Wunstorf (as). Wer von der Gustav-Kohne-Straße nahe des Hölty-Gymnasiums in die kleine Sackgasse einbiegt, fühlt sich fast in eine vergangene Zeit zurückversetzt. „Im Rehmoore“ ist eine schmale, leicht gewundene Straße, fast nur ein Weg. An den Rändern stehen Büsche und Sträucher, Heckenrosen säumen die gepflegten Grundstücke. Die Gebäude stehen in relativ großen Abständen zueinander, und viel Grün prägt den Charakter des Quartiers.
Die Bauten dienen fast ausschließlich dem Wohnen und stammen aus der Zeit zwischen 1905 und 1949. Ursprünglich wohnten dort „Aufseher“ der nahen Korrektions- und Landesarmenanstalt, aus der das Landeskrankenhaus (LKH) hervorgegangen ist. So erklärt sich auch die inoffizielle Bezeichnung „Pflegerdorf“. Das LKH ist seit Jahren Teil des Klinikums der Region Hannover. Die Häuser in der „Im Rehmoore“ sind in Privatbesitz.
Vor allem für zwei Häuser am Beginn der Straße prägend sind die Baumaterialien: Fachwerk, Holzverblendungen und Mauerwerk wurden beim Bau verwendet, und die Fassaden sind kleinteilig gegliedert. Auffällig am Haus Nummer 11 ist der turmartige Gebäudeteil zur Gustav-Kohne-Straße hin. Die beiden auffälligen „repräsentativen Villenbauten“ am Beginn der Straße sind der älteste Teil des Quartiers und stehen schon längst unter Denkmalschutz.
Der Bauausschuss des Wunstorfer Rates ist nun in seiner jüngsten Sitzung dem Vorschlag der Bauverwaltung gefolgt, das ehemalige Pflegerdorf mit einer Erhaltungssatzung zu schützen. „Einmalig“ in Wunstorf, nennt Alexander Wollny, der Chef des Baureferats in der Stadtverwaltung, das gesamte Ensemble. Sein „besonderer Charme“ soll mit der Satzung geschützt werden. Mit ihrer Beschlussvorlage folge die Bauverwaltung auch dem ausdrücklichen Wunsch des Ortsrates Wunstorf, der die „Besonderheit“ des Viertels bewahrt wissen will.
Der Bauausschuss stimmte der Erhaltungssatzung einmütig zu. Wollny betont, es sei seit Jahren Konsens, den historischen Charakter der Siedlung und die besondere städtebauliche Eigenart zu erhalten. So hat auch der Verwaltungsausschuss des Rates am Montag in seiner jüngsten Sitzung in großer Übereinstimmung grünes Licht gegeben. Dass der Schutz des Pflegerdorfes erforderlich erscheint, geht sehr klar aus der Drucksache hervor: Aktuell gebe es immer häufiger Bauanfragen privater Investoren.
Diese Bauvorhaben „haben das Potenzial, den seit über 100 Jahren erhaltenen Charakter des Gebietes grundlegend nachteilig zu verändern, etwa durch eine Verdichtung der aufgelockerten Siedlungsstruktur oder Bauweisen und Gestaltungen, welche dem historischen Charakter der Siedlung widersprechen und damit ihr Erscheinungsbild beeinträchtigen”, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die freie Sicht auf die besonderen Gebäude beeinträchtigt werde.
Die Vorlage erläutert auch die Entwicklung des Pflegerdorfes nach der Anfangsphase zu Beginn des Jahrhunderts: Erst in den 1940er-Jahren seien die damals typischen, schlichten Siedlungshäuser mit Satteldach gebaut worden. Die meisten Häuser seien mit seitlichen oder rückwärtigen Anbauten versehen, „die ursprünglich vermutlich der Unterbringung von Gartengeräten oder Tieren dienten“. Wegen der gleichmäßigen Straßenrandbebauung sei „ein einheitlicher und geschlossener Eindruck“ entstanden.
Die „Entstehungsabfolge“ sei auch heute noch deutlich zu erkennen. Das einheitliche Erscheinungsbild der Siedlung werde noch „verstärkt von den zum Teil parkartig angelegten, ineinander übergehenden Gärten und den alten Baumbestand“. Die Bäume stehen zwar überwiegend auf dem östlich anschließenden Gelände der Kinder- und Jugendpsychiatrie, teilt die Verwaltung mit. Aber in seiner Wirkung strahle der Bestand auf die Siedlung aus.
Mit der Erhaltungssatzung schützt die Stadt nun die städtebauliche Eigenart des Gebietes. Der Schutz bezieht sich auf „die Bewahrung des städtebaulichen Erscheinungsbildes“. Mit dem Beschluss der Erhaltungssatzung werden Rückbau, Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen genehmigungsbedürftig.
Sobald die Erhaltungssatzung öffentlich bekannt gemacht worden ist, können Bauvorhaben für maximal ein Jahr von der Stadt zurückgestellt werden. Nächster Schritt im Verfahren ist die Bestandsaufnahme. Diese „Ortsbildanalyse“ bildet die Grundlage der Erhaltungssatzung und dient dazu, charakteristische Eigenarten des Pflegerdorfes zu dokumentieren.
Danke für diesen schönen Artikel. Die Erhaltungssatzung ist eine gute Sache. Hoffentlich kann sie die gewünschte Wirkung entfalten.