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Nordstraße: Neubau startet und löst Debatte um Bauzaun-Gebühren aus

17.09.2025 • Achim Süß • 4 Min.Kommentare: 6

An der Nordstraße hat der Abriss dreier Altbauten am Rand der Fußgängerzone begonnen. Das Unternehmen Hus de Groot will dort ein Wohn- und Geschäftshaus für fünf Millionen Euro bauen. Das Projekt hat eine weitgehende Sperrung der Speckenstraße ausgelöst und eine kommunalpolitische Debatte um die Gebühren für die Aufstellung des Bauzauns. Der Investor soll 44.000 Euro für die Sondernutzung zahlen.

17.09.2025
Achim Süß
4 Min.
Rainer de Groot vor dem inzwischen demontierten Werbeschild der Firma Oester an der Nordstraße |Foto: Achim Süß

Wunstorf (as). Wahrscheinlich bis Ende nächsten Jahres errichtet das Unternehmen von Investor Rainer de Groot aus der Wedemark Wohnungen und „Gewerbeeinheiten mit attraktiver Einzelhandelsfläche“. Die drei Gebäude mit den Hausnummern 5, 7 und 9 hat de Groot vom Hagenburger Bauunternehmer und Immobilienbesitzer Günter Gonsior gekauft, der seine Pläne nicht verwirklichen konnte.

Gonsior hatte frustriert aufgegeben und im Gespräch mit der Auepost städtische Auflagen und Vorstellungen zum Denkmalschutz kritisiert. Der historische Wert der Gebäude sei keineswegs so hoch einzuschätzen, wie die Stadt es darstelle. Das Fachwerk sei zum Teil verfallen – oder gar nicht echt: Einige „Balken“ seien nur aufgemalt. Diese Darstellung hat auch de Groot zum Teil bestätigt. Während eines Pressetermins an der Baustelle gewährte er Einblicke in die marode Substanz zum Beispiel des Hauses Nummer 9, das inzwischen schon kontrolliert abgetragen ist.

Dennoch waren Teile des Fachwerks gut erhalten und wurden als schützenswerte Details sichergestellt. Sie werden in Absprache mit dem Baureferat der Stadt in den Neubau integriert. de Groot nennt die Abstimmungen mit dem Rathaus „komplex“ und die Rahmenbedingungen im Genehmigungsverfahren „nicht immer einfach“. Das Baureferat unter der Leitung von Alexander Wollny habe die Planung aber stets konstruktiv begleitet. Das gelte auch für Bauordnung und Denkmalschutz, vertreten von Uwe Mohrhoff.

Vorbesitzer Günter Gonsior hat resigniert und die Häuser an der Nordstraße verkauft | Foto: Achim Süß

Hus de Groot versteht das Vorhaben als ein „klares Bekenntnis zur städtebaulichen Erneuerung“ und zum „vitalen Herzen Wunstorfs“. Der Bau sei ein „gestalterisch hochwertiger Beitrag zur Stadterneuerung“. Er tue dies „auch wenn das Projekt wirtschaftlich kaum noch darstellbar“ sei, sagt der Investor. Und weil er es dem früheren Bürgermeister Axel Eberhardt (CDU) und Ortsbürgermeister Thomas Silbermann (SPD) in die Hand versprochen habe.

Rainer de Groot und sein Unternehmen sind in Wunstorf nicht unbekannt: 2015 gründete er die Hoffsteed Wunstorf GmbH und entwickelte die ehemalige Wassermühle der Familie Langhorst von 2016 an zu einem luxuriösen Wohnquartier. Auch dort kombinierten seine Architekten alte Bausubstanz mit neuen Elementen. Der Ortsrat Wunstorf würdigte de Groots Engagement mit dem Ortspreis. 

Andere Bauprojekte zurückgestellt

Aktuell gibt es noch zwei andere Projekte von de Groots Firmengruppe in Wunstorf: das Wohnquartier Viertel vorm Meer in Steinhude und den Bau einer Kindertagesstätte in unmittelbarer Nähe. Beide Vorhaben stocken aus unterschiedlichen Gründen. Über den Erwerb der Kita-Fläche beraten die städtischen Gremien in diesen Tagen. Das Wohnquartier liegt wegen steigender Baukosten auf Eis, und ob die Stadt das Kita-Gelände von de Groot kauft, um selbst zu bauen oder einen anderen Projektentwickler sucht, wird aktuell beraten – in vertraulichen Sitzungen.

Nach Jahren des Leerstands und des teilweisen Verfalls der alten Häuser wird aber das Thema Nordstraße nun konkret: de Groot will einen Neubau schaffen, der „historisches Fachwerk“ respektiert und zugleich modernen Raum schafft. Der Wedemarker Unternehmer lobt die Pläne der Stadt, die Innenstadt grundlegend neu zu gestalten. Dieses Signal harmoniere mit seinem unternehmerischen Leitsatz: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Mut zur Erneuerung

Der Investor hofft auch, dass sein Engagement Schule macht: Er erwartet, dass alle Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister die Veränderung begrüßen. Für ihn ist klar: Wer die Innenstadt dauerhaft beleben wolle, brauche Mut zur Erneuerung. Denjenigen, die die vier Bäume vor den Grundstücken und den historischen Brunnen vermissen, die gefällt beziehungsweise demontiert worden sind, hält der Unternehmer entgegen: Die Bäume werden „1:1 ersetzt“, der Brunnen wieder aufgestellt.

de Groots Lob in Richtung Rathaus paart sich mit Kritik: Seine detaillierte Presseinformation zum Baubeginn enthält auch die Abschnitte „Wer an der Straße baut, hat viele Meister“ und „Bürokratie mit Nebenwirkung“. Vor Ort an der Baustelle wird er deutlich: Die Abstimmung mit den direkten Nachbarn sei von anfänglicher Skepsis geprägt gewesen. In „respektvollem Dialog“ seien die Bedenken aber ausgeräumt worden. Der Anlieger direkt gegenüber habe ein besonderes Zeichen gesetzt: Hörwelt Oester habe das Werbeschild am Haus demontiert, damit die von der Stadt verlangte Durchfahrtsbreite von drei Metern trotz Bauzaun eingehalten werden könne.

Strafgebühr für Baustellensicherung?

Die Bemühungen des Unternehmers werden in der engeren Umgebung anerkannt. So sagt Michael Schaer, direkter Nachbar und ebenfalls Immobilienbesitzer, es sei seit zehn Jahren klar gewesen, dass dort etwas Neues entstehe. Und das sei gut so: „So konnte es ja nicht weitergehen.“ Schaer berichtet, die Nachbarn seien gut informiert worden. Mit Blick auf die jetzt offen zu Tage liegende Baustruktur ergänzt er. „Mit Denkmal hat das nichts mehr zu tun!“

Der dekorative Balken von 1813 ist ausgebaut und wird im Neubau wieder verwendet | Foto: Achim Süß

Überrascht hat de Groot die Wunstorfer Gebührenpraxis. Kurz vor Baubeginn habe die Stadt ihm eine Rechnung für die Sondernutzung der Fußgängerzone präsentiert: Die Aufstellung des Bauzauns soll ihn etwa 44.000 Euro kosten. Er werde danach wie ein Marktbeschicker behandelt, moniert de Groot. Eine Gebühr von einem Euro pro Quadratmeter und Woche klinge zunächst harmlos, summiere sich aber in zweijähriger Bauzeit zu einem großen Betrag, den er „Strafgebühr“ nennt. Wer in der Innenstadt investiere, sollte unterstützt und nicht abgeschreckt werden.

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Kommentare


  • Ansgar L. sagt:

    Also eine öffentlich zugängliche Satzung überrascht den Bauherren? Bei einem offensichtlich lange geplanten Projekt? Und inwiefern wird er spezifisch wie ein Marktbeschicker behandelt? Marktbeschicker zahlen doch gar keine Sondernutzung…

  • N. sagt:

    Es wäre doch interessant, im Zuge der „baulichen Veränderungsmassnahmen“ diese hinsichtlich der Einigung von SPD und CDU in Sachen bezahlbaren Wohnraums den Focus nicht unbedingt auf wirtschaftsfördernden Geschaeftsraumausbaus zu legen. Man bedenke die Notwendigkeit der Knappheit dieses notwendigen Vorhabens, der Einigung halber.

    Das „zentrale“ und im Interesse vieler kaum bejubelte Thema der „Stadterneuerung“ sollte in seiner Ausführung kostenmäßig sicherlich auch von Denen, und nur von diesen !getragen werden, die den Profit jetzt schon vollmundig propagieren. In Sachen zerstörter Natur sowieso.

    Denkmalschützer, wo sind Sie? Alles nur fragmentiert oder schon Pappmaché? Wunstorf als trabantenähnlicher futuristisches Denkmal einiger Weniger? Geschichte ade und Fachwerk sowieso?

    Und der Ausspruch „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ sollte Mal ganz banal gelesen werden, nicht „zwischen der Zeile „, die Erfahrung lehrte es.

  • N. sagt:

    Wer die Zeche will, der soll zahlen.

    • Anonym sagt:

      Wer die Innenstadt beleben will, sollte unterstützt werden.
      Gäbe es nicht solche Leute, wie ein Rainer de Groot, dann können wir hier einpacken.
      Aber das ganze Geschwurbel von Leuten, die keinerlei Investitionen und kein persönliches Risiko eingegangen sind, ist schon bemerkenswert. Menschen mit ganz viel Meinung und ganz wenig Ahnung.

      O-Ton Rainer de Groot: „Dennoch waren Teile des Fachwerks gut erhalten und wurden als schützenswerte Details sichergestellt. Sie werden in Absprache mit dem Baureferat der Stadt in den Neubau integriert.“
      Das ist für einen Privat-Investor in etwa so aufwändig, wie die Integration der alten Sandstein-Überbleibsel der Dresdner Frauenkirche in den Neubau.
      Nur waren hier Spenden in Höhe von 250.000.000 Euro am Start.

      Der Unternehmer de Groot darf das hier offensichtlich alles alleine wuppen. Und dann stellt man ihm auch noch die Straßen-Absperrung in Rechnung. Geile Nummer.

      Ihr lieben Wunstorfer – wenn Ihr so mit mit privatem Engagement umgeht, dann wundert Euch bitte nicht, wenn selbiges demnächst komplett verschwunden ist, weil es woandershin geht und ihr in einer DDR 2.0 aufwachen werdet.

  • B. N. sagt:

    Dass die Stadt Wunstorf äußerst und sehr bedenklich auf die in kommunikativ verabschiedet gewollter „Eigenregie“ zu erwartenden wirtschaftlicher Profite – die sich nach der Neugestaltung der Innenstadtgestaltung gefälligst zu ergeben haben, fixiert ist analog Ihrer ausschließlich ökonomischen Denkungsweise (die Natur scheint schon lange keine Rolle mehr zu besetzen), mag mittlerweile jedem bekannt zu sein. Doch zu Lasten Anderer, der Natur, vieler Anwohner, Ladenbesitzer, die noch offen haben können, zeigt von Egoismus, Rücksichtslosigkeit und absolut widriger Haltung zu Natur und Umweltschutz.

    Doch keine Aussage ohne Begründung! So will es das Gesetz.

    Vielfacher Schaden an Natur, der Lebensqualität der ansässigen Bewohner durch Dreck und Lärm über (Jahre?) lange Zeit, Kunden, die bei steigendem Geräuschpegel nicht ans Einkaufen denken, eher an Ohrschützer, das wirtschaftliche Interessen der „Macher“ ist ungebrochen.

    Vielleicht der Frage Sinn Wert: Wo waren all die Naturschützer, die Stadt- Bewahrer, die Leute, deren Meinung eine humanere Behandlung oder gar ihrer Verhinderung dienlich war?

    In dieser Stadt, die sicherlich die Baustellenstadt vielleicht jetzt schon genannt werden mag, fehlt mehr als Hyperbau und exorbitante Projektgestaltung.

    Ein Herz.

  • N. sagt:

    Die Innenstadt wiederbeleben durch grundlegende Erneuerung gleich einem „Abriss des Alten, Schadhaften und Ummodernen, dem Zeitgeist nicht Gleichgestellten“, aber Wunstorf zur schönsten Stadt der Region erklären, irgendwie ein Widerspruch in sich.

    Ob die Wiederbelebung der (anscheinend) schwächelnden Innenstadtkonjunktur durch neuwertige, neuartige oder denkmaltechnisch neu gestaltete Gebäude, die als Wirtschaftsfaktor ihrer Präsenz Würde tragen sollen, gelingt, ist nicht nur eine Frage ihrer ,Sehenswürdigkeit“. Die Funktionalität und vor allem ihre Anziehungskraft auf die durch sie anzulockenden Käufer, gewürzt mit einer Prise Bleibewillen durch gewisse Intentionen sind unabdingbar, doch die Schatten, die vorausgehen, häkeln gleich der Ranke am Strauche das Missempfinden vieler.

    Wem ist dafür zu danken?

    Gleichwohl viele Städte – die Beispiele sind zahlreich – durch klimafördernde und naturbildende Massnahmen gemäß den Empfehlungen der Bundesregierung Folge leisten, ist hier lokal eine Diskrepanz zu sehen zwischen wirtschaftlichem Machtgefüge zur Durchsetzung ausschließlich gewinnbringender Resultate durch eigenmächtigen Einsatz aller Mittel gleich einer napoleonischen Selbstüberschätzung und dem Bestreben vieler anderer Orte, durch Erhalt des historischen Stadtkernes das Gesamterscheinungsbild zu erhalten, ästhetische Stadträume mit hoher Aufenthaltsqualität auch durch Aufrechterhaltung vorhandenen Stadtgrünes zu schaffen, um so durch diese Ganzheitlichkeit Zufriedenheit zu schaffen, das Bewusstsein des Werteerhaltes zu fördern und den integrierten Prozess aller daran beteiligten Akteure sichtbar zu machen.

    Aber hier?

    Modernisierung gleich eines im Fadenkreuz vorab visionär gestalteter Spielkreisplaene einiger Weniger, die eifrig selbstgestalterisch sich anscheinend Denkmäler setzen wollen im Flohzirkus der Eitelkeiten ohne die Tragweite dessen zu hinterfragen, was diese Pläne wirklich bringen. Informationen auf Nachfrage hin nicht transparent, nicht konkret und vor allem nicht ehrlich. So sollen die Bäume eigenmächtig gefällt worden sein, keiner wollte es, keiner hat es gewusst. Erbärmlich.

    Glaubt wirklich jemand daran, dass ein Bauwerk mit aufgeklebter oder aufgenagelter Fassade die Geschäftsmieten klein und das Angebot gross halten wird? Oder eine Torbogenfassade den Städtepreis erhält? Und der potentielle Kunden nach monatelangem Dreck und Radau überhaupt Kauflust empfindet? Welche Geschäfte werden kommen? Welche werden gehen müssen, weil sie nicht mehr können? Und gegen die Sommerhitze helfen dann die durch den armen Barne(platten)platz bekanntgewordenen gelben Sonnensegel!

    Hey, das ist Future! Eine Kräuter-, äh K raterlandschaft, kombiniert mit Bauzäunen und Ruinen, halb stehengelassen, halb abgewrackt.

    Und später, viel später dann die Renaturierung.

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