Wunstorf (ms). Diesmal ist es wieder das Stadttheater für den Poetry Slam. Schon im vergangenen Jahr war es das Stadttheater Wunstorf, in dem er sein „Best of“ präsentiert hat. Tilman Döring ist nicht nur von der Location angetan, sondern auch vom Wunstorfer Publikum. Eingeladen hat er Kollegen aus Hildesheim und sogar aus Wuppertal.
Minimalistisch das Bühnenbild. Lediglich zwei Mikrofone. In der Ecke hat sich Döring einen Sessel und Tisch stellen lassen, wo er Platz nimmt, wenn seine Kollegen ihre Werke dem Publikum präsentieren. Gekonnt und routiniert führt er durch den Abend. Moderiert kurz, aber mit Witz durch den Abend. „Jeder Text ist hier selbst geschrieben worden! Hier wird nicht geguttenbergt“, so der Hannoveraner.
Die Höhepunkte des Abends sind jedoch die Künstler. Sie sollen die Wunstorfer mit einem „poetischen Orgasmus“ beglücken.
Nach einem mehr als gelungenen musikalischen Aufschlag der Singer-Songwriterin Nora Lotz macht Anna Lisa Azur mit einem beeindruckenden Text den Anfang. In ihrem Text hat sie sich mit dem Rechtsruck in Deutschland beschäftigt: Azur schildert die Geschichte des polnischen Kinderarztes Janusz Korczak. Der begleitete zur Kriegszeit Kinder seines Waisenhauses bei der Deportation in das Vernichtungslager Treblinca. Die rund 200 Besucher des Stadttheaters sind hörbar beeindruckt.
Die Hildesheimerin Reb setzt sich mit dem Thema ADHS und Depression auseinander. Es sei ein „Herzenstext“, und das merkt man. Sie schließt mit den Worten „Nein, du nicht du bist das Problem“ und bekommt dafür auch angemessenen Applaus.
Björn Katzur, so Moderator Döring „sei auf einer Möwe hergeflogen“, es ist Interpretationssache. Mancher denkt, dass es um Piraten geht. Zumindest liest Katzur darüber. Und Jack Sparrow wird auch erwähnt. Der Text kommt beim Publikum an. Der Kieler bekommt viel Applaus.
Christian ist der nächste Slammer, der nach Wunstorf gekommen ist, um seinen Text vorzutragen. „Ich weiß so viel über Fußball, aber immer noch nicht, wie ich dir sagen soll, dass ich dich mag!“ Sehr schüchtern sind seine letzten Worte: „Ich will, dass du neben Hamburg meine zweite Perle wirst!“
Als Letztes vor der Pause beschäftigt sich Pierre Hoffmann mit dem Thema Abschiede und dass man nicht so werden möchte wie die eigene Mutter. „So werde ich nie!“
Anna Lisa Azur nutzt die Verschnaufpause für ein Kompliment: „Wunstorf ist so schön“, erzählt sie der Auepost.
Die zweite Hälfte wird von Nora Lotz eingeleitet, die mit ihrer Gitarre ein wenig an Joan Baez und die kanadische Sängerin Joni Mitchell erinnert. Der Hannoveraner Döring spielt mit, und im Duett wird das Lied „Wir sind alle nur Menschen“ gesungen. Die Wunstorfer sind hörbar angetan von der Musik.
In der Finalrunde beschreibt Reb in ihrem Text ihre Wut. Wut auf die Politik. „Ich bin bereit, ein Feuer zu zünden!“ Der schüchtern scheinende Christian hat seinen Charme. Er geht in das Finale mit dem Text über seine Liebe mit „Ach Hildegard“: Ein Mann steht am Grab seiner verstorbenen Frau. Der Slammer trägt vor, wie das Leben war. Es kam der Krieg. „Ach Hildegard.“
Die letzte Slammerin, die ins Rennen um den begehrten ersten Platz – einen Laib Brot – geht, ist dann wieder Azur. Die Wuppertalerin trägt den Text „ Alle sexy People der Region“ vor.
Ganz eindeutig wird Anna Lisa Azur zur Siegerin gekürt. Ihr Preis ist ein Laib Brot. Man muss zugeben: Poetry Slam hat sich in Wunstorf endgültig etabliert. Kurz vor Schluss ruft Döring Nicole Watermann-Ulrich auf die Bühne – sie hatte über Social Media und mit Plakaten für die Veranstaltung getrommelt und geholfen, das Stadttheater zu füllen.
Alle Slammerinnen und Slammer waren begeistert von Publikum und Location. Sie wollen gern wieder nach Wunstorf kommen. Poetry Slam Nr. 6 in der Stadt scheint gesetzt …
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