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„Wir haben zwei, die geben Gas“

09.03.2021 • Achim Süß • Aufrufe: 566

SPD-Hauptversammlung rein digital: Am Montagabend haben sich die beiden Bewerber für den SPD-Bürgermeistervorschlag der Basis vorgestellt …

09.03.2021
Achim Süß
Aufrufe: 566

Während der nun doch digital stattfindenden Hauptversammlung der Wunstorfer SPD haben sich am Montagabend die beiden konkurrierenden Bewerber um den SPD-Bürgermeistervorschlag der Parteibasis vorgestellt. Um 21.07 Uhr wird es plötzlich lebhaft, nach mehr als eineinhalb Stunden. Heinz Schaper meldet sich zu Wort, und plötzlich kommt Brisanz in die langatmige Prozedur von Regularien und Redebeiträgen.

Online-Hauptversammlung SPD
Ehlerding und Piellusch in der Videokonferenz | Fotos: Achim Süß

Wunstorf (as). Der SPD-Ortsverein wickelt zum ersten Mal eine Hauptversammlung komplett digital ab, und fast 80 Mitglieder haben sich angemeldet. Sie haben einen Zugangscode erhalten, sitzen zu Hause und haben den Bildschirm und eine inhaltsschwere Tagesordnung vor sich. Viele Formalien sind zu regeln, ehe die Genossen zum wichtigsten Punkt des Abends kommen. Die beiden Ortsvereinsvorsitzenden Torben Klant und Heike Leitner leiten das virtuelle Treffen betont sachlich. Klant geht kurz auf die Besonderheit dieser Versammlung ein und auf die Bedeutung des Weltfrauentags. Ein paar Sätze über Clara Zetkin klingen so, als ob er den Abend nicht ganz ohne politische Aussagen vorbeigehen lassen will. Große technische Probleme gibt es zunächst nicht. Peu à peu kommen die Mitglieder hinzu und werden freigeschaltet.

Bei einem gelingt es nicht: Carsten Piellusch, 1. Stadtrat und Bürgermeister-Vertreter, hat Schwierigkeiten mit seinem häuslichen Netz. Das ist nicht ohne, denn Piellusch ist an diesem Abend eine von zwei Hauptpersonen. Wie Martin Ehlerding, Ortsbürgermeister in Großenheidorn und Mitglied im Rat der Stadt, will er Bürgermeister werden. In der digitalen Versammlung sollen die Mitglieder die Vorstellungsreden der beiden sehen und hören.

Reihenfolge per Losentscheid

Die Entscheidung, wer SPD-Kandidat wird, fällt später per Briefwahl. Piellusch eilt ins Rathaus an seinen Schreibtisch, und die Chancengleichheit ist wiederhergestellt. Ehlerding stellt seine Schwerpunkte als Erster vor. So hat es das Los bestimmt. Er trägt ein blaues Oberhemd und liest ab, was er zu sagen hat – wie nach ihm auch Piellusch, weißes Oberhemd und dunkles Jackett, Rathaus-Outfit. Beide blicken selten nicht in die Kamera. Sie sprechen exakt zehn Minuten lang ruhig und deutlich, betont sachlich, emotionslos.

Die Begründungen für ihre Kandidatur sind nicht neu. Auch ihre programmatischen Punkte sind keine Offenbarung. Es gibt wenige Nuancen. Beide verzichten darauf, den Mitbewerber zu attackieren. Geschlossenheit ist das Gebot der Stunde. Ihre Schwerpunkte haben sie schon Tage zuvor allen SPD-Mitgliedern schriftlich erläutert, Neues fügen sie an diesem Abend nicht hinzu.

Die Sachthemen bleiben im Vordergrund

Piellusch geht kurz auf die positiven Reaktionen ein, die er nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur erhalten habe, und lässt erkennen, dass ihm das nach der Niederlage in der offiziellen Abstimmung von Parteivorstand und Fraktion geholfen habe. Bemerkenswert: Wie in seinem Brief an die Mitglieder erinnert er daran, dass er von der Partei vor mehr als sechs Jahren ins Rathaus entsandt worden sei mit der Ansage, Bürgermeister Rolf-Axel Eberhardt zu beerben. Das bleibt völlig ohne Reaktion an diesem Abend.

Wunstorf-Kreisel, BMX-Strecke

Die Fragerunde kommt zunächst nicht so recht in Gang. Im Wechsel antworten Ehlerding und Piellusch zuerst. Es geht unter anderem um Ehlerdings Bekanntheitsgrad außerhalb von Großenheidorn und Steinhude, um E-Mobilität in der Stadt, Verkehrsprobleme, lokale Sozialpolitik, Integrationsfragen und das Angebot der Stadt an Jugendliche. Die Fragen bringen Leben in die Veranstaltung, und die beiden Bewerber wirken deutlich entspannter und überzeugender. Piellusch ballt immer wieder die linke Faust und hält sie in die Kamera.

Beide warten mit neuen Ideen auf: Piellusch bringt eine große Kletterhalle und den „Wunstorf-Kreisel“ ins Spiel, einen Radwanderweg, der alle Stadtteile miteinander verbindet, Ehlerding eine Mountainbike-und-BMX-Strecke, an deren Planung Jugendliche mitwirken sollen. Piellusch punktet mit seinem sozialpolitischen Wirken im Rathaus. Sehr geräuschlos und konfliktfrei sei die Flüchtlingsbetreuung installiert worden. Er sei stolz auf seinen Beitrag zur dezentralen Betreuung. Ehlerding sieht das ebenso, wünscht aber eine bessere Vernetzung der Stadt mit Vereinen. Piellusch kontert, das „haben wir doch gemacht“ und nennt die Kooperation von Oststadtschule, Johannitern und Bauhof-Verein.

Kritik am Nominierungsprozess dringt doch noch durch

Schließlich schlägt die Stunde von Heinz Schaper, und für Minuten wird es spannend. Der alte Kämpe, in Ehren ergraut in etlichen Ämtern innerhalb und außerhalb der Partei, hadert kurz mit seinem Mikrofon und legt dann los: „Was ist los in der SPD?“ „Der Carsten“ sei bei der Arbeitsgemeinschaft 60+ gewesen. Deren Urteil danach: „Das isser!“ Aber Parteiführung und Fraktion hätten sich mehrheitlich für Martin Ehlerding entschieden. Schaper: „Was ist passiert?“

Was ist passiert?

Heinz Schaper

Er wisse, dass Piellusch nach dem Votum gegen sich „natürlich ganz schön am Boden“ gewesen sei. Deshalb die Frage: „Hast Du Deinen Rhythmus gefunden? Hast Du Fuß gefasst? Kannst Du mit Volldampf in den Wahlkampf gehen?“ Piellusch beruhigt: „Es gibt Volldampf!“ Er wolle „roter Bürgermeister“ werden und dafür kämpfen. Er sei „traurig und enttäuscht“ gewesen wegen der Niederlage in Fraktion und Vorstand, aber das habe er überwunden.

Obwohl die Frage an Piellusch gerichtet ist, lässt Parteichef Klant auch Ehlerding dazu Stellung nehmen. Es sei gut, dass es zwei starke Kandidaten in der Partei gebe. „Andere Parteien suchen händeringend, wir haben zwei, die Gas geben werden.“ Tiefgehend und erhellend sei die Veranstaltung gewesen, zieht der Vorsitzende schließlich Bilanz. Es habe sich gezeigt, dass die SPD Wunstorf in großer Geschlossenheit antrete und sich mit vielen Innovationen präsentieren werde.

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Kommentare


  • Joachim Begerow sagt:

    „Andere Parteien suchen händeringend, wir haben zwei, die Gas geben werden“, so das obige Wort-(!!)-Zitat des hiesigen Parteichefs Klant. Nun, werter Herr Klant, da dürfte Ihnen ad 1.) in den letzten Tagen und Wochen doch so einiges entgangen sein, denn die CDU hat ihren Bürgermeisterkandidaten bereits vor der SPD nominiert, und die GRÜNEN haben laut Presseberichten auch schon einen „im Ärmel“, bloß dessen Namen bislang noch nicht kundgetan. Da es im Gegensatz zur Führung Ihrer Partei mit der „Doppelspitze“ nur eine(n) Bürgermeister*in geben kann, kann es logischerweise auch nicht zwei geben, „die Gas geben werden“, zumindest nicht beide parallel auf dem „Ticket“ der SPD.
    Positiv zu vermerken ist selbstverständlich das hohe Niveau, auf dem dieser parteiinterne Wettstreit ausgetragen wird – da können sich die Genoss*innen in Hannovers Norden bei deren Kür der/des Wahlkreiskandidat*in für die Bundestagswahl weit mehr als nur eine Scheibe von abschneiden! Dennoch kann wohl kaum von Geschlossenheit die Rede sein, wenn die dem Vernehmen nach hauchdünne Mehrheit in Parteiführung und (Rats-)Fraktion in eine einseitige Empfehlung für die Wahl durch die Parteimitglieder mündet. Dies erscheint mir nur bei „glasklaren“ Voten dieser Gremien legitim (dann selbstverständlich für den/die obsiegenden Kandidat*in), ließ bei dieser Konstellation jedoch jegliche Sensibilität vermissen. Noch steht das Ergebnis der internen Kandidatenwahl durch die örtlichen Mitglieder nicht fest, aber schon jetzt sei eine Frage erlaubt: Wie wäre es mit der Vertrauensbasis zwischen Bürgermeisterkandidat und örtlicher Parteiführung bestellt, wenn sich bei dieser Wahl dann letztlich doch der in den Führungszirkeln knapp Unterlegene durchsetzt, womöglich mit einer deutlichen Mehrheit? Haben die für die Empfehlung Verantwortlichen schon einmal dieses Szenario bedacht?
    Ein Letztes: Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass die Wunstorfer SPD es quasi als „Selbstläufer“ betrachtet, dass ihr Kandidat, egal, ob er denn nun Martin Ehlerding oder Carsten Piellusch heißt, die Bürgermeisterwahl für sich entscheidet. Ich denke jedoch, die SPD wäre gut beraten, wenn sie sich die Bürgermeisterwahlergebnisse in Hannover und Neustadt in Erinnerung ruft….. Wer kannte vor jenen Wahlen schon die Herren Onay und Herbst? Ich jedenfalls nicht.

  • T. Gilde sagt:

    Wer diese Scharia-Partei wählt…..
    Wer hat uns verraten? Genau!

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