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Licht für die Feuerwehr: Nach 30 Jahren bekommt Wunstorf ein neues Leitfahrzeug

26.10.2021 • Daniel Schneider • Aufrufe: 1630

Ein „brandneues“ Fahrzeug für die Einsatzleitung: Die Wunstorfer Feuerwehr ist nach jahrelangem Warten wieder auf dem aktuellen technischen Stand. Ohne Bordkaffeemaschine.

26.10.2021
Daniel Schneider
Aufrufe: 1630
Übergabe neuer ELW
Lichtstark: Die Teleskopscheinwerfer erhellen die Umgebung | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds). H-WU 3266 – wenn künftig ein Fahrzeug mit diesem Nummernschild auftaucht, dann „brennt’s“ – zumindest ist dann die Einsatzleitung der Stadtfeuerwehr im Dienst. Am Montagabend wurde das schon sehnsüchtig erwartete nagelneue Fahrzeug der Feuerwehr offiziell übergeben. Es war im wahrsten Sinne des Wortes Zeit geworden: Das bisherige Einsatzleitfahrzeug (im Feuerwehrjargon nur „ELW“, Einsatzleitwagen, genannt) der Freiwilligen Feuerwehr Wunstorf hätte theoretisch schon ein weiteres H am Ende des Kennzeichens bekommen können – für „historisch“. So mutete das Leitfahrzeug tatsächlich längst an. Nicht nur durch die Farbe (Signalorange statt Feuerwehrrot) unterschied es sich mittlerweile vom restlichen Fuhrpark. Es war zwar immer wieder modernisiert worden, doch konnte technisch zuletzt nicht mehr mithalten. Stadtbrandmeister Martin Ohlendorf, der im Beisein von Erstem Stadtrat und künftigem Bürgermeister Carsten Piellusch, Noch-Amtsinhaber Rolf-Axel Eberhardt und Ortsbürgermeister Thomas Silbermann das Fahrzeug in Empfang nahm, brachte den Zustand des Altfahrzeugs während seiner Ansprache süffisant auf den Punkt und spielte damit auf die vielen elektronischen Nachrüstungen an: „Wenn die Wache abbrennt, dann wegen des ELW.“ Die Gefahr bestehe nun nicht mehr, da es außerhalb der Halle abgestellt sei, lachte er. Man habe die Tage nur noch rückwärts gezählt, bis das neue Fahrzeug nun endlich da gewesen sei.

„Wenn die Wache abbrennt, dann wegen des ELW“

Stadtbrandmeister Martin Ohlendorf

Gezählt werden musste unglücklicherweise sogar noch länger, da sich die Pandemie auch auf die Fahrzeuganfertigung ausgewirkt hatte. Auch ein für August angesetzter Übergabetermin musste noch einmal verschoben werden. Doch nun stand der Wagen am Montagabend vor der Feuerwache in der Barnestraße 1 vor den zur Übergabe angetretenen Kameradinnen und Kameraden. Dieses Bild war bereits eindrucksvoll, dabei waren gar nicht alle Einsatzkräfte gekommen – ein Teil war zu diesem Zeitpunkt just in einem Einsatz.

Älter als mancher Feuerwehrmann

Als das bisherige Fahrzeug 1990 in Dienst gestellt wurde, gab es noch die DDR. Das Internet war zwar schon erfunden, aber im Alltag noch völlig unbekannt. Ganz anders das neue Fahrzeug: Eingebauter Router, computergestützte Kommunikation, Verbindungen in verschiedene Funk- und Mobilfunknetze … und ganz wichtig: endlich digitaler Behördenfunk. Der war beim alten Fahrzeug nämlich bis zuletzt nicht verfügbar, weil man sich wegen des Alters gegen eine Nachrüstung entschieden hatte. Wunstorf war dadurch als letzte Feuerwehr in der Region funktechnisch ein „blinder Fleck“ auf der Einsatzlandkarte, wie Ortsbrandmeister Sven Möllmann anmerkte. Sollte der Digitalfunk einmal ausfallen, kann als Backup jedoch immer noch auf die alte Technik zurückgegriffen werden.

Übergabe neuer ELW
Museumsverdächtig: Innenraum des alten Einsatzwagens | Foto: Daniel Schneider
Übergabe neuer ELW
Kommandostand des neuen Fahrzeugs | Foto: Daniel Schneider

Überhaupt spielt das Bewährte weiterhin eine große Rolle im modernen Einsatzfahrzeug, berichtet Roman Troppenhagen vom Fahrzeugeinrichter Bösenberg, die das Wunstorfer Fahrzeug in den zurückliegenden Monaten als Einzelstück aufgebaut haben. Denn obwohl alles nach Hightech aussieht, das Fahrzeug eine rollende Kommandozentrale mit allen Schikanen ist, was die heutige Kommunikation bereitstellt, baut alles dahinter bewusst auf robuster Technik auf. Das Fahrzeug selbst kommt daher mit so wenig Elektronik wie nötig aus. „Auch nachts um 3 soll man schnell die Sicherung tauschen können und nicht ein Software-Update fahren müssen“, erklärt Troppenhagen die Hintergründe. Die Computer wiederum laufen mit aktuellem handelsüblichen Windows, nicht mit Spezialsystemen, um keine zusätzlichen Bedienhürden aufzubauen.

Mit dem neuen Fahrzeug können die Wunstorfer nun nicht nur wieder mitfunken – und angefunkt werden -, sondern noch ein paar weitere Annehmlichkeiten nutzen, die ihnen die Arbeit erleichtern. Die sieht man allerdings erst auf den zweiten Blick. Trotz aller Raffinessen wirkt der Kommandostand spartanisch – und das hat ebenfalls einen guten Grund: im Einsatz – und im schlimmsten denkbaren Fall bei einem Unfall des Fahrzeuges selbst – soll sich den Insassen nichts in den Weg stellen können. Der Stauraum und die Sitzpositionen erinnern daher nicht nur zufällig an die Kabinen von Flugzeugen. Das Interieur wirkt wie Kunststoff – doch hinter den grauen Abdeckungen verbirgt sich reines Pappelholz. Dieses findet aus Gewichts- und Stabilitätsgründen gleichermaßen Verwendung.

Übergabe neuer ELW
Roman Troppenhagen war verantwortlich für die Umsetzung | Foto: Daniel Schneider

Der Platz des Einsatzleiters ist der Beifahrersitz – als Schnittstelle zwischen außen und innen, als Mittler zwischen Koordination und Einsatzgeschehen auf der Straße. Die Sitze im alten Fahrzeug hatten durch den nachträglichen Einbau einer zweiten Rückbank eine fast vertikal ausgerichtete Rückenlehne. Im neuen Fahrzeug darf man bequemer sitzen – und natürlich auch praktischer: Der Sitz lässt sich komplett drehen, so dass der Einsatzleiter auch direkt der „Zentrale“ beiwohnen kann, ohne dafür erst aus- und wieder einsteigen zu müssen. Auch eine Drohne samt Wärmebildkamera, die ihre Aufnahmen direkt auf die Monitore des ELW schickt, ist an Bord.

Nun auch rotes Licht zum Blaulicht

Es piept laut – das ist nicht etwa das Signal, dass das Blaulicht eingeschaltet ist oder der Funkmast ausgefahren, sondern dass der Einsatzleitwagen noch am externen Stromnetz angeschlossen ist, über ein Kabel mit Strom versorgt wird. Das ist eine Extra-Sicherung, damit nicht versehentlich bereits aus der Fahrzeughalle gefahren – und dabei die halbe Fahrzeughalle mitgenommen wird. Denn anders als etwa die Einsatzfahrzeuge der Wunstorfer Flughafenfeuerwehr hängen die Fahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr nicht permanent in Bereitschaft am Netz – die Stecker fallen beim Starten des Motors nicht automatisch ab.

Übergabe neuer ELW
Noch im Dunkeln: Die Feuerwehr angetreten zur Fahrzeugübergabe | Foto: Daniel Schneider
Übergabe neuer ELW
Symbolische Schlüsselübergabe durch den Bürgermeister an den Stadtbrandmeister und Ortsbrandmeister | Foto: Daniel Schneider
Übergabe neuer ELW
Die Feuerwehr Klein Heidorn versorgt die Kameraden der Kernstadt im Anschluss mit Erbsensuppe | Foto: Daniel Schneider
Übergabe neuer ELW
Eberhardt, Piellusch und Silbermann ließen sich das Fahrzeug zeigen | Foto: Daniel Schneider

Die Kameradinnen und Kameraden der Wunstorfer Feuerwehr haben sich das Fahrzeug nach ihren Wünschen konfiguriert: Einer der wichtigen Punkte war dabei gutes Licht. Auch deshalb kam der elektronisch ausfahrbare Teleskopmast hinzu, der nicht nur die Antennen beherbergt und durch rotes Signallicht den Wagen weithin als Einsatzleitung erkennbar macht, sondern auch LED-Scheinwerfer trägt. Wie essentiell solche elementaren Dinge sein können, wurde im Halbdunkel des Feuerwehrgebäudes bei der Übergabezeremonie gleich deutlich. Während bei der Übergabe das Geschehen noch fast im Dunklen stattfand, spärlich beleuchtet vor allem durch das indirekte Licht aus der Feuerwache, wurde es auf einmal taghell, als der richtige Schalter im ELW gedrückt war – und mit den Strahlern an der ausgefahrenen Teleskopantenne hoch über dem Wagendach das Flutlicht aktiv wurde.

Troppenhagen, der beim Ausstatter für den gesamten Blaulichtbereich zuständig und selbst seit rund 30 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Wettbergen aktiv ist, steuerte einige Anekdoten bei, was sich andere Feuerwehren bisweilen wünschten: Statt der mitunter überlebenswichtigen Lichtsignalleiste am Heck, die zum Beispiel auf der Autobahn denselben Sichtbarkeitseffekt erzeugt wie ein „Leuchtfeuer“ der Autobahnmeisterei, war einmal ein LED-Textlaufband gewünscht. Eine andere Feuerwehr wollte eine Kaffeemaschine – letztlich für den Feuerwehralltag auch überlebenswichtig – ins Leitfahrzeug eingebaut haben. Solche Pläne verhindern aber meist schon die technischen Vorschriften, erklärt der Fahrzeugschreiner: Ein derart bestücktes Fahrzeug würde nicht durch die Abnahme kommen. Kaffeemaschinen seien rechtlich zwar denkbar – aber schlicht fehl am Platze: der Energieverbrauch wäre zu hoch für ein Nothilfefahrzeug.

Die Ressourcen sind dem Einsatzzweck vorbehalten – und damit ist das Fahrzeug ebenfalls gut bestückt: Ist keine externe Stromquelle verfügbar, sorgen die Batterien für lange Operationsfähigkeit – und für längere autarke Standzeiten hat der Wagen sogar einen eigenen Generator zur Stromerzeugung an Bord. Darauf können nun nicht nur die Feuerwehrleute der Kernstadt zugreifen – im Rahmen der Einsatzleitkomponente der Stadtfeuerwehr wird das rund 225.000 Euro teure Fahrzeug für alle Ortswehren der Stadt eingesetzt.

Ein Elektrofahrzeug ist der ELW aber noch nicht, der Motor ist ein klassischer Verbrenner. Bürgermeister Eberhardt sah es aber als möglich an, dass auch Feuerwehrfahrzeuge in einigen Jahren nur noch als Elektrofahrzeuge angeschafft werden – die Entwicklung ginge rasch voran. Das jetzt in Dienst gestellte Neufahrzeug könnte damit irgendwann vielleicht erneut zum Letzten seiner Art gehören. Doch jetzt habe man damit erst einmal „die nächsten Jahre Ruhe“, so Möllmann. Die Zeit der ständigen Nachrüstungen ist vorbei. Der alte Einsatzleitwagen geht in den verdienten Ruhestand – und bekommt stattdessen die Chance, als Campingwagen oder Ähnliches weiterzufahren: In Kürze wird er über die Zollauktionen versteigert.

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