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Möbel für den Schulwald: IGS baut Klassenzimmer unter freiem Himmel

03.06.2022 • Daniel Schneider • Aufrufe: 1299

Der Schulwald von IGS und Otto-Hahn-Schule wird erst in einigen Jahren wie ein wirklicher Wald aussehen – im Moment ähnelt er einer wilden Wiese. Doch der Schein trügt …

03.06.2022
Daniel Schneider
Aufrufe: 1299
Geschafft: High five der Lehrkräfte Nicole Metzing und Tilman Heinicke | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds). Es ist ein richtiges Biotop geworden: Rebhühner, Seidenspinnerraupen, hohe Gräser und Blumen, bei denen sich Insekten wohlfühlen – der vor gut zwei Jahren gepflanzte gemeinsame Schulwald von IGS und Otto-Hahn-Schule in der Nachbarschaft des Hallenbadgeländes.

Es wird noch einige Jahre dauern, bis die gepflanzten Bäume groß genug geworden sind, um das Areal tatsächlich als richtigen Wald erscheinen zu lassen – doch schon jetzt ist es eine Idylle, in der sich die Schülerinnen und Schüler der beiden Schulen gern aufhalten. Diverse Trampelpfade durchziehen das Gelände und erinnern zwischen den hohen Gräsern fast ein wenig an ein Fortbewegen in einem Maislabyrinth.

Erste Sitzgruppe selbst gebaut

An der IGS sind die Besuche für die Jüngeren als AG organisiert, die älteren Jahrgänge bis hin zur 13. Klasse kommen z. B. etwa im Rahmen des regulären Biologieunterrichtes, berichtet Nicole Metzing, Sport- und Biologielehrerin an der IGS, die ebenso wie ihre Kollegin Dr. Dagmar Schlemm von der Otto-Hahn-Schule den Schulwald koordiniert und betreut.

Doch der Schulwald bietet sich auch an für „Synergieeffekte“ über die Fächergrenzen hinweg: Am Donnerstag rückten der Baubetriebshof und zwei Schulklassen der IGS zum Schulwald aus, um das zu installieren, was zuvor im Werkunterricht angefertigt worden war: Da noch eine Menge Paletten vorhanden waren, hatte Kunst- und AWT-Lehrer Tilman Heinicke mit den Schülern der Klassen 9b, 9d und 9e Tische und Sitzgelegenheiten gezimmert. Weitere sollen hinzukommen, um während der Besuche vor Ort auch einen Bereich zum Arbeiten zu haben – ein Labor unter freiem Himmel. Da die vorhandenen Bäume bis auf Weiteres als Schattenspender jedoch noch ausfallen, soll auch noch ein Sonnen- und Wetterschutz gebaut werden. Zuletzt hatte man bei Wolkenbrüchen im Hallenbad Zuflucht suchen müssen.

Spontane Polonäse im Schulwald | Foto: Daniel Schneider

Auch der Spaß kommt neben der „Schulwaldarbeit“ nicht zu kurz: Verstecken spielen kann man im Schulwald ebenso wie eine spontane Polonäse veranstalten, während man dem Klassenlehrer im Gänsemarsch durch das Dickicht hindurch zurück in die Zivilisation folgt.

Black Box am Wegesrand

Von außen ist das alles jedoch nicht erkennbar. Wer auf dem Asphaltweg zur Neubausiedlung vorbeiläuft, sieht nur eine eingezäunte Art Brache, die zu verwildern und sich selbst überlassen scheint. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall, die Schüler und Lehrer beschäftigen sich intensiv mit der Pflege, nur gemäht werden soll der Rasen aus ökologischen Gründen eben nicht. Verstärkt wird der Eindruck durch die noch kleinen Bäume – doch sie sind vorhanden. Allerdings auch nicht in Reihe gepflanzt, sondern als sogenannte Nesterpflanzung, wie es in einem Infoschreiben der Schulen heißt. Um auf Anwohner-Beschwerden zu reagieren, die den Wald noch nicht als solchen erkennen, klären die Schulen nun noch einmal entsprechend auf: Man arbeite mit der Stiftung Wald zusammen, und für den Schulwald gebe es bestimmte ökologische Bedingungen, die erfüllt werden müssten, so Schulleiterin Helga Radtke-Kreinest von der Otto-Hahn-Schule.

Schmetterlinge aus dem Schulwald: Seidenspinnerraupenknäuel | Foto: Daniel Schneider
In einem Jahrzehnt werden hier deutlich sichtbarer Bäume stehen | Foto: Daniel Schnedier

Die Nesterpflanzung sei eine ökologische Alternative zur traditionellen Reihenpflanzung. Hierfür wurden auf dem gesamten Grundstück etwa 150 Pflanzkreise ausgehoben und mit jeweils 20 bis 25 jungen Baumstecklingen bepflanzt. Die dicht zusammenstehenden Bäume sollen sich dadurch gegenseitig Schutz bieten: Konkurrenzvegetation wird verdrängt, es entsteht ein Selbstpflege-Mechanismus. Der Vorteil ist, dass in der Folge aufwändige Pflegemaßnahmen stark reduziert werden können.

Im „grünen Klassenzimmer“ können zahlreiche Themen wie biologische Vielfalt, Klimaschutz, Ökosysteme bzw. der Lebensraum Wald oder gesellschaftliche Funktionen des Waldes nachhaltig, angepasst an den Lehrplan und fächerübergreifend behandelt werden. Durch den direkten persönlichen Bezug der Schülerinnen und Schüler zu ihrem eigenen Wald erhält die schulische Umweltbildung einen besonderen Stellenwert, der durch die landesweite Netzwerkbildung aller teilnehmenden Schulen (über 60 Schulen in Niedersachsen haben einen Schulwald gepflanzt) noch gefördert wird. Aktuelle Aktionen rund um den Schulwald lassen sich auch auf den Webseiten der beiden Schulen nachlesen.

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Kommentare


  • Birgit sagt:

    Eine sehr gute Sache

    Wenn ich sehe, wie sich junge Menschen um Natur- und Tierschutz durch Eigeniniative Gedanken machend ein Paradies schaffen, freut es. Ein gutes Beispiel, wo sich mancher Gartenbesitzer ein Beispiel nehmen kann, der kaum über schrecklich akkurat und vogelwidrig gestutzte Hecken, Steinbeete und Unkaut-Ex besprühte Wege hinauskommt. Und wenn ich lese „Anwohner-Beschwerden“, dann packt mich wieder die Wut, die ich auf alle habe, bei denen ökologisches Denken noch immer nicht angekommen ist. Leute, was gibt Euch Euer gestutzter Garten eigentlich? Oder die Wege ohne „Unkraut“? Wie krank!
    Danke für den Artikel.

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