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Liebesgeflüster #8

02.02.2021 • Mirko Baschetti • Aufrufe: 335

Mein Herzallerliebster, verrückt scheint mir ein sanfter Ausdruck dafür, was dich und mich, uns alle, derzeit umgibt, unseren Alltag beeinflusst und unser aller Leben limitiert, diktiert und schmerzhaft beschneidet.

02.02.2021
Mirko Baschetti
Aufrufe: 335

LiebesgeflüsterMein Herzallerliebster,

verrückt scheint mir ein sanfter Ausdruck dafür, was dich und mich, uns alle, derzeit umgibt, unseren Alltag beeinflusst und unser aller Leben limitiert, diktiert und schmerzhaft beschneidet.

Die Vorstellung, mehrere Wochen allein in Quarantäne zu sein, warf mich emotional sehr aus der Bahn. Im Geiste zogen dabei gleich zwei Tiger los und ungestüm Runden in ihrem Käfig, machten es unerträglich und eng in mir. Wochen ohne dich, ohne deine körperliche Nähe, Sanftheit und Beruhigung bei all der angeschlagenen Bedrohung da draußen, mit heranschleichenden Ängsten und der Nervosität von Unfreiheit allein? Nein! Bitte!

Meiner Bitte und Unruhe nahmst du dich an und mich fest zu dir, als ich die MHH zwar verlassen durfte, dies jedoch nur für den direkten Heimweg. Gesund, aber anhaltend unter Verdacht, fühlte ich mich gespalten. Dein bedingungsloses Beküssen war erlösend. Deinen Schwindel spürend, standen wir minutenlang da und atmeten gemeinsam auf. Zwei Tage, die sich ewig anfühlten und dir Appell genug waren, dich mit mir in den gesellschaftlichen Ausschluss zu begeben. Kein Zögern. Und so schlossen wir beieinander die Tür meiner Wohnung von innen, in den nächsten Wochen ein Lebensmittelpunkt für zwei, geschützter Raum und Liebesnest.

Während sich nun andere dieser Tage von ihren Zimmerdecken erschlagen lassen und Zweisamkeiten auf engem Raum scheitern, tauchen wir voller Genuss ein in diesen neuen Horizont. Wo gemeinsame Nächte vorher rar waren, reihen sie sich nun aneinander wie die wertvollsten aller Perlen. Leidenschaftlich und hingebungsvoll gefüllt, träumen wir hier zusammen, schlafend und ausufernd beim morgendlichen Kaffeeritual. Wir begegnen neuen Seiten aneinander, die nur der Alltag und geteilte Verantwortung emporfördert und -fordert, nicht immer mundgerecht und behaglich. Doch dich in meine Schatten und an meine Schwachstellen zu führen, ist nicht der erwartete Schlag auf einen funkelfeinen Teich, sondern vielmehr eine tiefe Ruhe, Vertrauen und Zugehörigkeit. Endlich. Du vermagst also auch diese vernarbte Verletzlichkeit in mir zu heben und wohl zu behüten. Nicht auszumalen, welchen Lärm die Stille um mich herum gemacht hätte, wärst du mir über Wochen fern gewesen. Zwar finde ich mich gut im Alleinsein zurecht, doch seit du in meinem Leben bist, ist mir das Zweisein die absolute und kostbarste Form geworden. Bitte höre niemals damit auf und immer hin, was unsere Herzen und ihr Begehr zu sagen haben. Denn ich wünsche mir in diesen Tagen, dass du nicht mehr gehst und wir die Dächer, unter denen wir Nächte verbringen, von nun an gemeinsam wählen und aufsuchen. Es ist so weit! Oder?

Bei allem Drama da draußen und in verrückten Zeiten möchte ich glauben, dass die wahre Macht und Wahrheit Liebe und nicht Angst ist. Du bist meine Wahrheit! Tag für Tag, so verrückt er auch sein mag.

Deine Liebste

PS: Stadt und Menschendichte mühen mich derweil sehr. Ein neues Kapitel ruft? Danke, dass du mich in all diese wundervollen Welten blicken lässt, die sich um uns herum auftun. Endlich!

Dieser Liebesbrief erschien zuerst in Auepost #8 (Mai 2020)

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