Wunstorf (ds). Seit Mitte Januar duftet es in der Nordstraße auffällig nach Pizza – das „Angelo“ hat eröffnet. Gastronomie gab es in diesen Räumlichkeiten bislang noch nicht. Über Immobilien, Nachrichten, Design oder Marketing wurde hier in den vergangenen Jahren gebrütet, unter anderem die Auepost hatte dort einige Jahre ihren Standort. Doch nun sind Schreibtische und Büroatmosphäre einer Pizzeria gewichen. Gläser hängen vom Regal an der Decke, die Theke ist neuer Raumtrenner und Sitzplatzangebot zugleich. Tische stehen am Fenster, jede Ecke wird genutzt. Auch die große Fensterbank dient nun als durchgehende Sitzgelegenheit an den Tischen.
Betreiber Angelo Wüstefeldt, Jahrgang 1980, ist nicht neu in der Stadt. Der Gastronom hatte zuvor bis 2018 die „La Trattoria“ in Luthe geführt, danach als Angestellter in der Gastronomie gearbeitet. Fachkräftemangel und damit einhergehende eigene Überlastung hatten damals zu dem Schritt geführt. Aber ein Wiedersehen in der Selbstständigkeit war nie ausgeschlossen und hat sich nun bewahrheitet. Im „Angelo“, wie die neue Pizzeria nun nach ihrem Chef heißt, soll es deshalb auch bewusst eine Nummer kleiner zugehen als früher. Selbstbedienung gehört zum Konzept, und Angelo will den Laden auch allein stemmen können, ohne auf Personal angewiesen zu sein.
Dafür scheint er das perfekte Lokal gefunden zu haben. Einladend und persönlich wirkt das neue Ambiente. Die Wände des ehemaligen Konferenzraumes haben Durchbrüche bekommen und sind nun Teil des Gastraumes. Das wurde so geschickt gemacht, dass es fast aussieht, als wären die übriggebliebenen Pfeiler bewusst für das Gastronomiekonzept geschaffen worden – es entstehen viele gemütliche Ecken. Wo früher Interviews geführt und Besprechungen abgehalten wurden, fragt Angelo nun nach den Wünschen der Gäste.
Ursprünglich war sogar ein Innenausbau über einen italienischen Anbieter geplant, doch nun stecken Angelos eigene Ideen im Laden. Viel Eigenleistung hat der Gastronom in die Verwandlung der Räumlichkeiten gesteckt. In den vergangenen vier Monaten wurde am neuen Traum gearbeitet. Viele Gäste staunen regelrecht, wenn sie das neue Lokal zum ersten Mal betreten.
Aus greigefarbenen Wänden sind beigefarbene geworden, Goldmosaikdekor ziert eine Wand, Ornamentik den Tresen. Die Decke war vorher schon dunkel und passt wunderbar auch zur Gastronomie. Stimmungsvolle Beleuchtung schafft Ristorante-Atmosphäre, als wäre dort in der Nordstraße nie etwas anderes gewesen.
Der 44-Jährige versteht sein Handwerk – buchstäblich. Die Gäste können ihm dabei zusehen, wie er den Pizzateig direkt hinterm Tresen durch die Luft wirbelt.
Italienische Küche gibt es schon in der Wunstorfer Innenstadt – ist da überhaupt noch Platz für eine Pizzeria wie seine? Angelo winkt ab. Er habe ein eigenes Konzept, will sich auf das Essentielle konzentrieren.
„Bei mir bleibt’s klassisch“
Angelo Wüstefeldt
Einfache, authentische italienische Küche mit guten Zutaten. Die Zahl der angebotenen verschiedenen Pizzasorten ist nichtsdestoweniger beachtlich.
Angelo Wüstefeldt hat italienische Wurzeln. Sein Vater, der selbst eine Pizzeria in Hannover betrieb, kam einst als Gastarbeiter nach Deutschland. Auch wenn man es deshalb annehmen könnte: Angelo bewahrt keine alten Familienrezepte für die Pizza. Er schüttelt den Kopf: Jeder Pizzabäcker entwickele über die Jahre sein eigenes perfektes Rezept. Im Angelo bekommt man hundert Prozent Angelo. „Ich mache das so, wie ich es mache“, sagt er und reicht fluffige Pizza mit knusprigem Rand über den Tresen.
Seine eigene Lieblingspizza ist die Margeritha. Mit der sollte jeder neue Gast beginnen, rät er – und sich dann weiter durch die Karte probieren. Italienische Weine sind ein weiterer Schwerpunkt, und natürlich gibt es auch den Espresso zum Nachtisch. Espresso, Wein, Pizza – ein „kleines Italien“ soll in der Nordstraße geschaffen werden.
„Es lebt“
Das begrenzte Platzangebot arbeitet ihm dabei zu und ist gewollt: Sieben Tische plus Tresen – das ist nicht so viel, aber es sorgt dafür, dass eine besondere Atmosphäre im Lokal entsteht. Die Gäste würden sich auch mal umsetzen, der Gastraum entwickele Dynamik wie in einem italienischen Straßencafé. „Es lebt“, beschreibt es Angelo.
Auch deshalb gibt es im Angelo keine Tischreservierungen, es passt nicht zum Konzept. Man soll direkt reinschauen, nach Platz suchen, sich spontan mit anderen treffen. Es ist auch nicht bis spätabends geöffnet.
„!No! Tisch-Reservierungen“ hat Angelo inzwischen an die Scheibe geschrieben. Denn immer noch rufen Leute an und möchten einen Tisch vorab bestellen. Zuletzt sogar jemand aus Lehrte.
Dabei ist das nur der Anfang: Ab dem Frühjahr soll noch der Außenbereich dazukommen. Wo aktuell noch Freifläche ist und ein alter Fahrradständer steht, wird die Pizza demnächst auch im Freien serviert. Spätestens dafür wird dann aber wieder etwas Personal benötigt – noch sucht Angelo nach Aushilfen.
Lieber Dieter,
dein Kommentar spricht mir aus der Seele! Beim Lesen des Artikels hatte ich ganz ähnliche Gedanken und kann mich deiner Einschätzung nur anschließen. Es ist schön zu sehen, wie viel Leidenschaft in das Konzept von Angelo geflossen ist – und ebenso interessant zu beobachten, wie sich diese Art von Berichten in letzter Zeit auffallend häuft.
Gerade die Diskussion um die Tischreservierungen ist spannend: Einerseits verstehe ich die Idee der Spontanität und die gewünschte lebendige Atmosphäre, andererseits könnte ein gewisser Spielraum vielleicht tatsächlich hilfreich sein. Doch am Ende zählt wohl vor allem, dass das Konzept für Angelo und seine Gäste funktioniert.
In jedem Fall bleibt es spannend, wie sich das „Angelo“ weiterentwickelt. Danke für deinen durchdachten Beitrag – ich hätte es selbst kaum besser formulieren können!
Ein großes Kompliment für das Engagement und die Hingabe, die in dieses gastronomische Projekt geflossen sind. Es ist schön zu sehen, wenn jemand seine Leidenschaft lebt und mit viel Herzblut einen Ort schafft, an dem Gäste sich wohlfühlen können. Die abgebildete Pizza sieht fantastisch aus, und es ist bewundernswert, mit welcher Sorgfalt hier gearbeitet wird.
Leider bleibt ein Besuch für mich – und sicherlich auch für viele andere – außerhalb der eigenen Möglichkeiten. Die aktuelle wirtschaftliche Lage zwingt dazu, sehr genau auf die Ausgaben zu achten. Um dennoch nicht auf Pizza verzichten zu müssen, stelle ich meinen Teig selbst her – aus Wasser, Hefe, Olivenöl und Salz –, lasse ihn lange reifen und belege ihn mit Zutaten vom Discounter. So kann ich eine Pizza für etwa 80 Cent genießen, während die 9 Euro für eine im Restaurant für mich zwei Tagesbudgets für zwei Personen darstellen.
Ich sehe die Berechtigung der Preise und verstehe vollkommen, dass Gastronomie wirtschaftlich tragfähig sein muss. Aber es zeigt sich eben auch, dass sich viele Menschen einen Restaurantbesuch schlicht nicht mehr leisten können – selbst wenn sie es gerne würden. Es ist ein trauriger Zwiespalt: Einerseits verdient handwerkliche Arbeit Anerkennung und faire Preise, andererseits bleibt sie für manche ein unerreichbarer Luxus.
Trotzdem wünsche ich dem Restaurant viel Erfolg und seinen Gästen viele genussvolle Momente.
Ich finde es auch schade, dass keine Reservierung möglich ist. In meiner Pause schon 2 mal dort gewesen und keinen Platz bekommen. Da ich nicht warten kann aufgrund meiner begrenzten Pause, muss ich dann doch zum altbewährten Gehen, wo ich vorab reservieren kann und gemütlich Mittagessen kann.
Liebe Gäste und Freunde der italienischen Kulinarik,
Zunächst danke ich allen ganz herzlich für die vielen Glückwünsche und dem Zuspruch für die Pizzeria und freue mich ebenso sehr, zum gastronomischen Wohlergehen Wunstorfs beitragen zu dürfen.
Das Thema der „No Tischreservierungen“ ist aus der Tatsache der nicht stillstehenden Anrufe und den Reservierungswünschen entstanden. Ich bin natürlich froh und glücklich darüber, soviel positive Resonanz zu erhalten. Andererseits bietet der Raum und das Konzept keinen Spielraum für Reservierungen. Bei gerade mal 18 Plätzen ist das auch schwierig umzusetzen. Man stelle sich nur mal vor, man sitzt gemütlich am Tisch, hat entweder durch ein bereits platziertes Schildchen mit einer Uhrzeit drauf den Druck schnell seine Speisen oder Getränke zu verzehren oder wird gar vom Betreiber aufgefordert die Plätze bitte schnell zu räumen, da die bevorstehende Reservierung eintrifft. Beide Fälle finde ich aus gastronomischen Aspekte unangemessen. Darum ist es nicht als Abweisung oder Ablehnung zu verstehen, sondern einfach als mediterranes Konzept, in dem ein Kommen und Gehen an erster Stelle steht, wo sich Menschen auf einen Snack oder Gläschen Wein begegnen dabei die Kurzweiligkeit genießen und der Laden sein eigenen Mikrokosmos entstehen lässt.
Bei mir sind alle Gäste gleichermaßen willkommen und jeder soll sich ebenso wohlfühlen. Auch deshalb mag die Haltung als rigide wirken aber auch hier wäre dann die Frage: wo fängt man eine Ausnahme zu machen? Und wenn man eine macht, muss man es bei jedem machen! Somit wäre das Konzept wieder aufgehoben und man macht aus einer kleinen Pizzeria ein Ristorante. Soviel zum Thema der „No Tischreservierungen“! Diese ist auch mit einem doppelten Augenzwinkern in italienischer Manier gemeint!
Ansonsten bleibt mir nur zu sagen, kommt gerne vorbei, ich habe immer ein offenes Ohr für konspirative Gespräche bei einem „stresso“ (Espresso für eilige) und freue mich ansonsten für euch da zu sein!
Tanti saluti
Angelo
Lieber Angelo,
zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Eröffnung deiner Pizzeria! Es ist großartig zu sehen, wie viel Herzblut du in dieses Projekt gesteckt hast, und ich wünsche dir viel Erfolg und viele zufriedene Gäste.
Allerdings bleibt eine Frage offen: Warum wird so demonstrativ mit der Ablehnung von Tischreservierungen geworben? Das „!No! Tisch-Reservierungen“ wirkt auf den ersten Blick eher abweisend als charmant. Natürlich verstehe ich das Konzept der Spontaneität und die Idee, eine lebendige, dynamische Atmosphäre zu schaffen – aber ist es wirklich sinnvoll, potenzielle Gäste, wie zum Beispiel ein Büro-Team, das mit sieben Leuten ein Arbeitsessen plant, durch eine so rigide Haltung abzuschrecken? Diese Gäste gehen dann eben woanders hin.
Grundsätzlich sollte ein Gastronom mit dem werben, was er seinen Gästen bietet, und nicht mit dem, was er ihnen verweigert – auch wenn es augenzwinkernd gemeint sein mag. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, hier etwas flexibler zu sein. Aber wie so oft: Lernen durch Schmerzen ist meist der einzige Weg.
Trotzdem: Alles Gute für dein „Angelo“ – und hoffentlich immer ein volles Haus!
Beste Grüße