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Die beruhigende Kraft der Alpakas

30.03.2021 • Mirko Baschetti • Aufrufe: 2043

Der Funke sprang über in den österreichischen Bergen. Beim Urlaub in einer Blockhütte stieß Stefanie Pohler unvermittelt auf ein Gehege mit Alpakas. Die großen Knopfaugen der wolligen Andentiere hatten es der Großenheidornerin sofort angetan.

30.03.2021
Mirko Baschetti
Aufrufe: 2043

Der Funke sprang über in den österreichischen Bergen. Beim Urlaub in einer Blockhütte stieß Stefanie Pohler unvermittelt auf ein Gehege mit Alpakas. Die großen Knopfaugen der wolligen Andentiere hatten es der Großenheidornerin sofort angetan. Inzwischen hat sie selbst vier Wallache und bietet geführte Wandertouren mit den Tieren am Steinhuder Meer an. Das soll ihr Winterprogramm sein. Im Sommer organisiert sie Stehpaddel-Ausflüge.

Stefanie Pohler mit einem ihrer Alpakas

Stefanie Pohler mit einem ihrer Alpakas | Foto: Fotostudio Diersche

„Die wollte ich auch“, erzählt die 51-Jährige. Ihre Lieblingstiere seien eigentlich Giraffen: „Die haben auch so schöne Augen.“ Aber Alpakas kommen dem sehr nahe. „Jetzt hör auf!“, habe ihr Mann versucht, sie zu bremsen. Doch Stefanie Pohler hat recherchiert, sich in Chat-Gruppen angemeldet und sich Wissen angeeignet. Es ist zwar erlaubt, die Tiere „einfach so zu kaufen“, aber zur Haltung ist ein Sachkundekursus mit Prüfung in Theorie und Praxis vorgeschrieben. Die Tiere müssen beim Veterinäramt gemeldet werden, und ein Tierarzt muss bereit sein, die medizinische Versorgung sicherzustellen.

Alpakas stammen aus den Anden. Es sind seit sehr langer Zeit domestizierte, kamelartige Tiere, die vor allem wegen ihrer besonderen Wolle gehalten werden. Sie können bis zu 25 Jahre alt und nicht einzeln gehalten werden. Es sind Herdentiere mit besonders ruhigem Wesen. Stefanie Pohler beschreibt sie als scheu, manchmal auch als ängstlich. Ihre Fluchtschwelle sei eher niedrig, andererseits seien sie auch neugierig.

In Deutschland nimmt die Zahl der Halter in jüngster Vergangenheit zu. In den meisten Fällen ist es die wertvolle Wolle, die einmal im Jahr geerntet und gut vermarktet werden kann, die den Ausschlag für die Anschaffung der Tiere gibt. Dieses „Merchandising“, wie sie sagt, strebt auch Familie Pohler an. Im Vordergrund stehen aber geführte Wandertouren im Naturpark.

Solche Angebote gibt es schon in der Lüneburger Heide und an anderen Orten, und die Veranstalter machen sich dabei das ruhige und friedliche Wesen der Alpakas zunutze. Das will auch Stefanie Pohler: „Alpakas wirken sehr beruhigend.“ Deshalb werden sie auch in sogenannten tiergestützten Interventionstherapien eingesetzt.

Dafür müssen die Tiere allerdings vorbereitet werden, berichtet sie. „Die mögen es eigentlich gar nicht, angefasst zu werden.“ So ist für die Anlegung des kleinen Geschirrs Vertrautheit und viel Übung nötig. Die Pohlers investieren viel Zeit und Geld, um Stefanies „Passion“ mit Leben zu füllen. Der Sohn hat den Zaun an der „Ponderosa“, wie sie ihre Weide in Steinhude nennen, so gesetzt, dass die Alpakas neben den dort weidenden Pferden einen eigenen Bereich haben, und die Tochter hat den Internetauftritt gestaltet. Noch sei „alles im Werden“, aber jetzt schon sei klar, dass sie ihre Wandertouren nicht geschäftsmäßig anbieten will. „Ich sehe es als mein Hobby“, sagt sie, „und die anderen sollen ihren Spaß haben.“

Ich bin echt ein bisschen schräg

Sie sei „echt ein bisschen schräg“, räumt sie lachend ein. Vielleicht habe sie die Tiere auch nur für sich selbst angeschafft. Es sei wirklich beruhigend, mit den Tieren durch die Natur zu streifen. Wer sich darauf einlasse, spüre die wohltuende Energie, die zwischen Tier und Mensch fließe. Das sei genau der richtige Weg, sich zu entspannen. „Es geht um Ruhe, Ruhe, Ruhe.“ Die Alpakas sind eher langsam unterwegs, im Schlender-Tempo. Da sei kein Platz für die Hektik des Alltags, für Mobiltelefon und Digitalisierung. Mit den Alpakas „da fährst Du einfach runter“

Eine Stunde lang führt Stefanie Pohler ihre Gäste mit den Tieren durch die Landschaft, und zwar nur an Wochenenden. Einmal in der Woche bietet sie „meet and greet“ an, eine gute halbe Stunde, um die Tiere kennenzulernen und zu erfahren, welche Verhaltensregeln zu beachten sind: nicht gleich den Fotoapparat zücken, keine hektischen Bewegungen machen und nicht mit dem Regenschirm hantieren.

Stefanie Pohler ist sicher, dass sie ihre Vorstellungen verwirklichen kann. Sie sei ein positiver Mensch, und auch im Touristikbüro in Steinhude „der kreative Kopf“. Dort arbeitet sie stundenweise im Team um Willi Rehbock und kümmert sich um Erlebnispakete und Arrangements.

Ich muss raus in die Natur

Steinhude kennt sie wie ihre Westentasche. In Devese aufgewachsen, lebt sie seit 30 Jahren am Meer. Sie hat Bürokauffrau gelernt, hält es aber drinnen eigentlich kaum aus. „Ich muss raus, in die Natur. Mit meinem Pferd oder den Hunden.“

Auch ihr zweites Projekt hat mit Natur und Bewegung zu tun: Seit ein paar Jahren bietet sie Stehpaddeln an. Von einem Steg vor den Strandterrassen aus oder bei Windstärken von vier und mehr am Hagenburger Kanal schickt sie ihre Kunden aufs Wasser. Nicht ohne Einweisung und Belehrung. Anfangs wollte sie Gästeführungen auf dem Wasser anbieten – stehend auf dem Brett an den Sehenswürdigkeiten vorbeizupaddeln schien verlockend, ließ sich aber nicht verwirklichen.

Ein Schein wie beim Segeln ist für das Stand-up-Paddling nicht nötig, aber Stefanie Pohler musste sich erst einmal zur Rettungsschwimmerin ausbilden lassen. Auch dieses Projekt ist kein Geschäft: „Ich schule nur – zwischen Ende Mai und Mitte Oktober.“ Wer die Technik beherrscht, kann einfach losfahren. Pohler mahnt: „Aber man braucht eine gute Kondition. Man muss ab den Fußgelenken ausbalancieren, und das beansprucht alle Tiefenmuskeln.“ Schultern und Nacken seien besonders gefordert, weniger die Arme. Stehpaddeln ist für sie nicht nur ein Sport. Es sei fast ein bisschen Physiotherapie.

Fast jeder könne das Paddeln auf dem Brett lernen, auch Prothesenträger oder 80-Jährige. Beides hat sie schon erlebt – und noch nie so oft im Wasser gelegen wie beim Training mit einer Seniorin.

Interview: Mirko Baschetti
Text: Matteo B.

Dieser Text erschien zuerst in Auepost #15 (01/2021).

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