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Erhöhte Asbestwerte an der Fulgurit-Halde

18.10.2016 • Daniel Schneider • Aufrufe: 1690
18.10.2016
Daniel Schneider
Aufrufe: 1690

Zum zweiten Mal seit Beginn der Sanierungsarbeiten auf der ehemaligen Fulgurit-Asbesthalde in Wunstorf-Luthe wurde eine stark erhöhte Asbestfaserkonzentration in der Umgebungsluft festgestellt. Nach Aussage der Region Hannover ist es diesmal ausgeschlossen, dass die festgestellten Asbestfasern von der Halde stammen.

Asbesthalde Luthe während der Umschichtungsarbeiten | Foto: Daniel Schneider

Asbesthalde Luthe während der Umschichtungsarbeiten | Foto: Daniel Schneider

Einen Grenzwert für Asbestfaserkonzentrationen in der Außenluft gibt es nicht, nur Grenzwerte für Innenräume und Arbeitsplätze. Daher wurde für die Arbeiten an der Asbesthalde Luthe selbst eine Linie gezogen, die sich an den Grenzwerten für Räume orientiert: Mehr als 500 Fasern pro Kubikmeter Luft sollten bei der Sanierung nicht freigesetzt werden. Das entspricht etwa dem 5-fachen der normalen Asbestbelastung in der Atemluft – und ist die Hälfte des Wertes, bei dem man bei Gebäuden eine sofortige Asbestsanierung empfiehlt. Bei 500 Fasern handelt es sich also um einen Wert, bei dem man selbst in einer Wohnung oder einem Schulgebäude noch keinen akuten Alarm schlagen würde.

Grenzwert deutlich überschritten

Dieses Ziel in Form des selbstgesteckten Grenzwertes wurde nun zum zweiten Mal verfehlt – und mit über 850 Fasern ein Wert erreicht, bei dem man in Innenräumen allmählich ein ungutes Gefühl bekäme. Jedoch ist derzeit unklar, woher die gemessenen Asbestfasern stammen – und ob die Asbesthalde überhaupt die Ursache für den gemessenen erhöhten Wert ist.

Auffällig erhöhte Asbestkonzentration

Bei der Messung in der vergangenen Woche, am 13. Oktober, wurde der bislang zweithöchste Wert gemessen. Die Messung ergab eine Hochrechnung auf 855 Fasern pro Kubikmeter Luft. Gemessen wurde dieser Wert am Messpunkt H5 in unmittelbarer Nähe zur Halde, im Einfahrtbereich zur Adolf-Oesterheld-Straße. Einen noch höheren Wert gab es allein Mitte Juli während der Umschichtungsarbeiten, als 873 Asbestfasern pro Luftkubikmeter gemessen wurden.

Asbestbelastung im Oktober 2016 an der Fulgurit-Halde, Messpunkt H5 (Fasern pro Kubikmeter Luft)

Asbestbelastung im Oktober 2016 an der Fulgurit-Halde, Messpunkt H5 (Fasern pro Kubikmeter Luft)

Doch letzte Woche wurde – anders als im Juli – kein asbesthaltiges Material bewegt. Dennoch waren 27 Asbestfasern im Filter vorhanden, was, hochgerechnet auf den Kubikmeter Luft, 855 anzunehmende Fasern ergibt. Bei ungünstigsten Bedingungen könnten es sogar 1244 Fasern gewesen sein.

Region ist ratlos

Was den nun erhöhten Asbestwert verursacht hat, bleibt unterdessen rätselhaft. Klaus Abelmann, Pressesprecher der Region Hannover, erklärte auf Nachfrage der Wunstorfer Auepost, dass die Region derzeit keine Erklärung dafür hat, wie der erhöhte Wert zustande kam. Nach der Ursache wird weiterhin gesucht.

Die Asbesthalde selbst könne jedoch nicht die Ursache sein: dass hier noch Fasern freigesetzt werden, sei ausgeschlossen, da alle asbesthaltigen Bestandteile bereits vollständig abgedeckt sind. Auch wenn Kunststoffabdichtbahnen, Wasserabfluss-Matten und die Begrünung noch nicht vollständig verlegt seien, befände sich über dem Asbest längst die abdeckende Sand-/Erdschicht.

Vermutlich externe Ursache

Merkwürdig an der erhöhten Messung ist auch, dass bei erhöhten Asbestwerten in der Vergangenheit stets auch die Werte anderer Fasern (z. B. Gipsfasern) erhöht waren. Am 13. Oktober stieg aber nur die Asbestfaserkonzentration an.

Info: Gefährliche Asbestfasern
U. a. wegen seiner ausgezeichneten Hitzebeständigkeit wurde Asbest im letzten Jahrhundert als Bestandteil in vielen Baumaterialien verwendet. Obwohl die Gefährlichkeit des Stoffes schon lange bekannt ist (von Erkrankungen wusste man schon um 1900, als krebserregend gilt Asbest seit 1970), wurde Asbest in Deutschland erst 1993 komplett verboten, in der EU ist Verwendung und Herstellung seit 2005 nicht mehr erlaubt. Die besondere Gefährlichkeit entsteht durch kleinste Fasern, die sich auch aus verarbeitetem Asbest lösen und als Staub in die Luft gelangen. Wenn diese Fasern eine bestimmte Form und Größe haben, setzen sie sich in der Lunge fest und lösen schwere Lungenerkrankungen und Tumore aus.

Die Region Hannover vermutet daher momentan, dass das Asbest von angrenzenden Flächen stammt oder die Messung durch Kontaminierung der Messtechnik vor, während oder nach dem Messzeitraum, z. B. auf dem Weg ins Labor, verfälscht wurde. Als Ursache käme allenfalls die Reinigung einer Baumaschine infrage, die am fraglichen Tag im Schwarzbereich abgewaschen wurde. Hierbei könnten Asbestfasern durch Wassertröpfchen in die unmittelbare Umgebung transportiert worden sein.

Keine besonderen Maßnahmen geplant

Wurde in den vergangenen Monaten bei derartigen Auffälligkeiten mit zusätzlichen Messungen reagiert, ist dies nun nicht mehr der Fall – im Gegenteil, die Messstationen werden Ende Oktober abgebaut, da kein Asbest mehr bewegt wird und die gesamte Halde zum Weißbereich deklariert wurde, in welchem kein Kontakt mit asbesthaltigem Material mehr stattfindet. Auch eine Sperrung der angrenzenden Straße als Sofortmaßnahme, so wie es Mitte Juli bei den vergleichbar hohen Werten mit dem Weg an der Bahnstrecke der Fall war, fand daher nicht statt.

Auffälligkeiten auch im September

Was den hohen Asbestwert verursacht hat, bleibt derzeit also im Dunkeln. Der Blick auf die Werte der letzten Wochen zeigte überdies keine gravierenden Auffälligkeiten, obwohl es auch im September vereinzelt zu höheren Messergebnissen kam. Diese erreichten jedoch allesamt nicht den in der vergangenen Woche festgestellten Wert und blieben auch unterhalb des Grenzwertes. Am 15 September wurden unmittelbar an der Halde (Messpunkt H4) 273 Asbestfasern pro Kubikmeter Luft festgestellt, am 27. September 382 Asbestfasern (Messpunkt H3).

Asbestbelastung im September 2016 bei der Fulgurit-Halde, Messpunkte H4 und H3/U2 (Fasern pro Kubikmeter Luft)

Asbestbelastung im September 2016 bei der Fulgurit-Halde, Messpunkte H4 und H3/U2 (Fasern pro Kubikmeter Luft)

Allerdings wurde Ende September erstmals auch ein erhöhter Messwert im weiteren Umkreis um die Halde errechnet. Am 27. 9. wurden am Messpunkt U2, der in der Rotdornstraße in bewohntem Gebiet im Süden Luthes aufgestellt ist, 260 Asbestfasern gemessen (in der Graphik grün dargestellt). Dieser Messpunkt steht von der Halde aus gesehen dort, wohin statistisch betrachet am häufigsten der Wind weht (von Südwesten nach Nordosten). Somit kam es an diesem Tag sowohl unmittelbar an der Asbesthalde als auch im Süden von Luthe zu Asbestfaserwerten, die über dem sonst üblichen Niveau lagen.

Konsequenzen für die weitere Sanierung

Für den weiteren Verlauf der Arbeiten haben die Messungen – in Bezug auf die Halde selbst – keine Bedeutung mehr. Bis Jahresende sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, bis dahin müssen noch die restliche abdichtende Plane verlegt, Grün aufgetragen und weitere Ablaufmatten installiert werden. Dies kann inzwischen ohne besondere Schutzkleidung geschehen, denn der wesentliche Teil der Sanierung ist inzwischen fertiggestellt. Sollten wider Erwarten jedoch nochmals derart erhöhte Asbestfaserwerte gemessen werden, müsste jedoch ggf. zumindest noch einmal über den Arbeitsschutz für die auf der Halde Tätigen nachgedacht werden.

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Kommentare


  • Karl Ranseier sagt:

    Ich kann über die Verlogenheit und gespielte „Unwissenheit“ unserer (grade älteren) Lokalpolitiker immer nur den Kopf schütteln! Zum Glück wohne ich nicht (mehr) in Luthe oder der direkten Umgebung!
    Wenn ich mal an der Sanierungshalde vorbeifahre, das passiert öfters, wundere ich mich immer wieder um die Unbedarftheit der dort arbeitenden Menschen und muß gleichzeitig an die verantwortungslosen und doch gleichzeitig verantwortlichen Entscheidungsträger der Stadt Wunstorf und der Region Hannover denken, die in ihrer (wirklichen oder vorsätzlich gespielten?) Unwissenheit die Bevölkerung eine über mehrere Monate andauernde Gefahr (je nach WIndrichtung) aussetzen. ALLES, was dort an (oftmals über Wochen) an grauem Material offen zu sehen war, ist reiner Asbestschlamm, der in den vergangenen trockenen Monaten durch die Baumaschinen breitgefahren, bzw. durch Bewegung aufgewühlt und über den Wind teilweise massiv verteilt wurde. Noch schlimmer: teilweise wurde diese graue Masse aufgeladen, woanders zwischengelagert um dann wieder eingebaut zu werden. Die Arbeiter bewegen sich ohne PAS in den Bereichen evtl. ohne zu wissen, in welcher Exposition sie sich befinden???
    Die Bevölkerung wird durch angebliche Asbestfasernmessung der Umgebungsluft in Sicherheit gewogen. Doch: Wer kontrolliert diese Messungen?
    Was mich dabei nur immer wieder wundert: wo sind dabei unsere ach so immer ökologisch ambitionierten Mitbürger, warum nehmen sie all die „Fakten“ um die Halde so kritiklos hin??
    Gut, es handelt sich dabei eher um junge Menschen, die um die Geschichte der Fulgurit nicht so viel wissen (oder nicht wissen wollen??)….
    Was wäre, wenn sie denn wüssten, daß in den 60er, 70er, bis teilweise in die 80er Jahre hinein, die Bauern der Umgebung an gewissen Samstagen mit ihren Treckern und zwei Anhängern dahinter an den „Bruchtagen“ auf dem Gelände der Fulgurit für schmales Geld den Bruch der Albestwellplattenproduktion aufgeladen bekommen haben und ihn auf den Wegen der Feldmark in der Umgebung verteilt haben!!?? Asbestzement war (und ist) ein äußerst stabiler und fester Werkstoff, der breitgefahren den Wegen eine (bis heute) nachhaltige Festigkeit verleiht! Bekannt ist es in der Bauernschaft bis heute sicherlich, nur warum dringt das nicht an die Öffentlichkeit?? Ist es die Angst vor der erforderlichen Sanierung zig Kilometer Feldwege in unserer Umgebung, die dann ähnlich dilettantisch, aber extrem teuer (wie bei der Halde) durchgeführt werden müsste????
    Hat schon einmal einer der Verantwortlichen einen Spaten in die Hand genommen und ihn 15cm in einen der Luther Feldwege gerammt??? Bestimmt nicht. Und wenn, dann bekäme er ihn dort auch gar nicht so tief hinein, denn: Asbestzement ist ein äußerst stabiler und fester Werkstoff………………..

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