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Klima in Schräglage – Kunstverein auch?

09.05.2024 • Achim Süß • 2 Min.Kommentare: 1

Das dreiteilige Gemälde hängt schief. Mit Absicht und Hintersinn. Die Künstlerin hat es so gewollt. Und die Rechnung ist aufgegangen: Die meisten Besucherinnen und Besucher verharren gleich nach dem Eintreten in den Saal der Abtei vor dem Werk von Ruth E. E. Cordes aus dem Bremer Schnoor. Es ist Blickfang und Mittelpunkt der Ausstellung, die der Kunstverein gerade gezeigt hat. Nicht gerade hängt das Landschaftsbild, weil das Klima in Schräglage ist. Auf seltsame Weise versinnbildlicht der Deko-Trick auch die Situation des Kunstvereins im 40. Jahr seiner Existenz: Personalprobleme überschatten den Geburtstag.

09.05.2024
Achim Süß
2 Min.
Ingolf Heinemann, Irene Herbort und Karin Ellert (v. l.) (Archiv) | Foto: privat

Wunstorf (as). Der TV-Wetterexperte Sven Plöger hat die Künstlerin mit seinen Äußerungen und Mahnungen zum Klimawandel angeregt, das Triptychon zu gestalten. Es zeigt eine Blumenwiese vor einer Baumgruppe, darüber gelbbraune bis rötlich-violette Wolken. Es kann ein Sonnenuntergang sein oder ein Feuersturm. Cordes, die in einem Studio im neuen Kulturviertel Bremens, dem Tabakquartier, arbeitet, hat das Bild „Nativ“ genannt. Sie lässt bewusst offen, was die obere Bildhälfte zeigt: „Jeder guckt anders drauf.“ Das sei gut, denn unterschiedliche Interpretationen könnten zum Reden miteinander führen – „oder auch zum Streiten“. Sie behält ihre Intention für sich und will zum Nachdenken, zum Umdenken, anregen.

Als Künstlerin im Lockdown während der Pandemie initiierte sie eine Gemeinschaftsausstellung mit 22 Kollegen, um Kulturschaffenden in der Krise mehr Resonanz zu verschaffen und ihrer gefühlten Hilflosigkeit etwas entgegenzusetzen. Als „Vollbremsung ohne Airbag“ hat Ingolf Heinemann zwei Jahre später zum Kunstprojekt „2020 state of mind I“ diese Zeit bezeichnet. Ruth E. E. Cordes‘ Arbeiten seien geprägt von der Suche nach Harmonie und Balance, nach innerem Halt, schrieb Heinemann. Ihr Pinsel und ihr Zeichenstift folgten der Sehnsucht nach Heilung einer kranken Welt, indem sie einen Gegenentwurf aus Licht und Leichtigkeit, Ordnung und Frieden schaffen. Der Katalog „state of mind I“ war der Beginn der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Ist-Zustand.

Gala-Vorstellung ist abgesagt

Mit der Ausstellung „state of mind I + II“ in Wunstorf boten Cordes und der Kunstverein die aktualisierte Fortsetzung. Das Echo darauf war groß, auch bei der Finissage mit dem Motto „Auf einen Kaffee mit …“, zu der Cordes in die Abtei gekommen war. Der Kunstverein bietet in diesem Jahr noch zwei weitere Ausstellungen an: Sabrina Schmidt zeigt im Juli Zeichnungen, Plakate und Mode zur japanischen Kultur, Ulrike Donié im September und Oktober Malerei und Objekte zum Thema „Widerschein“. Beide Veranstaltungen sind schon vor Monaten vorbereitet und vereinbart worden. Eine Gala-Veranstaltung im Stadttheater, die anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Vereins geplant war, ist abgesagt worden.

Mit Geschäftsführer Ingolf Heinemann ist der Motor des Vereins ausgefallen. Der 76-jährige Bordenauer ist erkrankt. So wird der Verein nun von der Vorsitzenden Karin Ellert und Kassenwartin Irene Herbort mit Unterstützung der Beisitzerinnen und des Beirats geführt. Das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden ist schon seit langem vakant. Da auch die Vorsitzende aus Altersgründen ihr Amt aufgeben möchte, ist die Zukunft des Vereins mit vielen Fragezeichen versehen. Dennoch soll gefeiert werden: „In kleinem Rahmen“, sagt Ellert. Im September treffen sich Mitglieder, Freunde, Förderer und geladene Gäste in der Stadtkirche.

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Kommentare


  • Susanne sagt:

    Ist das wirklich Klimabewusstsein oder einfach ein Trend, an dem sich viele orientieren, um mit der Zeit zu gehen? Das schräg hängende Gemälde als Symbol für ein „Klima in Schräglage“ scheint mehr als ein Kunstgriff zu sein – aber wie tief geht diese Verbindung? Der Ansatz, Kunst und Klimadiskurs zu verknüpfen, wirkt ambitioniert, doch könnte er auch eine Modeerscheinung sein, die sich gut vermarkten lässt. Werden hier tatsächlich Lösungen oder neue Perspektiven geboten, oder bleibt es bei einer ästhetischen Auseinandersetzung? Kunst kann vieles anregen, aber wird hier das Klima nur als Aufhänger genutzt, um Aufmerksamkeit zu erzeugen? Eine Reflexion darüber, ob die Inszenierung wirklich dem Thema dient oder eher den Künstlern und Vereinen.

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