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„P. Ahron“ – die Ahnfrau der Wunstorfer Berufsfotografie

12.02.2023 • Eberhard Kaus • Aufrufe: 1110

Auf den allerersten Fotografien, die einst in Wunstorf entstanden, befindet sich oft ein bestimmter Name: P. Ahron. Es war nicht der Name des Fotografen, sondern der Name des Fotoateliers. Und das trug – Ende des 19. Jahrhunderts sehr ungewöhnlich – den Namen einer Frau.

12.02.2023
Eberhard Kaus
Aufrufe: 1110
In dem heute nicht mehr existierenden Haus Lange Straße 51 befanden sich nach dem Wegzug der Fotografenfamilie Ahron die Ateliers von A. Zinne, W. Grahlke und A. Rüger | Foto: Stadtarchiv Wunstorf, Nachlass Armin Mandel

„Die Urväter der Wunstorfer Fotografiegeschichte sind die Fotografen Ahron und Grahlke“, schreibt Klaus Fesche in seiner „Geschichte Wunstorfs“ aus dem Jahre 2010. Von Ahron stammen unter anderem die erhaltenen Fotografien der letzten Sitzung der städtischen Kollegien im Röbbigsturm (13. November 1906) und der Rathaus-Einweihung am 6. Mai 1907. Bei der an zweiter Stelle genannten Aufnahme dürfte es sich um eine der letzten handeln, die der Fotograf Eduard David Ahron in Wunstorf anfertigte. Denn die Familie verzog am 31. Mai 1907 nach Erle bei Buer, heute ein Stadtteil von Gelsenkirchen.

Wer ist P. Ahron?

Ahrons Fotografien tragen, auf Vorder- oder auch Rückseite, die Aufschrift „P. Ahron – Wunstorf“ oder „P. Ahron – Photograph. Atelier Wunstorf & Stolzenau a/Weser“. Es sind Angaben, die – verständlicherweise – zuweilen dazu geführt haben, die Existenz eines Fotografen namens P. Ahron anzunehmen. Doch spätestens beim Versuch, die Abkürzung des Vornamens aufzulösen, stößt man an Grenzen. Denn als Fotografen praktizierten lediglich Eduard David Ahron sowie seine Söhne Armand , Oskar und Emil. Der jüngste Sohn, Paul (geboren 1888), dürfte als namensgebend kaum in Frage kommen.

Eigenwerbung vor 130 Jahren: Fotorückseite mit dem Firmennamen „P. Ahron“ und allegorischer Darstellung der „Lichtmalerei“. Die links unten abgebildeten Medaillen weisen in den Umschriften auf die der Fotografie zugrundeliegenden Wissenschaften „Optik“ und „Chemie“ sowie die Erfinder Niepce, Daguerre und Talbot hin | Foto: Eberhard Kaus


Pauline (1846–1912), eine Cousine Meier Spaniers, des Chronisten des jüdischen Gemeindelebens in Wunstorf, ist seit 1879 als Eigentümerin des Hauses Lange Str. 51 bezeugt, das zuvor ihrer Mutter gehörte. Das Haus sollte nicht nur das Atelier ihres Mannes Eduard Ahrons, sondern auch diejenigen der ihm folgenden Fotografen Adolf Zinne, Walter Grahlke und Alwin Rüger beherbergen. Der Eigentümerwechsel fiel weder mit der Eheschließung Paulines noch mit dem Tod der Mutter (1885) zusammen. Man darf daher vermuten, dass er im Zusammenhang mit der beruflichen Umorientierung Eduard Ahrons stand.

Der Maler Eduard David Ahron (1843–1919) hatte am 3.1.1872 Rosalie (*1849), die Tochter des Trödlers Jacob Rosenberg, geheiratet, mit der er zwei Kinder hatte, den mit 5 Monaten verstorbenen Milyus (*1872) und den erwähnten Armand. Nach dem frühen Tod seiner Frau (1874) heiratete Ahron 1875 Pauline, die Tochter des Kaufmanns Abraham Samuel Spanier und seiner Frau Johanne, geb. Leffmann.

Pauline gehört das Geschäft

Verbirgt sich hinter dem Firmennamen also derjenige der Hauseigentümerin und Ehefrau des Fotografen? Während die Suche im „Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger“ kein Ergebnis liefert, findet sich in der Gewerbesteuerliste des Gemeindebezirks Wunstorf für das Jahr 1901 der Eintrag: „Ahron, Pauline, Photograph, Wunstorf.“

Gewerbesteuerklasse 4: „Ahron, Pauline – Photograph – Wunstorf“ – Eintrag in der Gewerbesteuerliste für 1901 | Foto: Eberhard Kaus; Quelle: Stadtarchiv Wunstorf

Pauline Ahron war demnach nicht nur die Eigentümerin des Geschäftshauses, sondern Inhaberin des „photographischen Ateliers.“ Während Letzteres nicht allzu ungewöhnlich ist, erscheint die offizielle Benennung des Geschäftes nach der Ehefrau bemerkenswert. Spricht hieraus ein besonderes Selbstbewusstsein Paulines? Oder verrät dies den Vorbehalt einer alteingesessenen Wunstorfer Familie gegenüber dem wenig begüterten Maler? Zumindest im Nachhinein mag sich die Vorsicht als nicht ganz unbegründet erwiesen haben. Zwar kam es nicht zur Scheidung, aber zumindest ging nach Meier Spaniers „Erinnerungen“ das Gerücht, Paulines – „sonst brave[r] und gütige[r]“ – Mann habe es mit der ehelichen Treue nicht genau genommen.

Mit dem Wegzug geht auch der Name

Pauline Ahron, Mutter von neun Kindern, kümmerte sich in seinen letzten Lebensjahren noch um ihren älteren „geisteschwachen“ Bruder. Sie wird sich daher vor allem um die Buchhaltung des Geschäftes, weniger um das fotografische Handwerk gekümmert haben. Neben dem Fotoatelier betrieb sie einen Verlag für – auch graphisch gestaltete – Ansichtskarten.

Mit dem Wegzug der Familie endet die Firma „Pauline Ahron“. Das von Eduard David Ahron zusammen mit seinen Söhnen Oskar und Emil dann in Erle geführte Atelier hatte den gleichen Namen wie das seines ältesten Sohnes Armand in Höxter: „Victoria“. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt.

Das von den Ahrons geführte Erler Atelier befand sich damals in der Bismarckstraße 185. Heute ist es die Cranger Straße 321 in Gelsenkirchen. 
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