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Friedlies trifft … Irmgard Ballauff

04.08.2018 • Friedlies Reschke • Aufrufe: 1099

Irmgard Ballauf kam als erste examinierte Lehrerin 1886 in die Auestadt. Das erste Mal habe ich von ihr im März dieses Jahres gehört und stelle sie euch ein wenig vor.

04.08.2018
Friedlies Reschke
Aufrufe: 1099

Irmgard Ballauf kam als erste examinierte Lehrerin 1886 in die Auestadt. Das erste Mal habe ich von ihr im März dieses Jahres gehört und stelle sie euch ein wenig vor.

Irmgard Ballauf

Irmgard Ballauff im Kreise des Kollegiums der Stadtschule. Zu diesem Zeitpunkt war sie die einzige weibliche Lehrkraft in Wunstorf (vor/um 1900). | Foto: Stadtarchiv Wunstorf

Wie immer am Sonntag nach dem internationalen Frauentag am 8. März hatte Dorothea Diestelmeier, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wunstorf, zum Frauenempfang in die Abtei geladen. Und dabei auch die Ausstellung über „Frauen aus Wunstorf“ vorgestellt.

Eine davon ist Irmgard Ballauff. Geboren 1867 in Celle, besteht sie bereits mit 19 Jahren das Lehrerinnenseminar in Hannover. Danach geht sie als Erzieherin nach New York. Von dort aus bewirbt sie sich 1895 auf eine Stelle an der Wunstorfer Stadtschule. Wie sie davon wohl gehört hat? Ob es damals schon internationale Stellenanzeigen gab? Hat Wunstorf die Stelle in der New York Times ausgeschrieben? Vermutet wird allerdings, dass sie über ihren Vater davon erfuhr. Sie bekommt den Job und wird auf diese Weise die erste examinierte Lehrerin in Wunstorf.

Bereits ein Jahr später, also mit 29 Jahren, ist sie die Leiterin der gehobenen Abteilung. Was hieß es damals, Lehrerin zu sein? Sie musste ledig sein und bekam selbstverständlich weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen (das hat sich bis heute in einigen Branchen nicht geändert).

Irmgard Ballauff

Die politischen Parteien warben vor der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung 1919 mit speziellen Plakaten um die Stimmen der Frauen. Hier ein Plakat der SPD. | Foto: Stadtarchiv Wunstorf

Lehrerin war oftmals der einzige Beruf, den Frauen ausüben durften. Erst ab 1908 hatten Frauen das Recht und die Möglichkeit, zu studieren. Allerdings nicht, damit Frauen sich selbst verwirklichten, sondern „der deutsche Mann nicht durch die geistige Kurzsichtigkeit und Engherzigkeit seiner Frau an dem häuslichen Herde gelangweilt“ werde. Frauen durften zu der Zeit auch nicht ohne männliche Begleitung ins Café oder Theater gehen. Schnell wurde ihnen nachgesagt, sie seien „liederliche Personen“, oder sogar Prostituierte.

Irmgard Ballauff empfand die Zurückweisungen als ungerecht und setzte sich stark für die Frauenrechte ein. Sie engagierte sich beim „Vaterländischen Frauenverein“ (Langform:  Deutscher Frauenverein zur Pflege und Hilfe für Verwundete im Kriege), und später organisierte sie Informationsveranstaltungen zum Frauenwahlrecht. 1919 war sie die erste Frau im Wahlvorstand in Wunstorf.

1920, mit nur 53 Jahren, feiert Irmgard Ballauff ihr 25-jähriges Dienstjubiläum in Wunstorf. Sie wird für ihren „vorbildlichen Pflichteifer“ geehrt. 1931 ging sie als Konrektorin in den Ruhestand und engagierte sich im Tierschutz. Am 27. Januar 1952 verstarb die Kämpferin für die Rechte der Frau in Wunstorf.

Erst seit dem 12. November 1918 dürfen Frauen in Deutschland wählen; dieses Jahr wird also 100 Jahre Frauenwahlrecht gefeiert. Damit gehört Deutschland zu den ersten Ländern in Europa, die Frauen das Wahlrecht einräumten. In Frankreich mussten die Frauen bis 1945 warten, in der Schweiz sogar bis 1971.

Fragen kann ich Irmgard Ballauff leider nicht, wie sie Wunstorf buchstabieren würde – ich versuche es mal in ihrem Sinne …

Was ist Wunstorf für Irmgard Ballauff?

W – Wahlheimat
U – Unterricht
N – Neues Bewusstsein
S – Stadtbürgerin mit Engagement
T – Tolle Frau
O – (dem) Ort verbunden
R – rechtschaffen und fleißig
F – Frauenwahlrecht

In der Serie „Frauen gestalten das Leben in Wunstorf vom Mittelalter bis heute“ sind bisher acht Frauen auf sogenannten Rollups vorgestellt: Die Stiftsdamen Eleonore von Unger (lange Jahre im Deutschen Roten Kreuz engagiert), Hildegard Palat (Trägerin des Wunstorfer Ortspreises 1998), die Ratsfrauen nach 1945, Elfriede Kraft und Röschen Spanier (engagierte jüdische Damen), die Wunstorfer Hebammen und Irmgard Ballauff. Bei Interesse an der Ausstellung bitte Dorothea Distelmeier oder Klaus Fesche anmailen.
Sie kennen auch jemanden, den ich mal vorstellen sollte? Der oder die in Wunstorf aktiv ist? Dann bitte eine E-Mail an mich: reschke@auepost.de
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