Wunstorf (ds). Seit vergangener Woche ist die Auestadt um eine Kuriosität reicher: Auffällige blaue Banderolen an Straßenlaternen in der Langen Straße weisen Autofahrer darauf hin, dort möglichst defensiv zu parken. Der Grund für die Maßnahmen sind die hohen Zahlen von Sachbeschädigungen und vielen Fahrerfluchten in der Langen Straße. Denn die Lange Straße zählt an dieser Stelle zu den heimlichen Unfallschwerpunkten in Wunstorf. Immer wieder werden hier die Außenspiegel der parkenden Autos beim Vorbeifahren abrasiert – und oft begehen die Täter danach Fahrerflucht.
Nicht nur für die Besitzer der beschädigten Autos bedeutet das Ärger, sondern auch für die Polizei ständig neue Ermittlungsverfahren, die aufgenommen werden müssen. Umgerechnet mindestens einmal pro Woche verliert ein in der Langen Straße geparktes Auto den linken Außenspiegel. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein, da nicht alle Vorfälle der Polizei gemeldet werden.
Um dem Problem Herr zu werden, wurden nun diese auffälligen Präventionsmaßnahmen ergriffen. An einigen Straßenlaternen in der Langen Straße wurden fest installierte Hinweisbanderolen angebracht. Mit weißer Schrift auf blauem Grund, sodass die Verwandtschaft sowohl zu Parkplatz- als auch Polizeischildern gleich auffällt, ist dort zugunsten der optimalen Lesbarkeit von der Straßenseite in doppelter Ausführung folgende Nachricht um die Laternen geschlungen:
„Spiegel sichern – in dieser Straße ist es vermehrt zu Verkehrsunfällen mit Unfallflucht gekommen. Geparkten Fahrzeugen wurde der Seitenspiegel oder die linke Fahrzeugseite beschädigt. Tipps Ihrer Polizei: Parken Sie innerhalb der Parkbucht soweit (sic!) rechts wie möglich. Klappen Sie die Seitenspiegel ein! Als Zeuge einer Unfallflucht informieren Sie sofort die Polizei!“
Über dem Text befindet sich ein Seitenspiegelpiktogramm mit Pfeil, der das Einklappen symbolisieren soll. Denn obwohl im befahrbaren Teil der Langen Straße Tempo 30 angeordnet ist, Fahrbahnmarkierungen fehlen, die Fahrbahn relativ schmal ist und das Umfeld wegen der extra für parkende Autos gekennzeichneten Flächen fast schon wie ein verkehrsberuhigter Bereich wirkt, scheppert es hier immer wieder.
Das mag an dem relativ hohen Verkehrsaufkommen liegen, denn obwohl 30er-Zone, gibt es hier weiterhin viel Durchgangsverkehr. Mit ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild hat die Lange Straße eigentlich nicht mehr viel gemeinsam. Einst Bundesstraße auch mit viel Fernverkehr, ist seit dem Umbau der Innenstadt zur Fußgängerzone in den 80er Jahren nur noch ein Teilstück für den Autoverkehr befahrbar. Doch auch dieser Abschnitt sieht heute anders aus. Die Fahrbahn wurde schmaler, der Gehwegbereich breiter – und die hohen Bordsteine verschwanden. Geparkt werden kann nur noch in durch graues Pflaster markierten Parkbuchten, die längs zur Fahrbahn verlaufen. Sein heutiges Erscheinungsbild hat der westliche Teil der Langen Straße seit 2011.
Trotzdem ist auch dieses Teilstück eine wichtige Verbindung geblieben, denn sonst wäre die Barnestraße eine Sackgasse und die Barne mit Sportzentrum, die Südstadt mit Feuerwehr, Polizei oder Parkplatz Am Alten Markt aus Richtung Westen nur über Umwege erreichbar. Auf Stadtplänen und Karten ist das entsprechende Teilstück der Langen Straße als Hauptverkehrsstraße ausgewiesen – ein Bild, das zwar dem Verkehrsaufkommen entspricht, mit dem Bild in der Realität aber kaum noch übereinstimmt.
Für eine derart schmale Straße herrscht jedenfalls relativ viel Verkehr, der sich entsprechend oft sehr nahe kommt und einander ausweichen muss. Für die Ausweichmanöver wird dann oft der Randstein benutzt, neben welchem jedoch direkt ohne großen Sicherheitsabstand die parkenden Fahrzeuge stehen. Die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h kann kaum gefahren werden. Problemfördernd ist dabei auch, dass die Autos in den letzten Jahren immer breiter wurden. Für zwei sich begegnende SUVs ist die Lange Straße schon brenzlig. Kommt gar noch ein LKW dazu, bleibt oft kein Spielraum mehr. Verschärfend kommt hinzu, dass die Fahrbahn im ersten Drittel einen leichten Knick macht und danach nochmals schmaler wird, was die Verkehrssituation noch unübersichtlicher und schlecht einschätzbar macht.
Mit den Hinweisschildern samt Empfehlungen versucht die Polizei nun gleich zwei Probleme auf einmal zu lösen: Das Abfahren der Außenspiegel einzudämmen und die Anzeigenbereitschaft von Zeugen zu steigern. Die Aufklärungsquote bei Fahrerfluchten in Wunstorf liegt bei etwa 50 %. Doch die Tipps führen teilweise ins Leere: Die Parkflächen in der Langen Straße sind ebenfalls nicht sonderlich breit, sodass große Wagen gar nicht weiter rechts parken können, ohne mit den Rädern unerlaubterweise auf den Gehweg zu geraten. Parken breite Wagen hingegen vorschriftsmäßig, ragen womöglich selbst eingeklappte Außenspiegel noch in den Straßenraum hinein bzw. bieten Angriffsfläche für gegenseitige Spiegelberührung.
Momentan scheinen die Hinweise jedoch noch gar nicht beachtet zu werden – oder nicht den Nerv der auf Bequemlichkeit bedachten Autofahrer zu treffen. Fast alle Autos parken derzeit weiterhin mit nicht-eingeklappten Spiegeln in der Langen Straße.
Schreibe einen Kommentar