Großenheidorn (ds). Es wirkt, als hätte es ihn schon Jahrhunderte gegeben, beladen mit seinen historischen Bezügen und der bedeutungsvollen Symbolik – das „Großenheidorner Weberschiffchen“. Der Großenheidorner Ortspreis nach einer Idee von Hans Schettlinger wurde tatsächlich jedoch erst im Jahr 2000 gestiftet. 19-mal war das Weberschiffchen seitdem vergeben worden, bis zum gestrigen Freitagabend. Dann stand die Großenheidornerin Bärbel Möller für ihre Verdienste für den Ort im Rampenlicht – und der Preis war zum 20. Mal vergeben.
Es war eine ungewöhnliche 20. Verleihung im Gemeindehaus der St.-Thomas-Gemeinde: „Mr. Weberschiffchen“ Schettlinger selbst fehlte, was anfangs für Verwunderung sorgte. Pastor Karsten Dorow sprang ein und klärte auf: Schettlinger hatte wegen Erkrankung kurzfristig absagen müssen. Ein Teil seiner geplanten Begrüßungsworte wurden von Dorow zitiert, nachdem dieser selbst den Abend eröffnet hatte. Dabei erfuhr der Saal auch, was Schettlinger abschließend hatte sagen wollen: Für ihn sollte die 20. Preisverleihung der Moment sein, in dem er sich aus seiner Position zurückzieht und die Arbeit in jüngere Hände legt.
Pastor Dorow erklärte die Bedeutung des Weberschiffchens und sagte, dass die Symbolik sowohl die Zugehörigkeit traditionell zur Seeprovinz als auch zum heutigen Wunstorf ausdrücke. Als Dorow in die Menge fragte, wer von den früheren Preisträgern anwesend sei, schossen zahlreiche Hände in die Höhe. Manfred Wenzel, der zuletzt den Ortspreis 2019 erhalten hatte, konnte allerdings wie Schettlinger – Preisträger 2012 – ebenfalls nicht dabei sein.
Bürgermeister Piellusch (SPD) als Ehrengast der Verleihung stellte die Bedeutung des Ehrenamtes auch in Großenheidorn in den Vordergrund. Ein sichtlich gut gelaunter Ortsbürgermeister Ehlerding (SPD) hielt mit viel Witz dann die Laudatio auf Möller, wich mehr als einmal spontan von seinem Redemanuskript ab – und Schettlinger hatte ihm sogar in Abwesenheit dafür gleich die erste Pointe für freundliches Gelächter geliefert: „Keine Sorge, er hat uns einen detaillierten Ablaufplan hinterlassen“, spielte Ehlerding auf Schettlingers Sorgfalt an. Er holte damit auf rührende Weise Schettlinger mit in den Raum, wie es auch Dorow zuvor getan hatte.
Gerührt wirkte auch Bärbel Möller, als sie den Preis entgegennahm und stolz vor allen in die Höhe hielt. Ehlerding hatte zuvor die Mehrzweckhalle Großenheidorn zum roten Faden für die Verdienste Möllers werden lassen: Sie spielte dort schon aktiv Handball und sei dann nach der Tätigkeit als Raumausstatterin bei Voss in Wunstorf 23 Jahre lang Reinigungskraft in der Mehrzweckhalle Großenheidorn gewesen. „Reinigungskraft in unserer Mehrzweckhalle – ein Traumjob, würde ich sagen“, meinte Ehlerding und erntete erneut zustimmendes Gelächter. Möller schmücke sogar jedes Jahr den von der Feuerwehr aufgestellten Maibaum, obwohl sie gar nicht Mitglied der Feuerwehr sei – aber die Wehr sei an der Mehrzweckhalle stationiert. Gleiches gelte für die Premieren der Laienspielgruppe und dem anschließenden Osterball – in der Mehrzweckhalle.
Fast familiär wirkte die Preisverleihung trotz der vielen Gekommenen, und das lag nicht nur daran, dass Möllers Familie mit in der ersten Reihe saß – das verbindende Element des Preises für Großenheidorn trat deutlich zutage. Der gesamte Ort war eingeladen zur Verleihungsfeier – und der Gemeindesaal war so voll, dass auf den hinteren Plätzen die Schwierigkeit bestand, alle Sängerinnen der traditionell die Verleihung musikalisch ausschmückenden Jugendkantorei St. Johannes wahrzunehmen.
Das wiederum griff Chorleiter Matthias Schwieger humoristisch auf und stellte damit das junge Alter einiger Chormitglieder heraus: „Wenn Sie überhaupt niemanden sehen, aber hören, dann ist das Julia.“
Ortsbürgermeister Ehlerding hob Bärbel Möllers Engagement in der Sport Schützen Gilde hervor und verpflichtete sie noch inmitten seiner Laudatio zu weiteren Arbeiten: Für eine Strohpuppenaufstellung im nächsten Jahr anlässlich 777 Jahre Großenheidorn solle sie wieder die Gestaltung übernehmen, wie schon 1997 zum großen Dorfjubiläum. Die Erlaubnis zur Wiesennutzung am Ortseingang organisierte Ehlerding im gleichen Atemzug mit – und Möller quittierte lachend und kopfnickend. Die haushohen Dorfjubiläums-Strohpuppen im Jahre 2024 könnten damit die Ehre erhalten, von einer waschechten Ortspreisträgerin dekoriert zu werden.
Verliehen wird das Großenheidorner Weberschiffchen seit dem Jahr 2000. Insgesamt 31 Preisträger gab es seitdem, in manchen Jahren wurde der Preis gleichzeitig an mehrere Personen, Paare oder Gruppen verliehen. Geehrt wird mit dem Preis gesellschaftliches Engagement für Großenheidorn. In der Jury sitzen neben dem Arbeitskreis 750 Jahre Großenheidorn und der Kirchengemeinde auch Vertreter des Ortsrates Großenheidorn. In den Jahren 2004, 2020, 2021 und 2022 wurde der Preis nicht vergeben.
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