernten Sternen

Einfach mit Teleobjektiv in den Himmel fotografieren, damit ist es nicht getan. Bei seinen ersten Versuchen habe er es mit der Fotografenregel „f8 bei Nacht“ versucht – und war tierisch enttäuscht, dass es nicht funktionierte, erzählt er heute amüsiert. Da sich die Erde während des Fotografierens weiterdreht, muss die Rotation mit einer Nachführung ausgeglichen werden. Sonst sieht man bei Langzeitbelichtungen nur noch Striche auf dem Bild. Eine Kameramontierung mit Motor ermöglicht erst die Aufnahmen entfernter Welten. 6–7 Minuten Belichtung werden so möglich. Die am weitesten entfernte Galaxie, die Andy ablichten kann, ist Andromeda – 2,5 Millionen Lichtjahre weit weg von der Erde. Sein derzeit eigenes Lieblingsmotiv liegt aber viel näher: es sind die Pfähle der abgebauten Stege im Steinhuder Meer.

Der Reiz ist, das Unsichtbare sichtbar zu machenAndy

Am meisten Spaß macht ihm an der Sache, draußen in der Natur zu sein. Sobald es dunkle Nacht und die Sonne völlig verschwunden ist, kann es losgehen mit der Astrofotografie. Wirklich dunkle Fotos gelingen jedoch nur im Winter – oder weiter im Süden. Denn in den Sommermonaten gibt es in unseren Breitengraden keine richtige astronomische Nacht. Wenn Andy am Steinhuder Meer Richtung Mardorf, nach Norden, fotografiert, dann ist es am Himmel auch in der Nacht nie wirklich dunkel. Die Fotos haben im Ergebnis dann immer einen leicht bläulichen Schimmer. Dafür gelingen im Sommer die Milchstraßenfotos am besten.

Wunstorf ist zu hell

Aber nicht nur auf den Breitengrad, auch auf den einzelnen Ort kommt es an. In Wunstorf selbst könne man nicht gut in den Nachthimmel fotografieren, erklärt Andy, „Wunstorf leuchtet wahnsinnig hell“. Die sogenannte Lichtverschmutzung – nach oben strahlendes Licht, Straßenbeleuchtung – sei zu stark. Diese wird in Bortle gemessen. Bortle 1 hat man nur auf dem Ozean oder im tiefsten Afrika, Bortle 8, die zweithöchste Einteilung, sieht man in Hannover – und dann keine Sterne mehr auf den Fotografien. Wunstorf leuchtet ca. mit einer 6. In Namibia würde Andy gern einmal fotografieren, dort gibt es sogar eine Farm, die auf Astrofotografen spezialisiert ist. Und in den Norden würde er gerne, nach Island, zum Nordlicht.

Im Winter kann man 8 bis 9 Stunden fotografieren – und das wird dann eben auch ausgenutzt. „Das macht der auch bei Minus 15 Grad“, sagt seine Frau Ela. Sie kann dem Hobby ihres Mannes wenig abgewinnen und findet es auch nicht entspannend. Für Andy David ist Astrofotografie aber tatsächlich ein wenig wie Angeln, nur mit Kamera statt Köder. Bereits das Losfahren in die Natur sei Entspannung pur, sagt er. Auf seine Frau, wenn sie ihn doch einmal begleitet, wirkt er hingegen ziemlich hektisch, wenn er auf der Suche nach den besten Motiven und Einstellungen ist.

Astrofotografen sind schon ein bisschen verrücktAndy

Normalerweise ist er aber mit Gleichgesinnten, anderen „Verrückten“ unterwegs. In der Kleingruppe bewegt man sich dann durch die Nacht. Die lose Vereinigung „Astrofotgrafen Raum Hannover“ zählt 120 Mitglieder. In dieser gibt er auch Workshops für Anfänger, die sich für die Astrofotografie interessieren – und zeigt, worauf es dabei ankommt, damit die Neulinge nicht die gleichen Anfängerfehler begehen wie er einst.

Nur selten ist er ganz allein auf Motivsuche. Doch einmal war er es in Nienstedt – und machte in der Wildnis prompt Bekanntschaft mit einer Wildschweinrotte, die ebenfalls Interesse an Astrofotografie, oder besser gesagt dem Astrofotografen, zeigte. Andy ließ Kamera und Equipment stehen und sprang ins Auto, bis die Gefahr weitergezogen war. Die Ausrüstung hat überlebt – und er auch.

Dieser Bericht erschien zuerst in Auepost #6 vom 03/2020

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