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Friedensinitiative: Wunstorf würde zum vorrangigen Ziel

30.05.2023 • Achim Süß • Aufrufe: 3151

Wunstorf ist im höchsten Maß bedroht. Das sagt die Friedensinitiative Neustadt/Wunstorf. Der Fliegerhorst würde schon in der ersten Phase eines Krieges zu den „prioritären Zielen“ zählen – die Menschen in der Region Hannover „aufs Schlimmste“ betroffen. Die Initiative macht Vorschläge für diplomatische Lösungen und plant Proteste gegen das Mammut-Manöver Air Defender 23, das jetzt beginnt.

30.05.2023
Achim Süß
Aufrufe: 3151
Hubert Brieden (von links), Helgard Lorenz und Gerhard Biederbeck von der Friedensinitiative Neustadt/Wunstorf. Foto: privat

Wunstorf/Neustadt (as). Eine vergleichbare internationale Übung wie das Nato-Großmanöver hat es in der Geschichte des westlichen Bündnisses noch nicht gegeben. Auch der Fliegerhorst hat als Logistikdrehscheibe für Air Defender niemals eine derart zentrale Rolle gespielt. Nach vierjähriger Vorbereitung beginnen in diesen Tagen die Verlegungen von Soldaten und Material. Das ist für die Friedensinitiative seit Monaten Anlass, ihre Aktivitäten erheblich zu steigern. Sie haben die Öffentlichkeitsarbeit auf ganz Deutschland ausgeweitet und bereiten mit anderen Akteuren eine Demonstration am Fliegerhorst vor. „Frieden üben – statt Krieg“ ist das Motto einer Demonstration am Sonnabend, den 10. Juni 2023, zwischen 11.55 und 14 Uhr: Vor dem Haupttor des Fliegerhorstes soll es eine „zentrale norddeutsche Kundgebung“ geben – als Protest gegen „Luftkriegsübungen“ und als Werbung für diplomatische Verhandlungen, wozu es „realisierbare, von erfahrenen Diplomaten erarbeitete Vorschläge“ gebe.

Muskelspiel an der Grenze

Hauptkritikpunkt der Friedensaktivisten: Die Nato übe unter realen Bedingungen den Luftkrieg bis hin zur russischen Grenze im Baltikum und Rumänien. Der Fliegerhorst sei mit seinen 41 Militär-Airbussen, einem temporären Treibstofflager bisher nicht gekannter Größe und den Tankflugzeugen Herzstück des Manövers. Das Absetzen von Fallschirmjägern an vorderster Front werde ebenso demonstriert wie die systematische Betankung der Jagdbomber in der Luft. Das erkläre die Bundeswehrführung ganz offen. Nicht zuletzt Oberst Christian John, der Kommodore des Lufttransportgeschwaders 62, habe schon beim Neujahrsempfang klargestellt, die Besatzungen übten jetzt dort, wo sie im Ernstfall eingesetzt werden.

„Im Ernstfall droht der Region das Schlimmste“

Gerhard Biederbeck

Allerdings, so Biederbeck, seien die öffentlichen Erklärungen des Verteidigungsministeriums und des Luftwaffen-Kommandos zum Teil unklar und widersprüchlich. Die Übungsabschnitte über Rumänien und dem Baltikum seien zum Beispiel in der Antwort auf eine Bundestagsanfrage der Fraktion der Linken nicht offengelegt worden.

Hauptumschlagplatz Wunstorf

Wunstorf sei während der Übung Hauptumschlagplatz für den größten Teil von Mensch und Material: Die Kontingente würden auf dem Fliegerhorst abgesetzt und zu den anderen Einsatzorten verteilt. In erheblichem Maß an der Ostflanke der Nato. 250 Flugbewegungen pro Tag seien zu erwarten. Statt Air Defender 23 angesichts des Krieges in der Ukraine auszusetzen, habe sich die Nato für “wachsende Eskalation” entschieden, kritisiert die Friedensinitiative.

Die Forderungen der Initiativen Folgende zentrale Forderungen nennen die Veranstalter: Stopp der „kriegsvorbereitenden Militärmanöver“; diplomatische Verhandlungen jetzt, statt „weitreichendere offensivere Waffen in die Ukraine zu bringen“; Stopp der wachsenden „Militär- und Kriegsausgaben“, Stopp der militärischen Umweltverschmutzung.

Das zeige sich am Einsatz schwerer Waffen wie der Panzer vom Typ Leopard II, Kampfjets oder modernsten Haubitzen, Raketen-Systemen und Drohnen. Statt zu deeskalieren, trainiere die Nato offen und ausdrücklich an der Ostflanke den Ernstfall – mit dem Dreh- und Angelpunkt Wunstorf. Daraus folge, so Biederbeck und seine Mitstreiter, dass der Fliegerhorst in die Reihe der erstrangigen Ziele des Gegners gehöre. Die Menschen aus der gesamten Region wären “auf das Schlimmste betroffen”, wenn es zum dritten Weltkrieg oder gar zum Atomkrieg komme.

Breites Bündnis, Zulauf von zwei Bahnhöfen

Gerhard Biederbeck und Hubert Brieden, beide aus Neustadt, sind seit Jahrzehnten die Protagonisten der Gruppe. Sie sind akribische Rechercheure und im ganzen Land vernetzt. Als Unterstützer für die Demonstration haben sie folgende Gruppen gewonnen: Friedenskonferenz Norddeutschland, Bremer Friedensforum, Friedensaktion Lüneburger Heide, Gewerkschaftliche Initiative für Frieden und Militär- und Rüstungskonversion, Friedensbüro Hannover, die Gruppen „Aufstehen“ Hannover und „Schneemänner“ Wedemark/Neustadt, die Informationsstelle Militarisierung (IMI) Tübingen.

Die Friedensinitiative betont ihre Unabhängigkeit von Parteien, Institutionen und Organisationen und dass sie sich aus Spenden bei selbst organisierten kostenfreien Veranstaltungen trägt. Zum Ablauf der Aktion teilt Biederbeck mit: Die Redebeiträge sollen begrenzt bleiben, um die Teilnehmenden nicht zu ermüden und Wiederholungen zu vermeiden. Spontane kurze Ansprachen bleiben möglich.

Flyer der Friedensinitiative rund um die Natoübung | Screenshot: Auepost

Zum Auftakt spricht Brieden für den Arbeitskreis Regionalgeschichte über die Geschichte des Fliegerhorsts aus seiner Sicht. Klaus Armbruster lebt seit 30 Jahren in Bilbao, spricht für den baskisch-deutschen Kulturverein „Bascale“ und für die spanische Friedensbewegung. Diesen Beitrag verstehen die Veranstalter als „internationalen Touch“ und verweisen darauf, dass der militärische Airbus A400M im Wesentlichen in Sevilla hergestellt wird. Auch Brieden thematisiert den baskischen Aspekt des Fliegerhorstes und der deutschen Luftwaffe: Seit vielen Jahren schildert er immer wieder die Bombardierung der Stadt Guernica. Biederbeck spricht für die Friedensinitiative und als Anmelder der „Demonstration zur wachsenden Atom-Kriegsgefahr“ und fasst die Forderungen der Initiativen zusammen. Die Reden werden musikalisch begleitet von der Band „Peace Development“. Ansonsten solle bewusst statt vieler Reden das persönliche Gespräch untereinander genügend Raum haben, betont Biederbeck. Er kündigt „Zulaufdemonstrationen“ vom Bahnhof Neustadt und vom Bahnhof Poggenhagen an.

Die Transparente für die Demonstration sind fertig | Foto: privat

Die Demonstration vor dem Eingang des Fliegerhorstes ist der Höhepunkt der aktuellen Arbeit von Biederbeck, Brieden und Unterstützern. Sie werden die Veranstaltung nutzen, um ein detailliertes Konzept zu Deeskalation und Friedensverhandlungen vorzustellen, an dem renommierte Experten beteiligt waren.

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Kommentare


  • Friedenstaube sagt:

    Und wenn man euch auf die rechte Wange schlägt, dann haltet auch die linke hin!

  • Ekkehard Lentz sagt:

    Das Bremer Friedensforum unterstützt die Demonstration gegen das größte Luftmanöver seit Bestehen der NATO, das bereits seit 2018 geplant wird. Generalleutnant Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe: „Mit Air Defender 2023 zeigen wir, dass Deutschland Führung kann und wir mehr Verantwortung übernehmen.“(WESER-KURIER 11.4.2023) Ein anderes (nicht-militärisches) Verständnis von Führung und Verantwortung wäre besser.
    Am 1. Juni sind Helgard Lorenz und Gerhard Biederbeck von der Friedensinitiative Neustadt/Wunstorf unsere Gäste bei der wöchentlichen Mahnwache für Frieden und Abrüstung in Bremen sowie bei der Sitzung des Bremer Friedensforums zur Vorbereitung auf die Demo gegen Air Defender 2023.

    Siehe auch:

    https://www.bremerfriedensforum.de/1555/aktuelles/Bremer-Friedensforum-unterstuetzt-Proteste-gegen-AirDefender2023-das-groesste-Luftmanoever-seit-Bestehen-der-NATO/

  • HERMANN FRIEDEN sagt:

    ICH STIMME EUCH ZU WENN IHR SOVIEL MUMM IM ARSCH ÄTTET UND WÜRDET MIT DER GANZEN BREMER UND WUNSTORFER FRIEDENSGRUPPE NACH MOSKAU FAHREN UND AUF DEM ROTEN PLATZ DEMONSTRIEREN MIT ALL DEN WERBE UND PLAKATMATERIAL WAS IHR IMMER MIT EUCH FÜHRT !!! DER REST DANN WIEDER ZURÜCK KOMMT; KANN DANN IN WUNSTORF VOR DEM FLIEGERHORST DEMONSTRIEREN ;ICH WERDE MICH DA DANN AUCH DRAN BETEILIGEN !!!HOFFE DAS ICH NICHTALLEINE DEMONSTIEREN MUSS ;WEIL DIE IN MOSKAU VON DER OMON INS GULAK GEBRACHT WORDEN SIND !!!

  • Anonymous sagt:

    Finde auch das Wunstorf der falsche Ort für diese Demonstration ist.
    Der Rote Platz in Moskau wäre zutreffender.
    Dort ist der Ursprung dieses heimtückischen
    und brutalen Überfalls auf die unschuldigen Menschen in der Ukraine.

  • Chris P. Bacon sagt:

    Warum greift niemand die USA an? Weil sie in der Lage sind, sich zu verteidigen. Das bewahrt dort den Frieden. Zu verurteilen ist der Einsatz des Militärs zu Angriffszwecken. Diesen Unterschied kann man doch nicht ignorieren. Ihr könnt für Abrüstung und Friedensverhandlungen demonstrieren, aber doch nicht gegen unsere Verteidigungsfähigkeit! Ihr wollt ernst genommen werden? Dann lernt zu differenzieren und hört auf, den Leuten auf die Nerven zu gehen, die weder etwas dafür oder dagegen tun können, sondern auch nur wollen, dass alles friedlich bleibt, und genau dafür auch ihr Leben geben würden. Danke!

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