Wunstorf (ms/as/ds). Vor einiger Zeit war noch nicht einmal sicher, wann es überhaupt unbeschwert gefeiert werden könnte, doch in diesem Jahr gelang es: Das große Stadtfest zum 1150. Jahrestag Wunstorfs hätte kaum besser ablaufen können. Bei überraschend hochsommerlichen Temperaturen kamen sowohl Akteure als auch Besucher schnell ins Schwitzen, doch die Veranstaltung hatte zugleich einen unglaublichen Sommerfestcharakter – als wäre die ganze Stadt schon in den Ferien und nun zum Feiern zusammengekommen. Von der Fußgängerzone bis zum Stiftshügel hatten dutzende Programmpunkte und gastronomische Möglichkeiten gewartet.
Die Hauptbühne auf dem Parkplatz am Bauamt erwies sich, obwohl ursprünglich nur zweite Wahl gewesen und Planungen zu möglichen Coronaszenarien geschuldet, als genau richtige Entscheidung – es wurde rappelvoll, wirkte trotzdem nie gedrängt, sondern entspannt und zum Wohlfühlen. Der vorbeifließende Verkehr der B441 störte nicht weiter, selbst die Seesterne, der Kinderchor der Grundschule Steinhude, drangen gut zum Publikum durch. Tobias Rademacher, Chef von Aquesto Events aus Haste und ehemaliger Höltyschüler, führte durch das Bühnenprogramm.
Auf dem Stiftshügel gab es Informationen, Führungen und altes Handwerk: Die Stiftskirche war zu allen Seiten geöffnet und bot den Gekommenen nicht nur Eindrücke, sondern auch eine willkommene Abkühlung. Drumherum ebenfalls ein großes Programm: Kreuzstich und Flammkuchen, Stockbrot mit den Pfadfindern, Kerzenziehen und Schmieden zum Selbstausprobieren. Vor allem die Jüngeren wussten zu schätzen, was die Stiftsgemeinde hier auf die Beine gestellt hatte. Schlüsselanhängerflechten wurde zum Renner, und wer einen Smoothie bestellte, durfte auch diesen selbst zubereiten – mit neuzeitlicherer, aber ebenfalls wohl eher in Vergessenheit geratener Technik.
Auf dem Stiftshügel präsentierte sich auch das Forum Stadtkirche, ebenso das Projekt Kurze Wege in Form des Teams um Stephan Kuckuck mit einem Cafémobil auf der Ape – und bewiesen, dass auch der Weg zum heißen Kaffee kurz sein kann.
Da auch der Neubürgerempfang integriert war, nahmen die Stadtvertreter eine entsprechende Rolle auf der Bühne ein; die Verwaltung hatte auch wieder einen großen Pavillon mit gut aufbereiteten Infos, Büchern und Wunstorf-Devotionalien im Angebot.
Die Eröffnungsviertelstunde geriet allerdings leicht akademisch – die Feierwilligen wurden zunächst mit dem vergrößerten Faksimile der Urkunde der ersten Erwähnung Wunstorfs und den Hintergründen zum Anlass des Stadtgeburtstages vertraut gemacht.
In der Fußgängerzone konnte am Stand des Heimatvereins eine Ritterrüstung anprobiert und eine historische Wasserleitung bestaunt werden. Ein paar Schritte weiter hatte der Lions Club das Matjesessen organisiert. In einer Riesenpfanne wurden dazu Bratkartoffeln zubereitet. Den Verkauf auch der Getränke übernahmen die Clubmitglieder mitsamt der Gattinnen selbst.
Während die Lions Bänke und Pfannen schon abgebaut hatten, das Rahmenprogramm versiegte und die ersten Stände am Stiftshügel geleert waren, wurde bis zum Abend vor der Stadtkirche beim Bungee-Trampolin der Werbegemeinschaft noch weitergehüpft.
Die Bitte um Anreise ohne PKW wurde übrigens offensichtlich beherzigt – Autoparkplätze gab es wider Erwarten und trotz Sperrung des Bauamtsparkplatzes ausreichend. Nur die vorhandenen Fahrradstellplätze waren hoffnungslos überbelegt.
Wie schön, dass man Menschen ausgelassen feiern sieht, die sich nicht schon rein optisch der „neuen Normalität des WEF“ gebeugt haben.
Es würde mich sehr wundern, wenn nicht trotzdem die üblichen „Warner & Mahner“ auftauchen, um zu erinnern, dass so eine Veranstaltung quasi ein unverantwortlicher Superspreader-Event ist und zudem eine negative CO2 Bilanz aufweist.
Selbst der Bratwurst des ersten Bildes kann man nicht ansatzweise nachsagen, lediglich ein Köder für schlichte Gemüter zu sein.
Daher: Einfach mal entspannt Mensch sein und genießen! Diejenigen, die das nicht ertragen, dürfen sich gern ihre Droge ohne Anmeldung, gern auch täglich ohne Aspiration drücken lassen. Ich bin in dieser Hinsicht sehr tolerant.