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Stadtwerke Wunstorf stellen bis 2025 auf H-Gas um

18.03.2022 • Daniel Schneider • Aufrufe: 1986

Große Umstellung im Wunstorfer Gasnetz: in 3 Jahren müssen die Gasanschlüsse H-Gas verarbeiten können. Schon in diesem Jahr läuft der Umstellungsprozess an, an dessen Ende manche Kunden auch Geräte werden austauschen müssen.

18.03.2022
Daniel Schneider
Aufrufe: 1986
Gasanschluss in Wunstorf | Foto: Stadtwerke

Wunstorf (ds). Auf die Nutzer des Wunstorfer Gasnetzes kommt eine größere Umstellung zu: Bis 2025 müssen die Stadtwerke auf H-Gas umgestellt haben. Die Gründe erläuterte Stadtwerke-Geschäftsführer Henning Radant am Donnerstag im Bauausschuss. Denn das Vorkommen von L-Gas, das bislang vor allem aus den Niederladen und Nordwestdeutschland bezogen wird, wird in absehbarer Zeit erschöpft sein.

L-Gas (vom englischen „low“ = gering) beinhaltet 9-10 kwH Energie pro Kubikmeter Gas. H-Gas („high“) hat einen Energiegehalt von 13-14 kwH pro Kubikmeter.

„Wir werden uns vom L-Gas verabschieden müssen“, so Radant. Die Quellen würden „so langsam“ versiegen. Eine Wahl haben die Stadtwerke nicht – die sogenannte Marktraumumstellung wird von der Bundesnetzagentur vorgegeben, und eigene Quellen besitzen die Wunstorfer nicht. Hintergrund ist die abnehmende Verfügbarkeit des bisher bezogenen L-Gases. Das Gas mit geringerem Energiegehalt, das vor allem aus den Niederlanden bezogen wird, geht langfristig schlicht zur Neige. Ausgerechnet jetzt erfolgt also eine Umstellung auf H-Gas – das aktuell in Deutschland zum größten Teil aus Russland bezogen wird. H-Gas wird zu knapp 55 Prozent aus Russland importiert, auch Norwegen liefert H-Gas mit einem Anteil von knapp 30 Prozent.

Bald auf russisches Gas angewiesen

Entsprechend ging Radant auch auf die Versorgungssicherheit ein. Ihn habe schon vor 20 Jahren gestört, dass man geopolitisch derart von russischem Gas abhängig sei. Eine kurzfristige Alternative zu aus Russland importiertem Gas sieht Radant jedoch nicht. Das hinge mit den Versäumnissen der bisherigen Bundespolitik zusammen: Die habe es versäumt, in den vergangenen Jahren die Errichtung von LNG-Terminals für die Speicherung von Flüssiggas voranzutreiben. Die großen Konzerne hätten gebremst, da keine Konkurrenz für die eigenen Importverträge mit Russland gewünscht war. Die Terminals seien als unwichtig, teuer und politisch nicht durchsetzbar dargestellt worden. Die Bundesnetzagentur habe entsprechende Investitionen durch Regulierung unwirtschaftlich werden lassen. „Die Politik hat geschlafen und nicht an Versorgungssicherheit gedacht, nur an Rendite“, so der Stadtwerke-Geschäftsführer. Dabei brauche man LNG-Terminals unbedingt, um sich unabhängig zu machen. Die Zeit werde allerdings knapp zum grundsätzlichen Umsteuern, und die allgemeine Bürokratie sei ein Hemmnis, sagte Radant der Auepost. Aktuell müsse man sich noch keine Sorgen machen, die Speicher in Deutschland seien noch zu 30 % gefüllt. Aber wenn sich die Bundesregierung zu einem Importstopp entschließe oder aber Russland die Lieferungen einstelle, dann wäre man in „Schwierigkeiten“.

Das Netz in Wunstorf sieht Radant als gut aufgestellt: Mit dem Bau einer zweiten Verteilungsleitung von Mesmerode nach Steinhude im Jahr 2008 hatte man die Versorgungssicherheit im Falle von Störungen im Hauptnetz sichergestellt. Seitdem lassen sich große Störungen im Netz umgehen, da von zwei Seiten eingespeist werden könne, um einen Druckabfall zu verhindern - und somit auch, dass die Hauptrückschlagsventile in den Haushalten schließen, wenn der Gasdruck im Netz abfällt.

Der geplante Bau von Flüssiggasterminals könnte langfristig Abhilfe schaffen. So könnte auch Gas aus den USA oder Südafrika bezogen werden. Das würde dann allerdings frühestens in 4 Jahren der Fall sein. Die Nachfrage aus dem Ausschuss, ob dann erneut eine Umstellung nötig sei, konnte Radant verneinen: Flüssiggas sei normales H-Gas, das nur für den Transport durch Herunterkühlen verflüssigt und so für den Transport stark komprimiert werde.

14.000 Geräte müssen erfasst werden

Die Stadtwerke stehen nun vor der Aufgabe, alle gasabnehmenden Geräte in Wunstorf zu klassifizieren: Bis zum Stichtag am 13. Mai 2025 muss feststehen, welche Geräte die Umstellung automatisch vornehmen, bei welchen ein Techniker vorher manuell eingreifen muss, um z. B. eine Düse auszutauschen, und welche Geräte komplett ausgetauscht werden müssen, weil sie aufgrund ihres Alters mit H-Gas nicht zurechtkommen. Letztlich muss die Neujustierung des Luft-Gas-Verhältnisses sichergestellt sein.

Die Schwierigkeit sieht Radant in der direkten Übergangszeit von zwei Wochen, dem eigentlichen Umstellungskorridor. Einige bereits umgestellte Gasabnehmer könnten innerhalb dieser Zeit dann in den Wartungsmodus zurückschalten, wenn die Geräte bereits auf H-Gas umgestellt sind, aber im Netz noch L-Gas zirkuliere. In diesen Fällen müsste dann erneut ein Techniker eingreifen. Die Schwierigkeit entsteht auch, da die beiden Versorgernetze, die Gas in das Wunstorfer Netz leiten, zu unterschiedlichen Zeiten umgestellt werden.

Die Umstellung sei für Wunstorf eine riesige Aufgabe allein wegen der Anzahl der Gasanschlüsse, so Radant, denn es gebe hinter den 11.000 Zählern 14.000 Gasgeräte – die nun allesamt auf H-Gas-Tauglichkeit überprüft werden müssen. Mit der Erhebung wollen die Stadtwerke daher frühzeitig beginnen – schon ab August dieses Jahres beginnt die Erfassung.

Kosten nur für Altgerätebesitzer

Die Kosten für die Umstellung trägt die Allgemeinheit über die Netzentgelte, so dass auf Gaskunden in Wunstorf deswegen im Einzelnen keine höheren Kosten beim Gasbezug entstehen. Allerdings müssen Altgerätebesitzer, deren Gasanlagen gar nicht mit H-Gas kompatibel sind, neue Geräte anschaffen. Lassen sich Geräte nicht umstellen, ist ein Austausch nötig. Das könnte Geräte treffen, die älter als ca. 30 Jahre alt sind. Gegebenenfalls sind jedoch Zuschüsse möglich. Die Stadtwerke werden ein extra Gas-Büro eröffnen, um die Umstellung zu koordinieren und eine Anlaufstelle zu bieten. Für die Umstellung wird insgesamt mit 4,2 Millionen Euro kalkuliert.

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