Nein, das ist kein Schreibfehler in der Überschrift. Vor 100 Jahren wurde Großenheidorn noch anders geschrieben. Auch Klein Heidorn wurde noch nicht getrennt geschrieben wie heute. Nicht nur die Ortsnamen haben sich weiterentwickelt, auch der allgemeine Sprachgebrauch. Was ein Drahtesel ist, das dürfte noch bekannt sein. Aber wer hätte gewusst, wie man Fahrräder vor 100 Jahren umschrieben hat? Was sich aber nicht geändert hat: Die Kriminalität. Die Leine-Zeitung berichtete am 16. Mai 1923 über zwei Vorfälle am Vortag:
Klein-Heidorn. Vor einigen Nächten wurde ein Kalb, das etwa 100 Pfund wog aus dem Stalle gestohlen und gleich an Ort und Stelle abgeschlachtet. Der Dieb konnte glücklicherweise auf dem Bahnhof in Wunstorf, wo er die Aufmerksamkeit eines Eisenbahnbeamten auf sich zog, verhaftet werden. Als Liebhaber des bei dem Bestohlenen in Stellung befindlichen Dienstmädchens hatte der Langfinger, der schon vorbestraft ist, wohl Ort und Gelegenheit genügend ausgekundschaftet. – Auch die Fahrraddiebe treiben in unserer Gegend ihr Unwesen. Am letzten Sonntag fuhren drei hiesige junge Leute nach Groß-Heidorn und kehrten in einer Wirtschaft ein. Als sie nach kurzer Zeit weiterfahren wollten, waren sämtliche Stahlrosse auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Wir schreiben das Jahr 1923. Wunstorf ist eine kleine, landwirtschaftlich geprägte Ortschaft in der preußischen Provinz Hannover.
Das Ende des Ersten Weltkriegs liegt noch nicht lange zurück, die Menschen erleben viele Umbrüche in der ersten deutschen Demokratie. Die „Goldenen Zwanziger“ sind noch nicht angebrochen, es herrscht Hyperinflation: Zum Jahresende wird ein Brot über 200 Milliarden Reichsmark kosten. Der Humorist Loriot wird geboren. Der Diesel-Lastwagen wird erfunden. Der erste deutsche Rundfunksender startet mit einem Radioprogramm.
Schreibe einen Kommentar