Auf dem Marktplatz kann man gerade einer der sprechenden Laternen lauschen, wie die Dampfloks früher mitten durch die heutige Fußgängerzone fuhren. Doch die Steinhuder Meer-Bahn brachte nicht nur Fortschritt, sondern gelegentlich auch Unheil über die Strecke. Am 21. April 1921 trug sich folgendes Geschehen zu, wie die Leinezeitung am Folgetag berichtete:
Unsere Kleinbahn hatte gestern wieder einmal einen unglücklichen Tag. In der Nähe von Altenhagen entgleiste ein Güterzug, wobei mehrere Wagen umstürzten. Leider ist auch ein Menschenleben zu beklagen. Der Heizer Witte aus Bokeloh, der sich durch abspringen retten wollte, kam unter einen Güterwagen zu liegen; er konnte nur als Leiche aus den Trümmern gezogen werden. Der Heizer wurde schwer verletzt. Der Materialschaden ist sehr bedeutend.
Die Meldung verwirrt, denn es liest sich, als wäre der Heizer erst getötet und dann schwer verletzt worden. Womöglich hat sich der Meldungsschreiber damals vertan und meinte eigentlich den Lokführer – oder hat die Reihenfolge der Sätze vertauscht. Für einen zweiten Heizer wäre es jedenfalls eng gewesen im Lokomotivführerhaus.
Wir schreiben das Jahr 1921. Wunstorf ist eine kleine, landwirtschaftlich geprägte Ortschaft in der preußischen Provinz Hannover. Das Ende des Ersten Weltkriegs liegt noch nicht lange zurück, die Menschen erleben viele Umbrüche in der ersten deutschen Demokratie. Man ist auf dem Weg in die „Goldenen Zwanziger“. Es ist das Geburtsjahr der späteren Widerstandskämpferin Sophie Scholl – und Adolf Hitler wird Parteivorsitzender der noch jungen NSDAP.
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