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Ein Bundesverdienstkreuz für Heiner Wittrock

23.03.2023 • Redaktion • Aufrufe: 1318

Über drei Jahrzehnte ehrenamtliche Forschung, unzählige Veröffentlichungen, Vorträge und leidenschaftlicher Einsatz für den Blick in Wunstorfs Vergangenheit trotz auch manch ernster Widerstände: Für seine Arbeit hat Heimatforscher Heiner Wittrock nun das Bundesverdienstkreuz überreicht bekommen.

23.03.2023
Redaktion
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Heiner Wittrock bei der Aushändigung | Foto: Stadt Wunstorf

Wunstorf (red). Das Schicksal der Wunstorfer Juden zu Zeiten des Nationalsozialismus, die Geschichte des Fliegerhorstes und die Historie der Psychiatrie Wunstorf – wer in Wunstorf zu einem dieser drei Themen forscht, der stößt eher früher als später auf einen bestimmten Namen: Heiner Wittrock. Das liegt daran, dass Wittrock hier quasi die Standardwerke geschrieben hat. Der ehemalige Grundschulrektor, der in Kolenfeld lebt, hat sich über Jahrzehnte ehrenamtlich vor allem mit diesen Bereichen der Stadt beschäftigt und ist darüber zu einem der bekanntesten Heimatforscher Wunstorfs geworden.

Geschichte zu den Menschen bringen

Geschätzt wird er dabei für seine Akribie und seinen Anspruch, die Geschichte umfassend und fundiert darzustellen, sie aber ebenso der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Neben seiner Tätigkeit als Autor oder Mitautor von Sachbüchern lenkt Wittrock unter anderem auch in der Zeitschrift des Heimatvereins, dem Stadtspiegel, einen oft faszinierenden Blick auf die Wunstorfer Geschichte. Seine Vorträge begeistern immer wieder ein großes Publikum, wobei er mit seiner freundlich-offenen Art auf lehrsame, aber nicht belehrende Weise auch Menschen erreicht, die sich sonst nicht für Geschichte oder Heimatforschung interessieren. Seine eigene, spürbar leidenschaftliche Begeisterung für Geschichte kann ansteckend wirken.

Heiner Wittrock ist Autor mehrerer Bücher zur neueren Geschichte der Stadt Wunstorf und Mitautor der Bücher „Auftrag Luftbrücke“ und „Flüchtlinge und Vertriebene“. In seinem 1990 erschienenen, international anerkannten Buch „Das Schicksal der Juden in Wunstorf“ dokumentiert er das Leben der Mitglieder der Wunstorfer Synagogengemeinde vor und während des Nationalsozialismus. Die Veröffentlichung dieses Buchs musste zum Teil gegen Widerstände durchgesetzt werden, da ehemals direkt oder indirekt am Geschehen Beteiligte noch lebten. Anknüpfend an seine Beschäftigung mit dem Holocaust und den Wunstorfer Jüdinnen und Juden gründete er einen Arbeitskreis zum Gedenken an die Befreiung der Konzentrationslager. Als Sprecher dieses Arbeitskreises hat Wittrock 2020 in Wunstorf eine Veranstaltungsreihe zum Thema organisiert. Zusätzlich zu seinen eigenen Vorträgen erarbeitete er zusammen mit Schülern des Hölty-Gymnasiums die Ausstellung „Stufen eines Leidensweges“, die sich mit dem Schicksal der Geschwister Ernst und Ludwig Lazarus aus Wunstorf beschäftigte.

Das sah man auch an höherer Stelle so. Wittrock wird mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet für jahrzehntelange Aufarbeitung Wunstorfer Geschichte und sein Engagement in der Heimatforschung, welches auch zur Schaffung von Gedenkorten für die ermordeten Wunstorfer Juden beitrug.

Neben den Farben Wunstorfs: Das Bundesverdienstkreuz mit Verleihungsurkunde | Foto: Stadt Wunstorf

Anteil hat auch sein Buch über das Landeskrankenhaus, dessen Entwicklung von der Korrektionsanstalt zum modernen Fachkrankenhaus er nachzeichnete. Maßgeblich für die jetzige Ehrung ist ebenso seine ehrenamtliche Vereinstätigkeit für die Tradtionsgemeinschaft Lufttransport am Fliegerhorst, die weit über regionale Grenzen hinaus als Betreiberin der Ju-Halle bekannt ist – dem militärhistorischen Museum in Wunstorf. Auch dabei bringt Wittrock seine Expertise als Autor und Kenner der Geschichte ein. Einen versteckten Hinweis darauf gab Wittrock beim Aushändigungstermin selbst: er war mit Fliegerkrawatte erschienen.

Von 2008 bis 2012 war Wittrock zweiter Vorsitzender der Traditionsgemeinschaft Lufttransport Wunstorf e. V. (TGLW). Die TLGW betreibt eine für jedermann zugängliche Ausstellung militärhistorischer Objekte und fördert die Verbindungen zwischen ehemaligen und aktiven Angehörigen der Lufttransportverbände der Bundeswehr. Bis heute ist er für den Vorstand als beratender Historiker tätig. Zusammen mit der TGLW hat er etwa die Chronik des Fliegerhorstes Wunstorf in zwei Bänden herausgegeben.

„In meiner Heimatstadt!“

Auf die Frage, ob er sich sehr geehrt gefühlt habe, für den Orden vorgeschlagen worden zu sein, hatte Wittrock schon vor einiger Zeit im Gespräch mit der Auepost bescheiden abgewinkt, aber typisch verschmitzt gelächelt. Denn verliehen worden war das Bundesverdienstkreuz schon im zurückliegenden November, aber erst am gestrigen Mittwoch wurde es nun auch offiziell im dafür vorgesehenen feierlichen Rahmen überreicht. Nicht vom Bundespräsidenten persönlich, sondern wie üblicherweise von einem örtlichen Repräsentanten des Staates. In diesem Fall kam Regionspräsident Steffen Krach im Auftrag des Bundespräsidenten die Ehre zu, Wittrock das Bundesverdienstkreuz auszuhändigen.

Eine Bedingung hatte Wittrock allerdings gehabt, was am Mittwoch zu einer Besonderheit führte: Die Verleihung sollte nach seinem Wunsch nicht in Hannover stattfinden. Denn dort werden die Ehrungen normalerweise im Regionshaus vorgenommen. Er sei Wunstorfer, habe das Verdienstkreuz für seine Arbeit in Wunstorf erhalten – also sollte die Zeremonie auch hier stattfinden, so Wittrocks Ansicht. Das war ihm sehr wichtig.

Regionspräsident Steffen Krach (li.) und Bürgermeister Carsten Piellusch mit Bundesverdienstkreuzträger Wittrock | Foto: Region Hannover

Die Regionsverwaltung kam dem Wunsch nach, und so wurde der gestrige Termin extra in Wunstorf angesetzt. Die Abtei war ursprünglich im Gespräch, am Ende wurde es jetzt der noch offiziellere Ratssaal.

Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes krönt Wittrocks Werk und zollt ihm Anerkennung, darf aber auch als besondere Geste für seinen Mut verstanden werden: Trotz Anfeindungen aus dem rechtsextremistischen Spektrum hat Wittrock sein Engagement nie zurückgefahren, hat sich gegen Diskriminierung, Menschenverachtung und für regionale Bildung in Sachen neuerer Geschichte eingesetzt.

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Kommentare


  • Birgit N. sagt:

    Eine Ehrung für eine besondere Leisitung, es bedarf keiner großen Worte.
    Einen Teil der Geschichte aufzuarbeiten, dessen Inhalt Keiner je vergessen sollte, unterliegt Betrachtungsweisen Anderer, deshalb sind die Werke Herrn Heiner Wittrocks etwas Besonderes.

    Ich habe selbst Geschichte studiert, und zwei meiner Prüfungsthemen umfassten die Zeitspanne, in der auch Herr Wittrock seine Berichte ansässig hatte. Ich weiß auch, wie schwierig gerade eine „Aufarbeitung“ und Interpretation dieer ist, auch vor den Prüfern der Univerität.

    Deshalb meinen großen Dank für Ihre Scchriften, besonders auch für die Berichte über das Schicksal der Juden Wunstorfs und der Chronik des Fliegerhorstes Wunstorf.

    Danke, Herr Wittrock.

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