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Piellusch: „Ich dachte, ich lese nicht richtig“

19.09.2024 • Daniel Schneider • Aufrufe: 3024

Die Zusammenarbeit von CDU und SPD in Wunstorf wird nach der Verbalattacke aus Richtung CDU auf den Bürgermeister auf eine harte Probe gestellt. „Ich finde Verlässlichkeit und Aufrichtigkeit gut“ – so reagiert Carsten Piellusch (SPD) auf die Kritik an seiner Amtsführung.

19.09.2024
Daniel Schneider
Aufrufe: 3024
Carsten Piellusch am Mittwoch im Rathaus | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds). Eine Pressemitteilung der Wunstorfer CDU zur Jahreshauptversammlung schlägt in der Stadt hohe Wellen – in der politischen Landschaft löst die Angelegenheit offene Verwunderung bis zur Entrüstung aus, aber auch im Rathaus ist man ausgesprochen irritiert über die Worte aus Richtung des Gruppenpartners der SPD im Stadtrat.

Dass mitten in der Amtszeit eines Bürgermeisters öffentlich ein Gegenkandidat angekündigt wird, das hat es in der Wunstorfer Politik so noch nicht gegeben, zumal die Kritik an der Amtsführung des Bürgermeisters nicht von der Opposition, sondern aus den Reihen des politischen Partners kommt.

Den hingeworfenen Fehdehandschuh aufzunehmen, daran denkt Carsten Piellusch (SPD) indes nicht. Jetzt schon in den nächsten Kommunalwahlkampf einzusteigen, das kommt für Wunstorfs Bürgermeister überhaupt nicht in Frage. „Ich dachte, ich lese nicht richtig“, sei seine erste Reaktion gewesen, so der Verwaltungschef im Gespräch mit der Auepost.

„Unser Job ist, für die Menschen da zu sein und Probleme zu lösen. Wahlkampffanfaren zwei Jahre vor einer Wahl erschallen zu lassen, das ist voll daneben.“

Carsten Piellusch

„Wir haben den Auftrag von den Bürgerinnen und Bürgern bekommen, zu arbeiten, und nicht, zwei Jahre vor der nächsten Wahl Wahlkampf zu machen“, so Piellusch. Er glaube weder, dass das jemand wolle, noch dass es jemand verstünde. Die Leute wollten vielmehr, dass man für die Stadt arbeite und Probleme löse, statt irgendwelche „komischen Geschichten“ zu veranstalten. „Das versteht niemand – und das wäre auch nicht gut für unsere Stadt.“ Dieses „Gestichel und Gehacke zwischen Parteien“, das interessiere die Menschen nicht, und es entspräche auch nicht seinem Selbstverständnis als Bürgermeister, so Piellusch. Es sei daher der völlig falsche Zeitpunkt, jetzt die Wahlkampftrommel zu schlagen, zudem seien die ihm vorgeworfenen Punkte inhaltlich falsch gewesen.

Mitgetragene Entscheidungen nicht gleichzeitig kritisieren

Aus der Bundespolitik könne man lernen: Man mache keine Opposition in der Regierung. Etwa so bringt Piellusch seine Verwunderung auf einen Nenner: „Wenn ich einer Mehrheitsgruppe angehöre und Entscheidungen mittrage, dann kann ich diese Entscheidungen nicht gleichzeitig kritisieren“, schickt er in Richtung der CDU. Entweder man trage sie mit und stehe dazu – oder man trage sie nicht mit und finde andere Lösungen. Aber sie mitzutragen und gleichzeitig zu kritisieren, das ginge nicht.

„das ist alles Käse“

Carsten Piellusch

Das helfe niemandem und das löse auch keine Probleme. Die Menschen erwarteten Lösungen und Antworten, aber nicht „so eine Showveranstaltung“. Damit würde politisch eine Währung verspielt, die ganz wichtig sei für die Arbeit in der Öffentlichkeit: Redlichkeit. Die CDU schade sich damit selbst. „Dann glauben einem die Leute nicht mehr – das darf man nicht machen“, so Pielluschs Standpunkt. Dass offenbar Einzelmeinungen als Parteistandpunkt dargestellt würden, das käme ebenfalls „ganz schräg rüber“ und hinterlasse einen komischen Eindruck.

Der Koalitionsausschuss sei gefragt

Er sei nicht dabei gewesen, aber er hätte in so einem Fall erwartet, dass die Anwesenden aus den Gremien dann gesagt hätten: „Liebe Leute, das haben wir so mitentschieden, das ist richtig so.“ Das sei offensichtlich nicht passiert. In der Politik müsse man aber das Rückgrat haben, für Entscheidungen einzustehen, auch wenn Parteifreunde eine andere Meinung hätten. Sich stattdessen von sich selbst zu distanzieren, das sei „Käse“.

Piellusch warnt davor, nun zwei Jahre lang Wahlkampf zu machen statt Sachpolitik. Das würde in der Mehrheitsgruppe Stillstand bedeuten – und dann bekäme man „nichts mehr zustande“. Dass die Arbeit in der SPD-CDU-Mehrheitsgruppe nun gefährdet sei, das will der Bürgermeister jedoch nicht sehen. Er sei mit der Zusammenarbeit im Rat zufrieden, man arbeite sehr konstruktiv zusammen.

„Das muss die Gruppe beurteilen“, sagt Piellusch zu möglichen weiteren Entwicklungen. In erster Linie seien nun die beiden Fraktionsvorsitzenden oder der Koalitionsausschuss gefragt, zu besprechen, ob das Timing wirklich das richtige gewesen sei.

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Kommentare


  • Der Meisterbürger sagt:

    Der Bürgermeister mag keine Kritik an seiner wichtigen Arbeit für uns Bürger. Das sollte die CDU doch wissen. Können sie den besten Bürgermeister aller Zeiten nicht einfach in Ruhe regieren lassen? Womöglich kommt die CDU noch auf die Idee, ein eigenes Profil zu entwickeln. Das wäre doch sehr lästig und schädlich. Der Bürgermeister und die SPD wissen doch viel besser, was gut für uns alle ist. Kann die CDU nicht einfach weiter still nicken und zur richtigen Zeit die Hand heben? Das war doch immer so schön.

    • Anne sagt:

      Die Wunstorfer sehen das wohl anders. Oder was glauben Sie, warum die SPD seit 2001 immer stärkste Kraft wurde? Wäre die SPD nicht so „doof“ gewesen, hätte man schon seit einigen Jahren einen Bürgermeister mit SPD-Parteibuch gehabt. Wahrscheinlich besser gewesen, wenn man sich den Investitionsstau so ansieht, den Rolf-Axel Eberhardt hinterlassen hat. Aber leider waren die anderen nicht fähig, eine Alternative zu RAE zu präsentieren. Ich bin froh, dass Herr Piellusch Bürgermeister geworden ist. Das sage ich als langjährige Wählerin von Bündnis90 /Die Grünen. Aber Sie gehören wahrscheinlich wie der „Stefan“ zur „Fraktion der Rückständigen“, die nur eins kann: MECKER UND NÖRGELN!

      • Der Meisterbürger sagt:

        Das Parteibuch des Bürgermeisters? Unser Bürgermeister sollte überparteilich sein. Über Parteigrenzen hinaus sollte er (oder gerne auch eine „sie“) zwischen den unterschiedlichen Interessen diplomatisch geschickt den Ausgleich suchen, um konstruktiv unsere Stadt voranzubringen. Das tat Herr Eberhardt in seiner langen Amtszeit – sicher nicht immer unumstritten aber unter dem Strich erfolgreich. Seinem ehemaligen ersten Stadtrat ist dieses Talent offensichtlich nicht gegeben. Herr Piellusch schafft es nicht über den Tellerrand der eigenen Parteipolitik hinaus zu sehen. Er versucht den Erwartungen, die seine Partei an ihn stellt, gerecht zu werden. Eigenständiges Profil und den unvoreingenommenen Blick auf die Bedürfnisse seiner Stadt lässt er vermissen. Die Schuhe sind zu groß für Herrn Piellusch.

      • Uwe H sagt:

        Ich lese nichts „Rückständiges“ in dem Kommentar vom Meisterbürger.
        Haben Sie sich die Haushalte der vergangenen Jahre angeschaut? Da ist kein Geld übrig. Und wenn kein Geld da ist, ist es auch schwierig mit den Investitionen. Da hat niemand irgendwas „kaputtGESPART“, weil es nichts zu sparen gab. Und natürlich sind diese Haushalte immer auch von der SPD und den Grünen beschlossen worden. Mit Herrn Eberhardt scheint man im Großen und Ganzen in der Politik doch sehr zufrieden gewesen zu sein. Jetzt schlecht über ihn zu sprechen? Das tun nur Leute mit wirklich schlechtem Stil.
        Im Übrigen gilt für jeden Bürgermeister das Neutralitätsgebot. Es SOLLTE „egal“ sein, welches Parteibuch Herr Piellusch hat und Herr Eberhardt hatte.

        Eine persönliche Bitte von mir: Stellen Sie nicht Menschen, die Sie wahrscheinlich nicht mal kennen, in irgendwelche Ecken, nur weil Ihnen nicht gefällt, was sie schreiben.

  • Hanseatic sagt:

    Falls das nicht nur Geplänkel ist, und Bürgermeister Piellusch das ernst meint, verweigert er wirklich komplett die Realität. Es ist Zeit für klare Worte. Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun. Im Interesse dieser Stadt darf es so nicht weitergehen.
    Seit er Bürgermeister ist, funktioniert es an vielen Stellen nicht mehr. Und das hat nichts mit Krieg oder Pandemieauswirkungen zu tun. „Seine“ SPD sagt das zwar nicht laut, aber sie sagt es. Ob die Entscheidung, Herrn Ehlerding zurückzustellen und Herrn Piellusch als Kandidaten aufzustellen, heute auch noch getroffen werden würde? Ich denke eher nicht.
    Es ist keine Schande einzugestehen, wenn jemand nicht für einen Job gemacht ist. Schlecht ist es, wenn man darauf nicht reagiert.
    Hoffentlich macht die CDU jetzt keinen Rückzieher. Dann hätte sie ihre Glaubwürdigkeit endgültig verspielt. Das Beste, was der AFD (und auch der SPD) passieren könnte…

  • Stefan sagt:

    Was der Bürgermeister hier von sich gibt, ist eine wunderbare Ergänzung zum vorherigen Artikel. Es ist ein Problem von Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung. Und davon Entscheidungen zu treffen oder den Stillstand zu verwalten, also möglichst nichts zu entscheiden. Hoffentlich hat jemand der Seinen das Rückgrat mit ihm ein offenes Gespräch zu führen.

  • Quer-Denker sagt:

    Die Bundes-CDU zieht alle Register.

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