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Grüne scheitern im Rat: Kein neues Kontrollinstrument für Rathaus und Bürgermeister

30.06.2025 • Achim Süß • 5 Min.Kommentare: 1

Die Überschrift zum Antrag ist sperrig, das Motiv der Autoren weitreichend: Die Ratsfraktion der Grünen wünscht sich genauere Blicke auf die Effektivität des Rathauses. Sie will die Transparenz der Verwaltung erhöhen und regelmäßig über den Stand der Dinge informiert werden – ohne ständig nachhaken zu müssen. SPD/CDU-Gruppe und AfD lehnen das ab, Bürgermeister Carsten Piellusch (SPD) ebenfalls.

30.06.2025
Achim Süß
5 Min.
„Nicht sinnvoll“ nennt Bürgermeister Carsten Piellusch die Vorschläge der Grünen | Foto: Malte Süß

Wunstorf (as). „Einführung eines Beschluss-Monitorings zur Erhöhung der Transparenz und Verbindlichkeit bei der Umsetzung von Ratsbeschlüssen“ haben die Grünen ihren Antrag überschrieben. Ihr neuer Fraktionssprecher Marvin Nowak hat den vierseitigen Beschlussvorschlag mit Begründung am Mittwoch in der letzten Sitzung vor der Sommerpause vorgetragen.

Wie am Montag zuvor im vertraulich tagenden Verwaltungsausschuss scheiterte der Vorstoß am versammelten Widerstand von Ratsmehrheit und Bürgermeister. Die intensive Debatte im Rat offenbarte die Auffassungsunterschiede ebenso wie die Tatsache, dass der Bürgermeister den Grünen mit einem Kompromiss entgegenkommen wollte.

Anders als meistens üblich, berichtete Piellusch im Rat über Teile der vertraulichen Beratungen. Er habe im Verwaltungsausschuss einen konkreten Versuch vorgeschlagen: Beispielhaft könne der Bau des Barne-Kreisels, der mittlerweile seit einem Jahr nicht fertig wird, „unter die Lupe“ genommen werden. Aus der Analyse könnten alle „gemeinsam lernen“.

„Nicht sinnvoll“

Piellusch wies den Antrag der Grünen als zu pauschal zurück und betonte, die Stadtverwaltung sei ohnehin verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Die Umsetzung der grünen Initiative würde unnötig „Ressourcen binden“, und das sei „nicht sinnvoll“. Der Bürgermeister wandte sich strikt gegen die Verwirklichung eines von den Grünen Anfang Juni nachgereichten Punktes. Der ursprüngliche Antrag stammt aus dem November 2024.

Piellusch warnt

Dabei befürworten sie die Einführung einer „Pilotierung“ und einer standardisierten Projekt- und Prozesskontrolle bei „strategisch bedeutsamen Verwaltungsprojekten“. Das Pilotprojekt könne im Hochbau oder bei der Digitalisierung eingesetzt werden, um die Steuerung und Transparenz bei größeren Vorhaben zu verbessern. Das Kontrollinstrument sollte laut Antrag die Projektziele transparent darstellen, Meilensteine und Verantwortlichkeiten benennen, einen Zeit- und Maßnahmenplan mit Soll-Ist-Abgleich enthalten und Verzögerungen und deren Ursachen strukturiert dokumentieren.

Dieses Ziel, so Piellusch im Rat, könne er in keinem Fall mittragen. Es stelle einen Eingriff in seine Arbeit und die der Verwaltung dar. Nowak hatte zuvor der langen schriftlichen Begründung noch mit einem Redebeitrag weitere Aspekte hinzugefügt. So betonte er, es gehe seiner Fraktion nicht um Misstrauen, „sondern um ein Instrument, das Abläufe nachvollziehbar und verlässlich“ mache. Es fehle im Rathaus am gemeinsamen Verständnis von Projektmanagement, vor allem dort, wo mehrere Einheiten zusammenarbeiten. Das sei keine Frage von Leistungsbereitschaft. Vielmehr gehe es um strukturelle Voraussetzungen. Nowak: „Und es ist klar eine Frage der Führungsqualitäten.“

Ehlerding attackiert Grüne

Für die SPD, die größte Fraktion des Rates, wandte sich auch Martin Ehlerding gegen den Antrag der oppositionellen Grünen. Seine Fraktion sage Nein dazu, zusätzliche Verwaltungskraft zu binden und die Bürokratisierung zu erhöhen. Ehlerding plädierte für eine „Offensive für die Kleinigkeiten“: Es sei sicher richtig, die vielen Anregungen und Wünsche aus den Ortsräten mehr zu beachten und insgesamt „genauer hinzuschauen“. Damit habe der Bürgermeister schon begonnen und „Listen anfertigen“ lassen.

Piellusch sei den Grünen im übrigen „mächtig entgegengekommen“. Statt dem Kompromiss zuzustimmen, beharrten sie auf ihrem Antrag und wollten „am besten noch vorschreiben“, wie die Mitarbeiter der Verwaltung „den Stift halten sollen“.

Der Kompromiss hätte der Sache gut getan, erklärte Martin Pavel für die CDU. Er stehe nicht im Verdacht, den Bürgermeister zu oft zu loben. In diesem Fall sei es aber so: Piellusch habe zugesagt, am Beispiel Barne-Kreise „dahin zu gehen, wo es wehtut“. Er appellierte an die Grünen: „Macht mit!“

Dalig: „Tut nicht weh“

Dazu kam es nicht, obwohl sich die frühere Fraktionsvorsitzende Anne Dalig direkt an den „lieben Carsten“ wandte und betonte, der Antrag fuße nicht auf generellem Misstrauen. Derartige Kontrollverfahren seien gang und gäbe. Dalig: „Sie tun wirklich nicht weh.“

Kurz vor der Abstimmung ergriff Fraktionschef Nowak erneut das Wort und verwies auf die guten Erfahrungen, die Neustadt und Langenhagen mit Prozessmanagement machten. Die Grünen wollten erreichen, dass das Rathaus „bewusst, pragmatisch und systematisch“ seine Aufgaben bewältige. Derzeit fehlten dafür die Standards. Das sei ein strukturelles Defizit.

Die Arbeit der Verwaltung wie vorgeschlagen zu kontrollieren, stelle keineswegs einen Eingriff in die Kompetenzen des Bürgermeisters dar. Vielmehr sei es laut Oberverwaltungsgericht eine der Aufgaben des Rates, steuernd tätig zu werden. Das verhindere die Mehrheit allerdings.

Der Rat werde aufgerufen, die Prioritäten für Projekte festzulegen. Nowak: „Wie sollen wir fundiert priorisieren, wenn es keine gemeinsamen Maßstäbe für Aufwand, Zeitrahmen oder Risiken gibt?“ Er erklärte, die Fraktion der Grünen begrüße ausdrücklich, dass der Verlauf des Projekts Barne-Kreisel aufgearbeitet werden solle. Aber warum sei dafür erst eine politische Initiative nötig? Sollte „so etwas nicht längst zu einer internen Fehlerkultur gehören?“, fragte er.

Der Beschlussvorschlag der grünen Ratsfraktion stammt aus dem November vergangenen Jahres und trägt noch die Unterschrift der früheren Fraktionschefin Anne Dalig. Hier der Wortlaut: "Der Rat der Stadt Wunstorf möge beschließen: 1. Einführung eines halbjährlichen "Beschlussmonitorings": Die Verwaltung erstellt halbjährlich eine Liste aller offenen Beschlüsse des Rates. 2. Inhalt und Struktur des Monitorings: Die Liste soll für jeden offenen Beschluss den aktuellen Status (idealerweise mit Kennzahlen z. B. Leistungsphase, Prozentangaben, etc.), das geplante Realisierungsdatum und eine kurze Begründung bei Verzögerungen enthalten. Ziel ist, eine transparente und leicht verständliche Übersicht zu schaffen. 3. Berichterstattung an den Rat: Die Liste wird dem Rat und den Fachausschüssen vorgelegt und ist zusätzlich in einem geeigneten Umfang öffentlich zugänglich zu machen. 4. Ressourceneinsatz und Zuständigkeit: Die personellen und technischen Ressourcen, um eine termingerechte und umfassende Berichterstattung sicherzustellen, sind vorhanden, da die Daten den einzelnen Fachabteilungen grundsätzlich vorliegen." Die Begründung: "Ein transparenter Umgang mit Ratsbeschlüssen ist entscheidend für eine effiziente und nachvollziehbare Verwaltungsarbeit. Der Rat der Stadt Wunstorf benötigt regelmäßig Einblicke in den Stand der beschlossenen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese ordnungsgemäß und zeitnah umgesetzt werden. Bisher fehlen jedoch umfassende, strukturierte Informationen zum Fortschritt und zu den geplanten Realisierungsdaten offener Beschlüsse. Ein solches Monitoring würde die Nachvollziehbarkeit für die Ratsmitglieder und die Öffentlichkeit verbessern. Durch die Einführung eines Beschlussmonitorings erhält der Rat eine regelmäßige Übersicht zum Stand seiner Beschlüsse und kann so bei Bedarf frühzeitig steuernd eingreifen. Die Dokumentation geplanter Realisierungsdaten sowie eine kurze Begründung für Verzögerungen tragen dazu bei, dass die Verwaltung ihre Umsetzungsprioritäten und -hindernisse offenlegt. Das Beschlussmonitoring stärkt die Kontrollfunktion des Rates und ermöglicht eine proaktive Steuerung und Priorisierung der offenen Maßnahmen. Für die Bürgerinnen und Bürger schafft es zudem mehr Transparenz über die Umsetzungsprozesse in der kommunalen Verwaltung, was zu einem gestärkten Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und Verlässlichkeit der Stadt führen kann."
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Kommentare


  • Sabine. S sagt:

    Die Grünen waren in den letzten 20 Jahren in Wunstorf immer in Verantwortung und waren Teil der Mehrheitsgruppe. Warum haben sie das während ihrer „Regierungszeit“ nicht beschlossen? Und wie sieht es eigentlich in den Behörden aus – insbesondere in derjenigen, in der der Fraktionsvorsitzende arbeitet?

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