Der Platz an den Strandterrassen mag im Hochsommer einer Bratpfanne gleichen, und es mag noch Grün fehlen. An diesem Freitagnachmittag des 24. Mai ist die graue Stein-Pläne am Wasser ein perfekter Platz für eine Großveranstaltung. Das Konrad-Adenauer-Haus hat Steinhude bewusst gewählt: wegen der Größe, der Zahl der Parkplätze, der relativ kurzen Entfernung zu den Autobahnen, der perfekten Infrastruktur mit Strom und Toiletten in unmittelbarer Nähe. Und wegen der Sicherheit. Es ist genug Raum für hunderte von Besuchern und viel Sicherheitspersonal. Die Erfahrungen aus der Stippvisite von Angela Merkel in Steinhude vor einigen Jahren wirken nach.
Auch in Aachen hat es einen ähnlichen Termin gegeben, auch dort hat die CDU für die Europawahl und für sich geworben, auch dort waren die regionalen Bewerber und Repräsentanten dabei, ebenso Merz und Ministerpräsident Hendrik Wüst. Die Kommissionspräsidentin nicht. Sie gilt in der Partei nicht als ausgesprochene Wahlkämpferin. Sie musste auch noch nie um Stimmen kämpfen. Bisher ist sie immer und überall gerufen worden. In Hannover, in Berlin, in Brüssel. Spitzenkandidatin in Europa – das ist neu.
So geht es ihr in diesen Wochen wie Hannes Wader: heute hier, morgen dort. Die Organisatoren aus dem Konrad-Adenauer-Haus preisen den Auftritt in Steinhude und Aachen als Leuchtturmveranstaltungen: Merz und von der Leyen Seite an Seite. Auch das ist für Steinhude neu. Und für die CDU. Spitzenkandidatin und Spitzenmann treten erstmals gemeinsam auf. Der Schulterschluss drängt, denn der Urnengang ist in zwei Wochen.
Das Orga-Team hat ganze Arbeit geleistet. Aus dem Platz an den „Seeterrassen“, wie die CDU Niedersachsen ankündigt, ist so etwas wie eine kleine Arena geworden. Im abgesperrten Bereich stehen eine Bühne für die Wahlkämpfer, gegenüber eine Tribüne für Zuhörerinnen und Zuhörer, dazwischen Bierzeltgarnituren. Wer nicht angemeldet ist oder keinen Platz gefunden hat, verfolgt das Geschehen aus der Nähe. In Hodanns neuem Restaurant mit Dachterrasse lassen sich Fischbrötchen, Bier und Wahlkampf gut kombinieren. In der gegenüberliegenden Zeile ebenso.
Es ist viel Betrieb auf dem Platz. CDU-Anhänger mischen sich mit Touristen. Dazwischen Polizeibeamte, Sicherheitsleute mit Knopf im Ohr, Fotografen und Kamerateams. Die Kontrollen sind gründlich, in den Innenraum kommt nur, wer akkreditiert ist. Jeder Fotoapparat wird geprüft. Der Auflauf von CDU-Prominenz und Publikum interessiert nicht jeden. Viele Menschen gehen langsam einfach weiter, mit und ohne Eis oder Räucherspezialität. Da eilt auch Olaf Glaeseker vorbei, die Kappe tief ins Gesicht gezogen. Der frühere Sprecher von Bundespräsident Christian Wulff wohnt seit langem in Steinhude. Heute hat er kaum einen Blick für seine alte Partei und frühere Weggefährten. Da stehen die Hodann-Brüder vor ihrem Lokal und werfen kurze Blicke auf Prominenz und Publikum, ein paar Berufssegler tun es ihnen gleich.
Im Innenraum hat sich die CDU-Familie versammelt. So drückt es Martin Pavel aus. Der Vorsitzende der Wunstorfer CDU ist als Ordner eingeteilt und steht quasi in der ersten Reihe. Außer ihm und Ortsbürgermeisterin Christiane Schweer sind kaum lokale CDU-Würdenträger anzutreffen. Der Termin ist erst vor wenigen Tagen bekanntgegeben worden. Das Bundeskriminalamt und andere Sicherheitsbehörden hatten erst spät grünes Licht gegeben. So kollidiert der Merz-und-mehr-Auftritt mit anderen Verpflichtungen.
Das Ganze hat etwas von einem Veteranentreffen. Zum einen sind nur wenige Junge im Publikum, zum anderen sind viele ehemalige Mandatsträger gekommen. So Wilhelm „Charly“ Heidemann, der frühere Neustädter Bürgermeister und Landtagsabgeordnete. Er steht zusammen mit Bernd Althusmann, dem ehemaligen CDU-Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten. Der gehört zwar nicht zum alten Eisen, aber auch nicht mehr zur ersten Garde. Der Applaus bei seiner Begrüßung ist dennoch kräftig.
In der Nähe sitzt jemand ganz vorn, der in Wunstorf, Neustadt und der Region viele Jahre als Landtagsabgeordneter aktiv war: Willy Lindhorst, 82 Jahre alt, die einst pechschwarzen Haare längst weiß, leckt ein Eis und ist guter Laune, plaudert mit Heidemann und anderen alten Bekannten. Auch Werner Preugschat ist gekommen, einst Bürgermeister von Poggenhagen und etliche Jahre Ratsherr. Ein Sozialdemokrat ist in der Menge auszumachen: Dr. Sami Mohtadi ist dienstlich auf dem Platz. Der Wunstorfer Arzt gehört zum Team der Johanniter.
Pünktlich um 14 Uhr setzt die Musik ein. Zwei Sängerinnen interpretieren ABBAs „Mamma Mia“. Aber sie haben auch Tina Turner im Repertoire und Helene Fischer. Die Songauswahl passt zum Publikum, auch die Hits sind in die Jahre gekommen. Althusmann hat, Hände schüttelnd und lächelnd, seinen Weg durch die Menge gefunden und sitzt nun in der ersten Reihe vor der Bühne neben Colette Thiemann, der Fraktionskollegin aus dem Schaumburger Land.
Die Programmregie sieht Karoline Czychon als erste Rednerin vor. Die 26-Jährige führt die Junge Union und ihren ersten Wahlkampf. Auf Platz 5 der Liste hat sie Chancen, ins Europaparlament gewählt zu werden. Sie meistert ihre Rede wie ein erfahrener Profi und gibt das Mikrofon weiter. Hendrik Hoppenstedt, der Bundespolitiker, Sebastian Lechner, der Landespolitiker, der Ministerpräsident Stephan Weil beerben will, Niedersachsen-Spitzenkandidat David McAllister – sie alle sprechen über Europa und loben die Kulisse am Steinhuder Meer.
Schließlich die Hauptperson: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnt vor Putin und China. Ihre Rede ist nicht ganz frisch, aber sie nimmt die störenden Vorlagen einer kleinen Gruppe von Zwischenrufern mit Trillerpfeife gekonnt auf, ordnet sie der AfD zu und nennt die Partei Landesverräter. Beifall. Und dann schwärmt die Weitgereiste mit Wohnsitz Beinhorn von Steinhude: „Zuhause ist es doch am schönsten!“ Beifall, ein paar Jubelrufe.
Als die zierliche Präsidentin endet, kommt die Stunde des Zwei-Meter-Mannes Merz. Er hat lange gewartet, ist der letzte Redner. Aber Merz kann warten, kann durchhalten. Sonst wäre er nicht dort, wo er jetzt steht: als CDU-Chef das Steinhuder Meer und die Kanzlerschaft direkt vor Augen. Die dunklen Wolken, die sich in seinem Rücken ganz langsam nähern, sieht er nicht. 20 Minuten lang spricht Merz über Europa in Zeiten des Krieges, nimmt den Bundeskanzler aufs Korn, ohne ihn namentlich zu erwähnen, und weist die Zwischenrufer verbal in ihre Schranken.
Er gestikuliert, wie man es aus dem Bundestag kennt. Die rechte Hand mit dem Ring immer wieder halb erhoben. Als halte sie einen Taktstock, unterstützt sie seine pointierten Aussagen. Merz polarisiert auch in Steinhude, seine Sätze sind kurz und scharf. An den Strandterrassen beweist er, warum er als einer der besten Redner der politischen Szenerie gilt. Blick und Mimik sind bewusst ernst. Für ihn wie für von der Leyen steht am 9. Juni eine Schicksalwahl bevor. Starker Beifall, kein Jubel. Die Nationalhymne, starke Windböen, Platzregen. Der Vorhang zu und viele Fragen offen.
Da verwechseln Sie anscheinend etwas. Sorgen Sie doch bitte dafür, dass die Flüchtlinge in ganz Europa verteilt werden. Soll Deutschland alle aufnehmen? Haben Sie eine Idee, wo die Menschen unterkommen sollen? Die Wohnungen und auch Infrastruktur fallen nicht einfach so vom Himmel. Und die Integration klappt leider auch nicht so wirklich (siehe u.a. Demonstrationen für Kalifat etc.)
Eine im Detail und Ergebnis irgendwie blutleere Veranstaltung. Die Redebeiträge lassen keine realistischen Wendungen zum Guten erwarten.Die EU wird nach der Europawahl weiterhin desaströs agieren, die CDU ( zwischenzeitlich trotz gegenteiliger Beteuerungen ziemlich grün-rot mutiert)daran weiter mitwirken und das Land wird weiter in allen Belangen verfallen.
Alles mit Applaus gutiert.
Der Vorsitzende der CDU in Wunstorf war als Ordner dienlich. Ein Spitzen-CDUler von Wunstorf, dem Veranstaltungsort (Steinhude), lediglich Ordner. Finde ich irgendwie befremdlich. Vielleicht die persönlichen politischen Ellenbogen nicht ausreichend benutzt ??
Ich habs; Der Fachkräftemangel. Selbst Ordner sind wohl nicht mehr rekrutierbar.
Tja, das Steinhuder Meer ist eben doch etwas anderes als das Mittelmeer. Auf der anderen Seite der „Weiße Berg“, zwar auch Sand; aber kein Wüstensand, dem in Europa unwillkommene Menschen ausgesetzt sind, was wir auch noch bezahlen. Politik getragen von Menschen wie Frau von der Leyen, Herrn Merz, und all ihrer Parteifreund:innen, wohlgemerkt Mitglieder einer sich christlich bezeichnenden Partei. Und alle hoffen – beten vielleicht auch –, das Frau von der Leyen die Wahl gewinnt. Wenn das eintritt, dann sicher auch wegen einer Asylpolitik die manche Asylsuchenden eben lieber in die Wüste schickt, während wir das Grundgesetz feiern . . . „Die Würde des Menschen ist unantasbar“ . . . Das wissen die Flüchtenden allerdings nicht. Und das ist wohl gut so . . . für uns und vielleicht auch für die CDU.