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Sparkassen-Chefs planen Neubau: Politiker überrascht bis verärgert

13.04.2023 • Achim Süß • Aufrufe: 4337

Der Vorstand der Wunstorfer Stadtsparkasse will einen kompletten Neubau am Marktplatz. Die Nachricht an sich und die Art der Kommunikation schlagen in der Kommunalpolitik hohe Wellen: Die Reaktionen reichen von Überraschung bis Verärgerung. In der CDU heißt es: „Die machen uns zu Randfiguren!“

13.04.2023
Achim Süß
Aufrufe: 4337
Stadtsparkasse Wunstorf

Wunstorf (as). Vier Monate nach einem Bericht der Auepost über die Pläne der Stadtsparkasse Wunstorf, der Hausbank der Stadt seit 1855, haben die Vorstände Heiko Menz und Frank Wiebking nun die Vorstellung des Geschäftsberichts 2022 genutzt, das Projekt vor ausgesuchten Journalisten zu erläutern. Die Hauptstelle neben der Stadtkirche aus dem Jahr 1980 soll abgerissen werden. Nur die Stahlbetonkonstruktion soll demnach stehen bleiben, ein Neubau das Institut für die nächsten Jahrzehnte und die aktuellen Herausforderungen rüsten. Menz und Wiebking verweisen nach Darstellung der Hannoverschen Allgemeinen auf den mangelnden Brandschutz und das Raumkonzept, das nicht mehr zeitgemäß sei, und auf die Energiekosten. Unter der Überschrift „Hier bleibt kein Stein auf dem anderen“ wird berichtet, die Sparkassenspitze überlege „seit längerem“ eine Komplettsanierung.

Nachfragen laufen ins Leere

Wiebkings Worte wirken wie Widerruf: Während monatelanger Recherche hat die Redaktion der Auepost den Sparkassen-Frontmann mehrfach um Auskunft gebeten und außer verwunderten Rückfragen nach dem öffentlichen Interesse nichts Substanzielles zu hören bekommen. Die Fragen liefen ins Leere. Zu einem Pressetermin lud die Anstalt öffentlichen Rechts gar nicht erst ein. Aus anderen Quellen erfuhr die Auepost mehr: aus dem Ortsrat Wunstorf, dass die Energiekrise die Sparkasse zu tiefgreifenden Veränderungen zwinge, von früheren und jetzigen Mitarbeitern, dass ein Neubau diskutiert werde, von Nachbarn, dass ein Planungsbüro Angaben über die Gebäude der Umgebung erhebe, von Insidern, dass Gutachten und Aufträge vergeben worden seien.

Offiziell haben Vertreter des Vorstands alle diese Informationen immer wieder in Abrede gestellt. Noch im Dezember 2022 ließen Menz und Wiebking das Sekretariat erklären: „Aktuell gibt es keine Informationen, die wir an die Presse kommunizieren können.“ Nun posieren sie für die Regionalbeilage der örtlichen Tageszeitung zur Garnierung der Rekordzahlen aus 2022 vor dem Gebäude, das sie abreißen lassen wollen, und kündigen die Komplettsanierung an. Innerhalb von drei Jahren soll der Neubau bezugsfertig sein, wird erklärt. Ihre Pläne untermauern sie mit dem Hinweis auf ein Gutachten. Das ist nach Informationen der Auepost im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben worden bei einer Tochtergesellschaft der Nord LB. Mit der Bauplanung befassen sich Experten von „bkp“ aus Düsseldorf und Hamburg, Spezialisten für Büroanlagen und Geldinstitute.

Zweifel im Rat, Stadt nicht im Bilde

Die Reaktionen aus Rathaus und Rat auf die Pläne des Sparkassen-Vorstands zeigen ein differenziertes Bild und Widersprüche. Die städtische Pressestelle erklärt in einer E-Mail: „Der Stadt Wunstorf ist bekannt, dass sich die Stadtsparkasse Wunstorf mit dem Thema Gebäudeneubau beschäftigt. Die Entwicklung einer Konzeption befindet sich jedoch noch ganz am Anfang, Die Stadt begrüßt es sehr, dass die Stadtsparkasse hier am Standort bleiben wird. Mehr ist seitens der Stadt nicht dazu zu sagen.“ Die Mitteilung stammt von der stellvertretenden Pressesprecherin Jasmin Kohser, die den Text nach eigenen Angaben mit Bürgermeister Carsten Piellusch (SPD) und seiner allgemeinen Vertreterin im Rathaus, der Ersten Stadträtin Wiebke Nickel, abgestimmt hat. Piellusch – zu diesem Zeitpunkt noch im Urlaub – ist Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse, des internen Aufsichtsgremiums.

Während Piellusch und Nickel erklären lassen, die Erarbeitung eines Konzepts für den Neubau stehe am Beginn, geben die Vorstände jetzt über die Tagespresse bekannt, dass „modulare Bauweise“ angewendet werden soll. Statt eines „starren Ganzen“ wollen Menz und Wiebking den neuen Baukörper in Abschnitte unterteilen, die später ergänzt werden können. Spätere Führungsgremien sollen die Hauptstelle dynamisch entwickeln können. Ob der von Kommunalpolitikern gewünschte Saal für diverse Zwecke Platz in dem Konzept hat, steht offenbar nicht fest.

Alte Sparkasse
Sparkasse im Wandel, aber immer schon an erster Adresse: das Vorgängergebäude zum heutigen Backsteinpalast am Wunstorfer Marktplatz, hier in den 1960er Jahren, war noch ein schlichterer Zweckbau | Foto: Archiv Heiner Wittrock

Für die SPD wird Kirsten Riedel deutlicher als die städtische Pressestelle. Die frühere Fraktionsvorsitzende leitet jetzt den Bau-Ausschuss des Rates, ist erste Stellvertreterin von Piellusch im Rat und stellvertretende Ratsvorsitzende. „Wir kennen die konkreten Planungen nicht“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Daher könne sie sie nicht kommentieren. Riedel: „Wenn ich das richtig verstehe, gibt es auch noch keine konkreten Entwürfe. In die Frage, ob neu gebaut oder saniert werden soll, sind wir nicht involviert.“ Das entscheide die Sparkasse, sagt Riedel. Grundsätzlich sei es zu begrüßen, dass die Sparkassenführung „im Zentrum der Innenstadt“ bleiben wolle. Sie erwartet, dass die Entwurfsplanung frühzeitig vorgestellt werde. „Sie muss zu der exponierten Lage passen.“

Die Standortdebatte ist wieder da

Die Grünen begrüßen nach den Worten von Anne Dalig, dass „sich die Stadtsparkasse eindeutig zu Wunstorf bekennt und durch einen Fast-Neubau in die Zukunft investieren möchte.“ Die „überaus positiven“ Geschäftsergebnisse für eine Restaurierung des alten Gebäudes zu nutzen, erscheine sinnvoll, erklärt die Vorsitzende der Ratsfraktion. Weiter: „Da wir bis jetzt aber wenig über den Zustand und das geplante Bauvorhaben wissen, ist eine Bewertung schwierig. Wir wünschen uns, dass das Konzept in das Stadtbild der Innenstadt passt. Der Vorplatz muss barrierefrei und entsiegelt werden, um allen Kunden*innen einen ungehinderten Zugang zu ermöglichen und den Aufenthaltscharakter zu erhöhen.“ Die Nutzung von Photovoltaik zur Eigennutzung der Sparkasse sei ein absolutes Muss, ergänzt Dalig. Sehr wichtig sei bei dem Vorhaben, „die Kund*innen mitzunehmen“. Weitere Standortschließungen zugunsten einer positiven Bilanz seien „nicht vertretbar!“

Die AfD setzt sich für Kostenkontrolle ein: „Wir erwarten, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Stadtsparkasse eine regelmäßige Kontrolle der Baukosten durchführen, teilt Fraktionssprecher Detlev Ulrich Aders mit. Der Modernisierungsbedarf sei nachvollziehbar, die brandschutzrechtlichen Vorschriften aber zum Wohle der Kunden und Angestellten umzusetzen. Aus der Sanierung dürften der Kundschaft jedoch keine Nachteile erwachsen: „Bisher verfügbare Leistungen müssen in der Bauphase und auch danach – unter anderem barrierefrei – weiterhin angeboten werden“, so Aders.

Wesentlicher Teil des wirtschaftlichen Lebens

Wenn der wirtschaftliche Erfolg der Stadtsparkasse dazu führe, dass inmitten der Stadt „ein neues Bankhaus in modularer Bauweise entstehe, das mit Photovoltaik, Geo- oder Solarthermie ausgestattet exemplarisch für eine energieeffiziente bauliche Entwicklung wirke“, so sei das zu begrüßen, heißt es in der Stellungnahme des FDP-Ratsherrn Klaus Maurer. „Dass ein solcher neuer Komplex architektonisch in unsere attraktive Innenstadt passen muss, versteht sich von selbst“, erklärt er gegenüber der Auepost. Maurer: „Die Menschen haben ein gutes Gefühl dafür, dass im Zentrum des wirtschaftlichen Erfolgs bei unserer städtischen Sparkasse immer der Blick auf diese schöne Stadt und seine Bürger stehen muss.“

Das Gebäude der Hauptgeschäftsstelle im Stil der 1980er Jahre soll verschwinden

Der Erfolg der Stadtsparkasse in wirtschaftlicher Hinsicht liege im Interesse aller Bürger. Für die Bauphase werde jeder Kunde froh sein, wenn es gelinge, die Erreichbarkeit der Sparkasse nicht zu verschlechtern. Maurer: „Gerade für ältere Kunden, oftmals alte treue Stammkunden, die in ihrer Treue den wirtschaftlichen Erfolg mit ermöglichten, darf der Weg zur Sparkasse nicht weiter erschwert werden.“

CDU ist richtig sauer

Sehr überrascht und auch verärgert ist nach eigenen Worten Christiane Schweer, die Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat der Stadt. Im Gespräch mit der Auepost sagt sie: „Wir wissen so gut wie nichts.“ Ihre Fraktion fühle sich vom Sparkassenvorstand übergangen. Schweer: „Als Sparkasse der Stadt gehört die Sache zuerst in die Politik!“ Der Vorstand behandele den Rat wie Randfiguren oder Zaungäste, weil er zunächst die Presse informiere. Schweer betont, sie begrüße eine Modernisierung, wenn der Zustand des jetzigen Gebäudes wirklich so schlecht sei. Informationen dazu habe ihre Fraktion nicht. „Wir sind nicht informiert – das ist nicht normal“, heißt es aus der Fraktion.

Die Fraktionschefin nennt den Standort der Hauptstelle am Marktplatz einen „sehr sensiblen Bereich“. Diese Einschätzung wird von vielen in ihrer Fraktion geteilt, Auch die CDU-Fraktion des Ortsrats Wunstorf betrachtet die Stelle als Filetstück. Es wird in der Bedeutung noch höher eingeschätzt als der Jahnplatz. Die CDU erwartet umfassende Informationen aus erster Hand. Die Kommunikation des Sparkassenvorstands per Zeitungsbericht sei nicht akzeptabel.

Ortsbürgermeister wundert sich

Deutliche Worte findet auch Wunstorfs Ortsbürgermeister Thomas Silbermann (SPD). Er sei „etwas verwundert“, sei nicht informiert worden und wisse nichts von dem, was nun bekannt gegeben worden sei. „Die Stadtsparkasse redet nicht mit der Politik, es gibt keine Kommunikation, das finde ich merkwürdig. Die Stadtsparkasse ist eine öffentliche Einrichtung!“ Silbermann kündigte an, den Sparkassenvorstand damit bei nächster Gelegenheit zu konfrontieren.

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Kommentare


  • wunstorfer sagt:

    Ist ja logisch, die Volksbank gönnt sich einen neuen Prachtbau – dann muss die Stadtsparkasse natürlich nachziehen…

    Geld ist ja oder kann durch nochmalige Erhöhung der Kontoführungsgebühren beschafft werden.

    Vielleicht sollte die SSK lieber mal aufhören ihre Filialen dicht zu machen (da haben gerade ältere Kunden was von) und vielleicht auch mal die erhöhten Sparzinsen der EZB an die oftmals langjährigen/treuen Kunden weitergeben, statt auf Sparbuch und Tagesgeld weiterhin 0,01% zu zahlen…

  • Annerose Becker sagt:

    Die Sparkasse ist keines Weges Kundenfreundlich ,sie sitzt am langen Hebel und lässt ihre langjährigen Kunden am langen Arm verhungern,keine Zinsen auf nichts,da schaut das politische Gremium auch zu mir geschlossenen Augen und jetzt soll ein Prachtbau entstehen…ich bin fassungslos

    • wunstorfer sagt:

      „Keine Zinsen auf nichts“ stimmt so ja nun auch nicht – die Zinsen für Dispo & „normale“ Kredite wurden selbstverständlich angehoben! Nur Sparzinsen für die treue Kundschaft gibt es nicht…

  • Wunni sagt:

    Es ist schon verwunderlich, dass sich die Sparkasse noch die problematische Innenstadtlage antut. Schon jetzt ist klar (siehe Artikel), dass die mit einer ganzen Latte von Sonderauflagen für den Bau überzogen werden wird, und dann die Tatsache, dass immer weniger Leute die Innenstadt besuchen, mangels breitem Warenangebot und z.B. weil sie sich den Parkgebührenärger nicht antun wollen.
    Ein typischer Wellblech-Zweckbau im Industriegebiet würde es auch tun – aber nein, die Sparkasse will ja zeigen wo und zu welchen Repräsentationszwecken die Erlöse aus den für die Kunden reduzierten Sparzinsen und den immer höher steigenden Kontogebühren investiert wwerden.

  • G. Taro sagt:

    Das Niedersächsische Sparkassengesetz (NSpG) ist da eindeutig: Gemäß §16 Absatz 4, Pkt. 7. beschließt der Verwaltungsrat „den Neubau und Umbau von Verwaltungsgebäuden nach Maßgabe der Wertgrenzen seine Geschäftsordnung.“

    Die Entscheidung lag bzw. liegt also nicht beim Sparkassenvorstand sondern beim Verwaltungsrat. Und der Verwaltungsrat ist u.a. besetzt durch Bürgermeister Carsten Piellusch (SPD), als dessen Vorsitzender, Rolf Herrmann (SPD), als stellv. Vorsitzender, Bernd Maschke (SPD), Sarah Sheikh-Rezai (Grüne) und Cornelia Vauth (CDU).

    Nicht bekannt ist, auf welcher Grundlage, Datenbasis und/oder strategischer Ausrichtung die Entscheidung getroffen wurde. Der Verwaltungsrat hüllt sich in Schweigen; warum?, auch das wird nicht kommentiert. Zumindest Carsten Piellusch sollte wissen, dass er nach § 15 Absatz 2, Satz 2. (NSpG) eine Genehmigung zur Entbindung von der Schweigepflicht erteilen könnte. Denn von der Neu-bzw. Umbauentscheidung ist weder das Bankgeheimnis berührt noch werden wettbewerbsrelevante Geheimnisse offengelegt. Gleichwohl sind die geplanten Bauaktivitäten von Relevanz für die Wunstorfer Bürger und, insbesondere, für die Kunden der Stadtsparkasse.

    Die Einlassungen der Vertreter der im Rat vertretenen Parteien wirkt auf mich wie Rumstochern im Nebel, oder, was schlimmer wäre, wie Erklärungsversuche im vorauseilenden Gehorsam (Frau Dalig von den Grünen legt sich hier ganz besonders ins Zeug).

    Die Entrüstung, die hier von Christiane Schweer (CDU) und Thomas Silbermann (SPD) vorgetragen wird, mag glauben wer will – ich gehöre nicht zu den Gläubigen. Schmierentheater „at his best“ in der Schönsten Innenstadt der Region.

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