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Der nachdenkliche Präsident in der alten Bischofskirche

10.04.2024 • M. Süß/A. Süß • Aufrufe: 1037

Krach in Idensen muss nichts Schlimmes sein. So etwa, wenn der junge Präsident der Region Hannover in der alten romanischen Eigenkirche des Bischofs Sigward von Minden über seine Sorgen um die deutsche Demokratie spricht. Steffen Krach widmet sich in der Reihe „Die Kirche bleibt im Dorf“ auch der Windkraft und der Klinikreform. 

10.04.2024
M. Süß/A. Süß
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Steffen Krach (rechts) und Jörg Mecke in der Sigwardskirche | Foto: Achim Süß

Idensen (ms/as). Wenn der Freundeskreis der Kirche um Jörg Mecke in den äußersten Zipfel der Region bittet, wie der Vorsitzende es jetzt formulierte, dann folgen auch Prominente wie Gregor Gysi und Aiman Mazyek der Einladung zu Vortrag und Gespräch. Mit Steffen Krach ist nun der oberste Repräsentant der Region nach Idensen gekommen. Der 44-jährige Politologe leitet die 3.000-köpfige Verwaltung der Region seit Ende 2021. Wunstorf ist ein Begriff für den Hannoveraner: Sein Vater war 40 Jahre lang Lehrer am Hölty-Gymnasium.

Er hat Komplimente im Gepäck: In derart schönen Räumen halte er sich gewöhnlich bei seinen Terminen nicht auf, sagt Krach mit Blick auf die berühmten Fresken über sich. Floskeln sind aber offenbar nicht sein Ding. In seinem Impulsreferat spannt er einen weiten thematischen Bogen. Der Freundeskreis hat ihm zwar Stichworte vorgegeben. Aber Krach setzt auch eigene Schwerpunkte. Gleich zu Anfang beschreibt er seine ernsthafte Sorge, wie „unsere Demokratie in einem Jahr“ und danach aussehen werde. Vieles werde in Frage gestellt, und überall hat er Unzufriedenheit, Frust und Protest ausgemacht.

Die Skeptiker zurückgewinnen

Rechtsradikale Gruppen seien kaum zu beeinflussen, ist der SPD-Politiker überzeugt. Umso mehr komme es darauf an, die große Gruppe der Skeptiker für die Demokratie zurückzugewinnen. Krach glaubt, dass „20, 30, bis 40 Prozent“ der Unzufriedenen mit den richtigen Mitteln vom Wert der Demokratie überzeugt werden können. Dafür seien auch die Kommunen von entscheidender Bedeutung. Die Politik in den Gemeinden müsse den Menschen das Gefühl geben, es werde vernünftig zusammengearbeitet. Kooperation und Verlässlichkeit seien dabei ausschlaggebend.

„Mehr als ein schönes Signal“ sind die diversen Veranstaltungen für Demokratie und gegen rechte Tendenzen für Krach nicht gewesen: „Das reicht nicht. Da muss mehr kommen“, sagte der Regionspräsident. Die Mobilisierung der Demokraten müsse fortgesetzt werden – auf allen Ebenen. Vielleicht sei es ein Weg, „früher als in der siebten Klasse“ auch über Demokratie zu reden. Info:

Die Region Hannover ist ein bundesweit einmaliges Modell, Verwaltungsaufgaben zu regeln. Die Region ist 2001 gebildet worden, indem der Landkreis Hannover und der Verband Großraum Hannover fusioniert wurden. Die wesentlichen Leistungen der Daseinsvorsorge (Personennahverkehr, Abfallentsorgung, Sozialhilfe, Krankenhäuser, berufsbildende Schulen, Umweltpolitik, Naherholung, Regionalplanung, Wirtschaftsförderung) werden in der Gebietskörperschaft Region gebündelt. In den 21 Kommunen der Region leben etwa 1,2 Millionen Menschen. Der Regionsetat beträgt etwa 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. 

Windkraft und Krankenhausverkleinerungen nicht überall beliebt

Krach ging auf das vom Veranstalter angekündigte Thema der Transformation der Region zwar ausführlich ein, machte aber deutlich, dass er diese Vokabel nicht mehr gern verwende: „Ich komme ein bisschen weg von diesem Begriff.“ Viele Menschen hätten Angst vor Veränderung und Verschlechterung. Deshalb äußere er sich vorsichtiger und klarer, auch wenn der Prozess de facto massiv begonnen habe. Krach nannte die Energiewende und die Klinikreform. Beides sei unzweifelhaft dringend nötig, stoße aber oft auf Widerstand. 

Die Region sei mit Krankenhäusern „eigentlich ganz gut“ aufgestellt. Es sei aber nicht möglich, alle Standorte wie gehabt weiterzuführen. Das gelte zum Beispiel für das Klinikum in Lehrte. Auch dort seien die Menschen in Sorge, und es komme darauf an, ihnen zu erklären, dass die Verkleinerung des Hauses nicht automatisch eine Verschlechterung bedeute. Ähnliches gelte für die Wende in der Energiepolitik. Windkraftanlagen seien notwendig, „aber nicht überall beliebt“. Immer wieder zu erläutern und zu erklären – darauf kommt es für Krach an. 

Stoßen an auf ein gutes Veranstaltungsformat: Steffen Krach (links), der Präsident der Region, und Jörg Mecke vom Freundeskreis der Sigwardskirche | Foto: Malte Süß

270 Windkraftanlagen, die zurzeit betrieben werden, reichen dem Präsidenten der Region nicht. Die Zahl soll verdoppelt werden. Standorte zu finden sei in der Region ein schwieriges Unterfangen: Die Stadt Hannover falle zu 99 Prozent aus, und Wunstorf und Langenhagen seien wegen der Flugplätze eingeschränkt. Das Land strebe an, 0,6 Prozent der Fläche für Windkraftanlagen zu nutzen. Krach genügt das nicht: Die Region wolle 2,5 Prozent nutzen.  

Krachs Besuch zog trotz des fast sommerlichen Wetters viele Zuhörer an. Nach einem lebhaften Frage-und-Antwort-Spiel unter Meckes Regie gab es vor der Kirche viel Gelegenheit zum Gedankenaustausch – und für den Regionspräsidenten die Möglichkeit, sich mit seinen Eltern und alten Bekannten zu unterhalten. Der Freundeskreis hat als nächsten Referenten den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu Gast.

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