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Vor 100 Jahren: Bahnbeamte aus Luthe wegen Zugdiebstahl verurteilt

22.02.2022 • Aufrufe: 912

Eisenbahnraub an der Wunstorfer Strecke. Immer wieder verschwand Wertvolles aus den Zügen. Schließlich ertappt und vor Gericht gestellt: die Eisenbahner selbst. Vor 100 Jahren in Wunstorf …

Pressespiegel 100 Jahre

Staatsdiener waren finanziell nicht immer so gut gestellt, wie sie es heute sind. Sie hatten eine sichere Stellung, aber kein überragendes Einkommen. Einst galten sie deswegen nicht einmal als kreditwürdig, so dass sich aus Selbsthilfe eigene genossenschaftliche Banken gründeten. Zum Beispiel die BB-Bank und die Spardabanken sind Zeugen dieser Historie.

So erklärt sich aus heutiger Sicht vielleicht auch der Fall, über den die Leine-Zeitung am 22. Februar 1922 berichtete. Denn an der Bahnstrecke der Mindener Bahn zwischen Wunstorf und Seelze war es vor 100 Jahren zu einer regelrechten Diebstahlsserie gekommen. In Güterwaggons verschwanden immer wieder Waren und Wertvolles. In Verdacht gerieten schnell die Bahnbediensteten selbst – eine ganze Gruppe von Reichsbahnern aus Luthe kam daraufhin in Untersuchungshaft.

Wir schreiben das Jahr 1922. Wunstorf ist eine kleine, landwirtschaftlich geprägte Ortschaft in der preußischen Provinz Hannover. Das Ende des Ersten Weltkriegs liegt noch nicht lange zurück, die Menschen erleben viele Umbrüche in der ersten deutschen Demokratie. Man ist auf dem Weg in die „Goldenen Zwanziger“. Das Deutschlandlied wird erstmals zur Nationalhymne erklärt. In Berlin wird der Stummfilm Nosferatu uraufgeführt. In Ägypten wird das Grab von Pharao Tutanchamun entdeckt. Die Sowjetunion wird gegründet.

14 Eisenbahner wurden im folgenden Gerichtsverfahren zu Haftstrafen zwischen einem Monat und zwei Jahren verurteilt. Einer der Angeklagten kam mit 300 Reichsmark Geldstrafe davon. Für damalige Zeiten waren es eher milde Urteile. Das Gericht drückte mit den Strafen dennoch seine Empörung aus, dass es unter deutschen Beamten zu einem solchen Sittenverfall hatte kommen können.

In der Original-Zeitungsmeldung von damals hieß es:


In der Strafsache gegen die Eisenbahndiebe ist nunmehr das Urteil gefällt. (…) Den Angeklagten, welche sich in Haft befinden, wird, soweit sie ein Geständnis abgelegt haben, die Untersuchungshaft ganz oder teilweise angerechnet. Strafmildernd wurde, laut dem hannoverschen Kurier, in der Begründung angegeben, dass es sich in fast allen Fällen um unbestrafte Leute handelt, welche während des Krieges ihre Pflicht dem Vaterlande gegenüber erfüllt haben und welche eine langjährige einwandfreie Dienstzeit als Eisenbahner hinter sich haben. Erschwerend sei, dass es sich um anvertrautes Gut handele. Auch komme Verwahrungsbruch in Frage. Es müsse wieder Zucht, Ordnung, Ehrlichkeit und Pflichttreue in unseren Beamtenkörper einziehen, erst dann könne das deutsche Volk wieder gesunden.



veröffentlicht am: 22.02.2022 • Aufrufe: 912
Daniel Schneider
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