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Probealarm misslingt – Sirenen in Wunstorf immer noch zu alt

08.12.2022 • Daniel Schneider • Aufrufe: 2374

Wieder ein Reinfall. Wäre der Katastrophenfall in Wunstorf tatsächlich eingetreten – die Bevölkerung hätte nur in Teilen davon erfahren. Wir haben in der Fußgängerzone beobachtet, was um 11 Uhr geschah und wie die Wunstorfer auf den Probe-Katastrophenalarm reagierten.

08.12.2022
Daniel Schneider
Aufrufe: 2374
Probealarm in Wunstorf – deutlich hörbar bei den Handybesitzern am Marktplatz | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds). „Es ist wichtig, dass Menschen im Notfall unverzüglich gewarnt werden, damit sie sich schützen können“, hatte der Regionspräsident im Vorfeld des heutigen bundesweiten Probealarms gesagt. Um 11 Uhr war auch in der Region Hannover testweise Katastrophenalarm ausgelöst worden. Nimmt man das Ergebnis der Übung als Maßstab, dann scheinen die Menschen in Wunstorf jedenfalls nicht so wichtig zu sein. Was 2020 beim ersten Versuch geschah, wiederholte sich auch heute: die Sirenen blieben stumm. Einzig die Glocke im Stadtkirchturm läutete zuverlässig zur vollen Stunde.

Auf dem Stand von 1989

Die technische Situation hat sich in den vergangenen beiden Jahren nicht geändert, sagt Stadtsprecher Alexander Stockum auf Nachfrage der Auepost: Weiterhin sei es nicht möglich gewesen, die Sirenen im Stadtgebiet auf eine andere Alarmierungsart als den Feuerwehralarm umzustellen. Die Stadt hätte sich für Fördermittel beworben gehabt – Wunstorf sei von der Region Hannover jedoch nicht berücksichtigt worden, um die Sirenen zu modernisieren.

auf dem Stand Ende des Kalten Krieges

„Die Sirenen sind auf dem Stand des Endes des Kalten Krieges“, so Stockum. Die Leitstelle der Region kann damit die Feuerwehren alarmieren, eine anderweitige Verwendung ist jedoch nicht ohne Weiteres möglich. Heutige digitale Steuerungstechnik und historische Sirenen passen nicht mehr recht zusammen.

Es vibriert in der Stadt

Blieb noch die neue Alarmierungsform über das Cell-Broadcast-Verfahren, bei dem ein Alarm automatisch an alle Handys in Reichweite geschickt wird. Das funktionierte zumindest teilweise – allerdings mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen: Auf dem am Donnerstagvormittag noch spärlich besuchten Weihnachtsmarkt fingen vor allem bei den Schaustellern die Telefone an zu summen und zu lärmen. Der gleichmäßige Dauer-Alarmton mit dem für Cell-Broadcasting typischen Katastrophenalarm-Sound legte sich über den Marktplatz.

Zum ersten Mal in Deutschland: Das Alarm-Gebimmel während der Cell-Broadcast-Warnung wabert im Hintergrund durch die Fußgängerzone

Ein Passant scheint gar nicht mitzubekommen, dass das enervierende Geräusch aus der Tasche seiner Jogginghose dringt – und schlendert, nachdem er sich kurz irritiert umgesehen hat, seelenruhig samt Katastrophenalarm weiter durch die Lange Straße. Auch andere scheinen das Geräusch für einen fremden Klingelton zu halten und nicht vom eigenen Telefon kommend. Ein Mann schnauzt seine Frau an, den Lärm endlich abzustellen – die Gattin verteidigt sich: „Ich kann doch nichts dafür!“

Ich kann doch nichts dafür!

Am Kuhbrunnen entspinnt sich währenddessen unter einer Passantengruppe eine spontane Diskussion über die Quelle der Geräusche und das Für und Wider von Katastrophenalarmen auf Handys. Man begutachtet gegenseitig seine Telefone. Und dann ist der Spuk auch schon vorbei.

Meldung auf einem Handy mit Alarmstandort Wunstorf

Andere haben den Alarm überhaupt nicht aufs Handy bekommen – und dürften sich noch mehr gewundert haben, weshalb gleichzeitig im Umkreis die Telefone der anderen eine meist identische Melodie spielen. Mancher empfing den Alarm wiederum gleich zweimal auf dem Smartphone.

Neue Sirenen ab 2023

Wunstorf wird sich nun selbst um die Modernisierung seiner Sirenen kümmern: Von den insgesamt 37 vorhandenen Sirenen im Stadtgebiet seien nur 3 so modern, dass sie über die vorhandenen Steuergeräte umgerüstet werden könnten – bei den anderen 34 Modellen sei es kostengünstiger, gleich die gesamte Sirene zu ersetzen, heißt es vonseiten der Stadtverwaltung. Dafür sind in den kommenden vier Jahren insgesamt 485.000 Euro eingeplant. Allein für die Programmierung der Steuergeräte sind davon 205.000 Euro vorgesehen. Im Falle der drei moderneren Sirenentypen kommt man mit je 1.000 Euro für die Neuprogrammierung aus, erklärt der Stadtsprecher.

Viele Handys reagierten wie vorgesehen auf die Alarmauslösung

Sollte es im kommenden Jahr einen weiteren bundesweiten Probealarm geben, dann würde es in Wunstorf zumindest nicht mehr völlig still bleiben. Eine flächendeckende Alarmierung mit Sirenen wäre nach den aktuellen Plänen jedoch erst im Jahr 2026 erreicht. Bis dahin empfiehlt es sich, sein Handy-Betriebssystem auf dem neuesten Stand zu halten.

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Kommentare


  • Carolin sagt:

    Eigentlich habe ich in Wunstorf auch nicht erwartet dass ein Alarm über Sirenen funktionieren würde. Hier wird lieber darüber nachgedacht Geld für z.B. neue Bänke für die Fußgängerzone und ähnlichen Unsinn rauszuwerfen.

  • netzwerkertom@gmail.com sagt:

    Hauptsache es fließen Fördermittel für neue Sitzbänke.

  • SA sagt:

    Kann mich meinen Vorrednern nur anschließen!
    Bevölkerungswarnung… Quatsch.
    Die Welt braucht mehr Sitzbänke!

  • Basti g. sagt:

    Hauptsache wir haben eine fussgänger auebrücke für 700000€

  • Birgit N. sagt:

    Es ist traurig und eigentlich unverantwortlich, dass diese Art Warnung anscheinend nur Bürger erhalten, die ein Smartphone besitzen. Warum ist es nicht möglich, dass jedermann von dieser Art Probealarm erfährt und zwar akustisch durch die Luft? Ist der Schutz der Bevölkerung nicht hohes Gut?

    Würde der Ernstfall eintreten, wäre das Wissen um der einzelnen Tonfolgen einer Sirene wohl äußerst unbedarft. Warum gibt es also keinen Probealarm, den alle hören und alle verstehen?

    Wie soll dann, Bitteschön, es im Ernstfall aussehen? Der Eine hat Kenntnis, der Andere nicht?

    Es gibt keinen vernünftigen Grund, die Bürger in dieser Art und Weise quasi „Außen vor“ zu lassen.

    Oder wägt man sich in einer Sicherheit, wo das Glauben an den Ernstfall schmunzelnd abgetan wird?

  • Birgit N. sagt:

    Das Eintreten einer Katastrophe ist – wie spätestens seit den entsetzlichen Geschehnissen in der Ukraine – wohl begreifbar geworden und sollte nicht belanglos abgetan werden. Daher ist eine Ankündigung von Szenarien für alle unumgänglich – durch Signale, für alle hör- und erkennbar.

    Hinsichtlich Prävention wäre es wünschenswert, die Broschüre des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

    „Ratgeber für Notfallvorsorge und
    richtiges Handeln in Notsituationen“

    die Enblick gewährt in richtiges Handeln im Akutfall für jeden gut sichtbar an Points bereitzulegen.

    Ist das Szenario eingetreten, ist es für die Erstellung von Vorsorgemaßnahmen längst zu spät. Desalb ist präventives Vorgehen durchaus sinnvoll.

    Das Ganze zu relativieren oder Anwendung des „Sparens am falschen Eck“ würde sich als nicht klug erweisen.

  • Lydia Bertani sagt:

    „Probealarm misslingt – Sirenen in Wunstorf immer noch zu alt“

    Und ich hatte ja gehofft, dass ein Probealarm die Sirenen jünger macht. Ist doch eigentlich selbstverständlich! Warum hat das nicht geklappt?

  • Grit D. sagt:

    Es ist mir zwar Beruhigung, dass ich doch nicht ertaubte, weil ich bezüglich der Sirenen nur „das Schweigen im Walde“ vernehmen konnte, doch aus vielerlei Gründen sollten doch bitte auch unsere Sirenen künftig die gesamte Bevölkerung Wunstorfs und der näheren Umgebung über die unterschiedlichen Warntöne informieren.

    Spätestens seit Russlands Angriffskrieg auf die ukrainische Bevölkerung wird jedem hoffentlich klar geworden sein, dass die Friedenszeiten nicht auf immer und ewig garantiert sind und somit Gefahrensituationen nicht ausgeschlossen werden können.

    Ich persönlich halte es für angebrachter wie sinnvoller in die Reaktivierung der Warnmöglichkeiten über die Sirenen zu investieren als die nächsten Bänke für die Fußgängerzone aus dem „Stadtsäckel“ zu finanzieren.

    • Marc H. sagt:

      Die Banken sind nur zu einem sehr geringen Teil aus dem „Stadtsäckel“ finanziert worden – der größte Teil kam aus Fördermitteln bzw. einem Fördertopf den man auch nur für sowas wie Fußgängerzone und Bänke nehmen kann und da da gerade Bedarf bestand hatte sich die Stadt Wunstorf dafür beworben und den Zuschlag bekommen. Hätte die Stadt das Geld nicht dafür abgerufen, dann wäre es weg gewesen und woanders hingeflossen – und das Geld hätte auch für nichts anderes als die Bänke verwendet werden können.

  • Birgit N. sagt:

    Die Tatsache, dass anscheinend in keinem der Wunstorfer Ortsteile – man möge mich korrigieren, wenn es doch irgendwo einen Ton gab – der Probealarm ertönte, zeigt doch auch, wie es um Vorkehr zum Schutz der Bevölkerung beschaffen ist.

    Einfach nur traurig.

    Das Beste wäre wohl, man hätte direkte Verbindung zu Denjenigen, die im Ernstfall richtige Informationen erhalten, oder?

  • Sascha sagt:

    Es soll von meiner Seite nicht angedeutet werden, dass Sirenen überbewertet werden.

    Aber mir kommt es bisher an Hand der Reaktionen so vor, als ob wieder ein Sündenbock, hier also der öffentliche Dienst/ Stadt Wunstorf gesucht und gefunden wurde.

    Meine Gedanken dazu sind folgende:
    Ich kenne kaum Jemanden, der auch nur im Ansatz die Sirenesignale deuten und verstehen kann.
    Leider kommt es auch sehr häufig vor, dass Anwohner sich sogar von der Sirene oder den Martinshörner der Rettungskräfte gestört oder belästigt fühlen.

    Dieses Verhalten zeigt sich dann leider auch so oft auf den Straßen, wenn man dann ganz unbeholfen mit seinem Fahrzeug im Weg steht!

    Der Hinweis mit der Broschüre vom BBK finde ich sinnvoll.
    Aber warum wird auch hier wieder davon ausgegangen, dass Jemand anderes den ‚Roten Hut‘ auf hat?

    Jeder Mensch sollte doch in der Lage sein, sich selber informieren zu können.
    Die Broschüre kann man ganz bequem im Internet bestellen oder auch die Möglichkeit nutzen, zum Beispiel Kontakt zu einem Verein, wie dem Deutschen Amateur Radio Club – Ortsverband Steinhude, der Freiwilligen Feuerwehr, den freundlichen Nachbarn von neben an usw…
    Hier wird bestimmt Jedem gerne geholfen.
    Am besten wie in den früheren Tagen Mitglied werden und unterstützen.

    Außerdem hat das ja mit dem Klopapier kaufen auch ohne Sirene funktioniert, oder?

    Ich wünsche Euch eine besinnliche Weihnachtszeit, einen Guten Rutsch und vor allem Gesundheit!

  • Birgit N. sagt:

    Gut, ich kann und muss Informationsquellen haben, um zu wissen, was im Ernstfall zu tun ist. Sich in Vereinen oder sogar im Katstrophenschutz zu organisieren ist eine gute Sache.

    Aber konkret bei Eintritt des Ernstfalles Entscheidungen zu treffen, wenn man nicht weiß, dass es der Ernstfall ist durch mangelnde zeitnahe Warnung, was ist dann?

    Die Ankündigung eines Ernstfalles hat – überall – akustisch zu erfolgen. Eine Nachfrage bei dem Nachbarn, ob gerade die Katastrophe bevorsteht, was soll das bringen, wenn der Herr selbst unkundig ist? Gerade eben durch mangelnde Information?

    Im Zweiten Weltkrieg zeigten die Sirenen drohende Angriffe an. Was wäre, wenn damals diese keine Funktion gehabt hätten, weil sie auf dem Stand von Napoleons Schlacht bei Austerlitz stehengelieben wären?

    Oder sollen die Kirchenglocken läuten, weil das lebenswichtige Alarmsystem auf dem Stand des Kalten Krieges stehengeblieben ist?

  • Sascha sagt:

    Das Beispiel mit der Nachfrage beim Nachbarn, Verein und Behörde bezog sich auf die Hilfe der Informationsgewinnung zwecks geplanter Notfallvorsorge.
    Quasi nach dem Motto: was wäre wenn…?

    Sirenen sind sinnvoll!
    Sicherlich gibt es bei einer Großschadenslage auch die Möglichkeit, die Anwohner über andere Mittel zu informieren (Lautsprecherdurchsagen)

    Was den Ernstfall angeht…
    Was wäre dann, wenn die Sirenen funktionieren?

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