Wunstorf (ds). Es sei unheimlich schwer gewesen, unter der Vielzahl von großartigen Motiven nur drei Gewinner zu bestimmen, sagte Bauverein-Vorstand Kathrin Tietz, die mit in der 5-köpfigen Jury gesessen hatte, um die besten Bilder eines Kreativwettbewerbs zu ermitteln. Farblich intensiv bis eher zurückhaltend seien die Bilder, persönlich sei sie „geflasht“ gewesen von den Ergebnissen, so Tietz. Deshalb bekamen auch alle Teilnehmer einen Preis: Ein Kreativkugelschreiberset – und die Gewinner je einen 20-Euro-Buchladengutschein.
Doch was steckt hinter der Kunstaktion? Sie hat einen ganz ernsten, aber auch pragmatischen Hintergedanken: Die Müllvermeidung in den Vorgärten der Mehrfamilienhäuser rund um die Otto-Hahn-Schule. Vor allem seit im Barne-Schulzentrum die Sporthallen-Baustelle besteht und einen großen Teil des Pausenhofes der Otto-Hahn-Schule belegt, hat sich das Problem entwickelt: Schüler verlassen unerlaubt während der Pausen das eigentliche Schulgelände und halten sich auf den Wegen zwischen und vor den Eingängen der benachbarten Wohnhäuser auf.
Zum Leidwesen der Anwohner, die sich davon gestört fühlen, aber auch ein zunehmendes Vermüllungsproblem bemerken: Der „Schulbesuch“ hinterlässt Zigarettenkippen auf den Wegen, aber auch allerhand Verpackungsmüll, der dann nicht selten auf den Grünflächen landet. Öffentliche Mülleimer vor Privathäusern fehlen selbstverständlich.
Aufgebrachte Anwohner würden dann bei ihr anrufen und sich beschweren, berichtete Schulleiterin Helga Radtke-Kreinest. Natürlich wegen des hinterlassenen Mülls, nicht wegen der fehlenden Mülleimer. Auch beim Bauverein, der dann für die Müllbeseitigung sorgen muss, ist das Problem bekannt.
Bauverein und Otto-Hahn-Schule kooperieren ohnehin auf vielen Ebenen, also war die Idee schnell da: Ein Wettbewerb um kreative Hinweisschilder, die dann tatsächlich auch an den betroffenen Häusern des Bauvereins angebracht werden sollen. Denn was man nicht möchte, ist, einfach biedere „Müll hinwerfen verboten“-Schilder aufzustellen. Man geht lieber mit Witz und Kreativität an die Sache heran.
Die Otto-Hahn-Schüler nutzten die Gelegenheit auch, sich auf künstlerischem Weg generell mit dem Thema Umwelt, Naturschutz und Müllvermeidung auseinanderzusetzen. Dabei entstanden abstrakte bis konkrete Motive, die wiederum ganz unterschiedliche Ansätze zeigten: Teilweise wurden ganze Comic-Geschichten gezeichnet – oft wurden den Mülleimern Sprechblasen verpasst. Andere blieben enger an der Vorgabe und skizzierten klassische Imperative.
Die drei besten und für den gesuchten Zweck geeignetsten Motive kamen nach Entscheidung der Jury von Esila Can, Justin Bothe und Lea Schneider. Justin (jetzt Jahrgang 8) überzeugte mit seinem Zeichenstil, einer aufwändigen Typographie, Esila (Jahrgang 10) punktete mit dem Gesamtmotiv und Lea (Jahrgang 8) mit einer doppelten Ebene: Sie ließ eine Banane Skateboard fahren und dabei selbst auf einer Bananenschale ausrutschen. Bei Esila verwechselten Quallen Plastiktüten im Meer mit ihren Eltern und Pelikane verfütterten Müll an ihren Nachwuchs.
Gewinnern Esila erfuhr von ihrem Sieg erst nachträglich – während der Preisverleihung hieß es, sie sei krankheitsbedingt nicht anwesend, während sie nach Auskunft der Familie währenddessen offenbar nichtsahnend parallel im normalen Unterricht gesessen hatte. Das sorgte für Verdruss über den verpassten Moment, aber schmälert nicht die Leistung. Auch Esilas Plakat dürfte bald an einem Haus des Bauvereins zu sehen sein – und die junge Künstlerin dann bestimmt noch einmal zu einem Fototermin eingeladen werden.
Kunstlehrerin Birgit Keller, die die Aktion seitens der Schule betreute, sagte während der feierlichen Preisverleihung in der Aula der Schule am Dienstagvormittag, dass „ganz wunderbare Bilder“ entstanden seien. Aus dem Kollegium wurde ihr zugestimmt: Es sei phantastisch, dass die Arbeit an Kunst aus dem schulischen Kontext heraus ihren Weg in die Praxis finde. Die Schüler würden auf diese Weise auch erfahren, dass sich mit Kunst wirklich etwas bewegen ließe.
32 Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgängen 7, 8 und 9 aus vier Kunstkursen hatten sich im zurückliegenden Halbjahr beteiligt. Verpflichtend war die Teilnahme nicht, auch das Arbeitstempo war dabei sehr unterschiedlich: Manche arbeiteten tagelang an ihren Werken, andere wurden wiederum nicht fertig und blieben im Entwurfsstadium. Aber auch die noch unfertigen Skizzen wurden heute gleichberechtigt ausgestellt. Schließlich geht es nicht nur um das Ergebnis, sondern auch die Ideen dahinter.
Ins Auge fielen dabei etwa auch das Motiv von Alisa Rosliakova (9. Jahrgang), die ihr Bild auf einer Metaebene zweiteilte – oder jenes von Ronya Erdem (ebenfalls Jahrgang 9), die den Manga-Stil in ihre Figuren brachte und damit ein tief wirkendes Plädoyer gegen Plastik in der Natur formulierte. Inspiriert dazu hatte sie, dass sie selbst schon einmal eine Katze gesehen hatte, die sich in Müll verfangen hatte.
Eine ganz persönliche Anekdote erzählte auch Tietz den versammelten Schülern, die die Preisverleihung verfolgten, am Ende noch: Sie selbst sei einst auch nicht den gymnasialen Weg gegangen, sondern wäre auf einer Gesamtschule gewesen – und habe es damit trotzdem in die Chefetage geschafft. „Glaubt bitte an euch“, gab die Bauverein-Chefin den Schülern mit auf den Weg, die sich kurz darauf zur lebhaften Diskussion um die ausgestellten Bilder scharten.
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