
Wunstorf/Steinhude (as). Mit einem gewissen Raffinement und Erfindungsreichtum haben die Haushälter aus dem Rathaus ein Grundstücksgeschäft vorbereitet, das die Stadt aus einer Zwickmühle befreien soll: Für gut eine Million Euro wird Wunstorf das Areal an der Ecke Sölterweg und Am Pageskampe kaufen, auf dem die Kita für das Baugebiet Viertel vorm Meer entstehen sollte. Begründung: Die Einrichtung wird in den nächsten Jahren gar nicht gebraucht – die Geburtenzahlen sinken. Und: Sollte die Kita gebaut werden, wie es ein Vertrag mit Investor und Vermieter Hus de Groot vorsieht, müsste die Stadt in den nächsten 25 Jahren 11 Millionen Euro für die Miete ausgeben.
Konkret: Wunstorf würde angesichts der absehbaren Geburten- und Anmeldungsrate für leer stehende Räume zahlen. Im Rathaus machte das Wort von der „Luftmiete“ die Runde. Der Ortsrat Steinhude hat dem Grundstücksgeschäft einmütig eine Absage erteilt. Das Gremium war sich einig: Der vereinbarte Quadratmeterpreis liege deutlich über den im Ort üblichen Werten und würde sich negativ auf die Bodenrichtwertkarte auswirken.
Das klare Nein der Steinhuder hat die Stadtverwaltung veranlasst, alternative Lösungen zu suchen. Vorschlag: Die Stadt erwirbt das Kita-Grundstück von Hus de Groot und deren Partnern für gut eine Million Euro. Später errichtet die Stadt die Kita nach Bedarf in Eigenregie oder lässt sie bauen. Geschieht das nicht, sollte eine „Nachschuss-Zahlung“ von 250.000 Euro geleistet werden.
Auch dieser Vorschlag löste Kritik aus. Nach ablehnenden Stellungnahmen aus SPD, CDU und Grünen verzichtete die Stadtverwaltung auf die Nachschuss-Regelung. An deren Stelle soll es eine „Ausgleichszahlung“ in derselben Höhe geben. Denn: Der Quadratmeterpreis für das Kita-Grundstück wird auf 330 Euro gedeckelt. So liegt die Gesamtsumme für die 2.338 Quadratmeter große Fläche bei gut 771.000 Euro. Unterm Strich kostet die Aktion die Stadt gut eine Million Euro.
Die Stadtverwaltung zieht zwar in Betracht, das Grundstück umzuwidmen und zu Bauland zu erklären. Auf diesem Weg könnten die Ausgaben für den Kauf gedeckt werden. Diese Perspektive gilt aber nicht als gesichert. Die Haushaltslage der Stadt ist ohnehin sehr angespannt, und so haben sich die Haushälter einen Kniff einfallen lassen: Die Million für de Groot wird aus der Rücklage der Stadt für die Bäderbetriebe entnommen. Die zurückgelegten 4,5 Millionen Euro würden in diesem Jahr nicht mehr für bauliche Investitionen ins Hallenbad gebraucht, heißt es aus dem Rathaus. Dieses Finanzierungskonzept hat alle Gremien passiert. Auch der Rat der Stadt hat es mit Mehrheit abgesegnet – in vertraulicher Sitzung wie stets bei Grundstücksangelegenheiten.
Das Geschäft ist unter Steinhuder Mandatsträgern, im Stadtrat und in der Stadtverwaltung heftig diskutiert worden. Einige Kommunalpolitikerinnen und -politiker sind von der Richtigkeit nicht überzeugt. Manche sind nur skeptisch, andere haben das Vorhaben abgelehnt. Offizielle Kritik gibt es nicht. Die bisherigen Abstimmungen zeigen ein uneinheitliches Bild.

Klarheit zu schaffen ist schwierig, weil sich alle Beteiligten auf die gesetzlichen Regeln zu Verschwiegenheit und Vertraulichkeit berufen. Die CDU-Fraktionsvorsitzende Christiane Schweer lehnt jede Stellungnahme zu dem Thema kategorisch ab. Ihr Gegenüber von der SPD, Fraktionschef Martin Ehlerding, lässt der Redaktion eine schriftliche Stellungnahme zukommen: „Grundsätzlich gilt: Alle finanziellen Entscheidungen der Stadt erfolgen im Rahmen des geltenden Haushaltsrechts. Es gibt keine ‚Haushaltstricks‘ oder Mauscheleien. Allgemein lässt sich sagen, dass Umschichtungen bzw. Entnahmen aus Rücklagen in der kommunalen Haushaltswirtschaft ein übliches und transparentes Verfahren sind. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir den konkreten Vorgang aus rechtlichen Gründen nicht im Detail kommentieren können. Der konkrete Grundstückserwerb wird von meiner Fraktion unterstützt.“
FDP-Mann Klaus Maurer tut es Schweer gleich und lehnt eine Bewertung ab. Von der AfD ist nichts zu hören. Marvin Nowak, der neue Fraktionschef der Grünen, ist vorsichtig: Zu den detaillierten Inhalten der nicht öffentlichen Vorlage könne er nichts sagen. Den Grünen sei Transparenz zwar sehr wichtig, gleichzeitig müssten die formalen Abläufe und der rechtliche Rahmen respektiert werden. Nowak wörtlich: „Als Opposition begleiten wir solche Vorgänge grundsätzlich kritisch. Im konkreten Fall sehen wir das gewählte Verfahren jedoch im Rahmen des geltenden Haushaltsrechts – von einem ‚Taschenspielertrick‘ kann nach unserer Einschätzung nicht die Rede sein.“ Für die Grünen sei entscheidend, dass finanzielle Auswirkungen berücksichtigt werden und städtisches Handeln nachvollziehbar bleibe.
So nimmt das Verfahren seinen Lauf. Die Stadt wird sich für das Grundstück bei den Bäderbetrieben aus der Rücklage bedienen. Auch die sogenannte Ausgleichszahlung an de Groot wird über eine Entnahme aus der Rücklage der Bäderbetriebe finanziert. Die restlichen Millionen bleiben bestehen. Im soeben vorgelegten Entwurf des städtischen Haushalts für 2026 ist eine weitere Zahlung in die Rücklage der Bäderbetriebe von 2,5 Millionen Euro vorgesehen.
Eine öffentliche Debatte über das Kita-Projekt hat es nicht gegeben, und auch die Vorgeschichte spielt offenbar keine Rolle mehr: In keinem städtischen Gremium wird der Frage nachgegangen, wieso die Prognose der Stadtverwaltung so ungenau war, dass der Vertrag mit Investor de Groot in dieser Weise geschlossen worden ist. Wurde falsch gerechnet – oder waren die Daten unklar? War es ein Planungsfehler oder Nachlässigkeit? Niemand fragt bislang nach den Ursachen und danach, wie derartige Vorgänge künftig vermieden werden können.
Der Bebauungsplan für das Viertel vorm Meer ist seit 2023 rechtskräftig und betrifft den größten Teil einer Gewerbebrache im Süden Steinhudes: das ehemalige Gewerbegrundstück Zum Pageskampe 38. Dort waren in früheren Jahren kunststoffverarbeitende Betriebe aktiv. Nach den Vorstellungen von Verwaltung und Rat soll ein Gebiet für Geschosswohnungsbau und verdichtetes Wohnen entstehen. Das hervorgehobene Element der Wohnbebauung sollten die künftigen Gebäude der sogenannten „Welle“ an der Westseite der Bebauung bilden. Der ursprüngliche Investor wollte etwa 160 Wohnungen bauen. Zusätzlich war ein Sondergebiet für die Errichtung einer Kindertagesstätte vorgesehen.
Ungewissheit auch beim Thema Viertel vorm Meer: Die Dornieden-Gruppe aus Mönchengladbach hat im September dieses Jahres eine 10.000 Quadratmeter große Teilfläche aus der Insolvenzmasse der Traumhaus Projekt beta GmbH aus Wiesbaden erworben. Zunächst hatte der Wedemarker Immobilienunternehmer Rainer de Groot das Areal gekauft und wollte es mit Partnerunternehmen nach den Vorgaben der Stadt entwickeln. Angesichts der Krise der Bauwirtschaft zögerte er lange und suchte schließlich nach Käufern. Welche Pläne die Dornieden-Gruppe verfolgt, ist bisher öffentlich nicht bekannt.
…über diesen Kommentar kann ich nur lächeln. Die SSK Wunstorf hätte auch verkauft, wenn sie das Kapital an anderer Stelle benötigt und dann auch noch einen super Deal gemacht hätte!!!! Es ist auch legitim , sofern keine Steuergelder verwendet werden! Das ist die Wahrheit Herr/Frau Anonym
Das sehen Sie völlig falsch, sehr geehrte Frau Obladen.
Die Stadtsparkasse hat ihre vielen Baugebiete in Wunstorf-Kernstadt und in den Ortsteilen immer vollständig und qualitativ hochwertig entwickelt. Sollten Sie sich vielleicht einmal anschauen.
Nach meiner Ansicht der einzige Entwicklungsträger mit einem derartigen Volumen in den letzten 25 Jahren.
Auepost hat die Begründung “ abnehmende Geburten “ sich belegen lassen? Einfach die Geburtenraten der letzten 10 Jahre vorlegen lassen oder ist das nicht opportun?
…die gleiche Argumentation gab es bereits, als die Schule in Steinhude geschlossen werden sollte und wurde . Ich glaube gar nichts! Es wird immer alles so hingedreht, das es passt. Einfach unfassbar, wie mit Steuergeldern umgegangen wird!
Was soll die KITA am äußersten Eckchen von Steinhude, wenn keine Wohnbebauung stattfindet???
Wie zielführend war doch immer die Baulanderschließung mit der Sparkasse.