Wunstorf (as). Am Donnerstag haben die Gespräche von Stadtbaurat Alexander Wollny und dem städtischen Denkmalschützer Uwe Mohrhoff mit Vertretern des neuen Besitzers über die weitere Nutzung der Immobilie nach wochenlangem Warten endlich begonnen. Die Dechanei war kürzlich vom ursprünglichen Investor weiterveräußert worden.
In den Gesprächen ging es vorrangig um Sofortmaßnahmen zum Schutz der Bausubstanz sowie um die Frage, wie das rund 235 Jahre alte Doppelfachwerkhaus künftig genutzt werden soll. Die Kontaktaufnahme der Stadt mit dem neuen Erwerber war zuvor wochenlang nicht gelungen, die Schreiben aus dem Rathaus blieben unbeantwortet.
Nun aber reisten ein Planer und ein Repräsentant der Geschäftsführung der neuen Besitzerin nach Wunstorf. Zur Besichtigung, wie eigentlich von der Stadtverwaltung geplant, kam es allerdings nicht: Den Stadtvertretern sei erklärt worden, dass man derzeit über keinen Schlüssel zum Gebäude verfüge, berichtet Stadtsprecher Alexander Stockum.
So wurde die offizielle Inaugenscheinnahme auf das Grundstück und das Äußere beschränkt. Dabei sei dem Eigentümer auferlegt worden, schnellstens eine Dachrinne zu verlängern und eine undichte Dachfläche in Ordnung zu bringen. Die Auflagen seien akzeptiert worden. Noch vor dem Winter erwartet die Stadt nach Darstellung von Stockum Klarheit über Absichten und Planungen des Investors. Alle weiteren Schritte sollen in ständiger enger Abstimmung mit der Stadt erfolgen. Die hohe historische und städtebauliche Bedeutung der Immobilie sei dem Investor und dem Planer unmissverständlich vor Augen geführt worden, betont Stockum.
Bis zum Frühjahr 2020 war das Haus im Besitz der Stifts-Kirchengemeinde gewesen. Unterhaltungs- und Sanierungskosten erschienen dem Kirchenvorstand zu hoch, um das Gebäude aus dem geschützten Stifts-Ensemble behalten zu können. Im Auftrag der Gemeinde suchte die Stadtsparkasse nach Käufern. Für mehr als 700.000 Euro erhielt dann eine Hamburger Baufirma den Zuschlag. Einen großen Teil aus dem Verkaufserlös hat die Gemeinde in die Sanierung und Renovierung der Stiftskirche investiert.
Für 2,6 Millionen Euro wollte die ursprünglich erwerbende Baufirma dort Luxus-Appartements schaffen. Etwa zwei Jahre lang geschah so gut wie nichts, schließlich wurde die Immobilie an ein anderes Hamburger Unternehmen weiterverkauft. Die Zukunft des Projekts bleibt offen, neue Pläne gibt es nach Angaben der Stadtverwaltung nicht (die ursprünglich skizzierten hatten sich als denkmaltechnisch kaum durchführbar erwiesen), und auch keine konkreten Auskünfte, was an der Stiftsstraße geschehen soll. Auf redaktionelle Anfragen reagiert das Hamburger Unternehmen nicht.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Personen aus dem Umfeld des ersten Erwerbers sind unterdessen eingestellt worden. Das Verfahren gegen insgesamt fünf Personen wegen des Verdachts des Betruges, in dessen Rahmen vorsorglich auch hohe Vermögenswerte beschlagnahmt worden sind, werde „mangels hinreichenden Tatverdachts für ein strafrechtlich relevantes Verhalten“ beendet, teilte Staatsanwalt Can Türkay der Auepost mit. Allerdings, so Türkay, laufe derzeit ein Beschwerdeverfahren gegen diese Einstellung.
Den Ermittlungen zugrunde lag die Anzeige einer Familie aus dem Umland von Hannover. Die Familie sieht sich von der Hamburger Firma, die ursprünglich die Dechanei gekauft hatte, bei einem eigenen Bauprojekt betrogen. Wie die Auepost erfuhr, akzeptieren die Anzeigenerstatter die Einstellung der Ermittlungen nicht und haben sich im Widerspruchsverfahren an die Generalstaatsanwaltschaft in Celle gewandt. Dort wird nun darüber entschieden, ob es bei der Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen bleibt – oder aber die Staatsanwaltschaft das Verfahren wiederaufnimmt. Damit ist auch der Weg zu einem Klageerzwingungsverfahren eröffnet, für den Fall, dass auch der Generalstaatsanwalt zu keinem anderen Ergebnis kommt.
Über die beschlagnahmten Vermögenswerte werde erst nach vollständigem Abschluss des Beschwerdeverfahrens entschieden, so Türkay. Die Wunstorfer Dechanei wird davon jedoch nicht berührt, sie gehörte infolge des zweiten Verkaufs nicht zu den beschlagnahmten Vermögenswerten.
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